Oma und Kind umgefahren: Hier sitzt eine ganze Familie auf der Anklagebank
Es wird schnell emotional im Saal 107 des Amtsgerichts Bergedorf. Gleich zu Beginn erklärt der Angeklagte Oktay K. (58) unter Tränen: „Ich bin schuldig. Was passiert ist, habe ich nicht gewollt, es macht mich sehr traurig.“ Sein Sohn, ebenfalls Beschuldigter, tätschelt ihm tröstend den Rücken. Daneben sitzt die Ehefrau und Mutter, auch sie ist angeklagt. Die Familie muss sich verantworten für einen folgenschweren Verkehrsunfall.
Es wird schnell emotional in Saal 107 des Amtsgerichts Bergedorf. Gleich zu Beginn erklärt der Angeklagte Oktay K. (58) unter Tränen: „Ich bin schuldig. Was passiert ist, habe ich nicht gewollt, es macht mich sehr traurig.“ Sein Sohn, ebenfalls Beschuldigter, tätschelt ihm tröstend den Rücken. Daneben sitzt die Ehefrau und Mutter, auch sie ist angeklagt. Die Familie muss sich verantworten für einen folgenschweren Verkehrsunfall.
Am Morgen des 11. Oktober 2021 ist Oktay K. auf dem Rückweg vom Einkaufen. Er fährt den Mercedes seiner Frau. Vom Bockhorster Weg kommend, biegt er nach links in den verkehrsberuhigten Bereich Auf dem Langstücken ein. Dabei übersieht er eine ältere Dame und ihr zweieinhalbjähriges Enkelkind, sie werden vom Fahrzeug erfasst.
Bergedorf: Prozess um Verkehrsunfall – Familie angeklagt
Die beiden seien „durch die Luft geflogen“, trägt die Staatsanwältin vor. Die Frau brach sich den Fuß, dazu kamen Prellungen und Schürfwunden. Sie musste mehrfach operiert werden, hat ein Dutzend Schrauben im Fuß. Das Kleinkind wurde ebenfalls verletzt, erlitt Abschürfungen im Gesicht und am Oberkörper. „Sie können von Glück reden, dass nicht mehr passiert ist“, kommentiert der Richter später.
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Oktay K. habe das Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit und ohne gültige Fahrerlaubnis geführt – und dadurch eine fahrlässige Körperverletzung begangen, so lautet die Anklage. Danach habe er sich unerlaubt vom Unfallort entfernt. Dem Sohn wird vorgeworfen, sich als Fahrer des Unfallwagens ausgegeben zu haben. Der Mutter als Fahrzeughalterin wiederum, dass sie das unerlaubte Fahren ihres Ehemannes geduldet habe.
„Mein Sohn wollte mich nur retten“, sagt Oktay K.. Noch am Unfallort ruft er ihn an, sein Sohn eilte zu Hilfe. Dass sein Vater keine gültige Fahrerlaubnis besaß und deswegen schon vorbestraft war, sei ihm bewusst gewesen, sagt der Sohn aus. Um ihn nicht in Schwierigkeiten zu bringen, habe er „alles auf sich genommen“. Während Sanitäter die Verletzten versorgen, macht sich K. davon: „Ich stand unter Schock.“
Richter: „Sie hätten sich ein Beispiel an Ihrer Frau nehmen sollen“
„Er bat mich – noch vor Eintreffen der Rettungskräfte – auszusagen, dass sein Sohn gefahren sei“, sagt das Unfallopfer vor Gericht aus. Auch nach dem Unfall bleiben die beiden bei ihrer Geschichte: Der Sohn geht mit Blumen zum Haus der Verletzten, entschuldigt sich und wiederholt die Lüge von seiner Beteiligung. Der Vater bittet bis zum Prozess nicht um Entschuldigung. Nur seine Frau, eine Freundin der Geschädigten, geht hin und räumt alles ein.
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„Sie hätten sich ein Beispiel an Ihrer Frau nehmen sollen“, sagt der Richter, und verurteilt Oktay K. zu acht Monaten auf Bewährung. Die Staatsanwältin hatte lediglich eine Geldstrafe gefordert. Der Sohn wird wegen des Vortäuschens einer Straftat zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt, die Mutter freigesprochen. Sie war zur Tatzeit im Ausland, den Autoschlüssel hatte sie vor ihrem Mann versteckt – vergeblich.