OLIVIA JONES und ihre Beinscheiben

Stolz präsentiert Olivia Jones in ihrem „Fummelfundus“ ihre Beinscheiben. Foto: Marius Röer

Nichts für schwache Nerven: Olivia Jones stellt ihre Beinscheiben aus

Olivia Jones muss sich ducken, als sie den düsteren Raum betritt. Ihre gelbe Perücke – größer als ein Fußball – streift die Decke. „Die Puffmutter ist da“, trällert sie. Ihre Lippen glitzern rosa, die Augenlider golden. Sie trägt ein rotes Kleid mit silbernen Strasssteinen. Deutschlands bekannteste Dragqueen stellt an diesem Tag ihren „Fummelfundus” vor, der nach drei Jahren umgestaltet worden ist – und nun neue, skurrile Exponate zeigt. Eines davon ist nichts für schwache Nerven.

Hinter einem roten Samtvorhang versteckt sich ein Schrein. Mittendrin ein Gurkenglas mit goldenem Deckel. In einer durchsichtigen Flüssigkeit schwimmen Teile von Olivias Beinknochen. „Jeder Künstler kann sich nackt machen, doch seine Knochen zeigen kann keiner”, sagt sie. 2017 hatte sie sich ihre Oberschenkel verkürzen lassen: Ihre unterschiedlich langen Beine hatten ihr ständige Schmerzen beschert.

Olivias kunterbunter Sarg

Bislang hatte sie ihre Knochen bei sich zu Hause aufbewahrt, gleich neben dem Deutschen Fernsehpreis. Immer wieder fragten Gäste nach ihnen. Ihre „Olivia Jones Bar“ an der Großen Freiheit schien ihr jedoch kein sicherer Ort für ihre Gebeine zu sein. Die Lösung: Sie zogen in den „Fummelfundus“ über der Bar. Der Anblick der Knochen löst bei Gästen seitdem Begeisterung und Faszination aus, berichtet sie. Bei manchen allerdings auch Übelkeit. Ein Samtvorhang soll empfindsame Gäste vor einem unfreiwilligen Anblick schützen.

Nicht weniger skurril ist der zum Perücken-Regal umfunktionierte Sarg. Olivia hat ihn selbst bemalt, dabei zog ihr Leben an ihr vorbei. Er lehnt neben ihrem Schminktisch auf einem rosa Flauschteppich. Der Sarg im „Fummelfundus“ ist für sie ein Zeichen: Der Tod gehört zum Leben dazu. Er soll sie daran erinnern, den Moment zu genießen, ihr zeigen, wie wichtig das Leben ist und wie schnell alles vorbei sein kann. Die Teilnahme in der RTL-Dokuserie „Sterben für Anfänger“ (neue Staffel ab 9. April bei Vox) hat Olivias Blick auf den Tod verändert. Gelernt hat sie auch viel.

Olivia Jones hat ihren Sarg selbst bemalt – eine Hälfte nutzt sie als Regal für ihre Perücken. Marius Röer
Olivia und ihr selbst bemalter Schrank.
Olivia Jones hat ihren Sarg selbst bemalt – eine Hälfte nutzt sie als Regal für ihre Perücken.

Bisher bereut sie nichts im Leben: „Ich habe alle meine Träume erfüllt und alle Dinge zumindest versucht”, sagt sie. Party, Spaß, Feiern: Olivia beschreibt St. Pauli als einen Stadtteil, auf dem der Tod verdrängt wird. „Unsere Gäste kommen, sehen den Sarg und feiern dann in der ,Olivia Jones Bar‘”. In der Großen Freiheit 35 will Olivia Leben und Tod zusammenbringen. Der „Fummelfundus” soll nach ihrem Ableben bleiben – er ist Museum und Mausoleum. Die Dragqueen verspricht: „Meine Beerdigung ist mein letzter großer Auftritt, da könnt ihr euch auf was gefasst machen.“

Partykrücken, Dschungel-Camp-Rucksack und ganz viel Glitzer

Der Fundus im zweiten Stock beherbergt mehr als 30 Exponate. „Der Raum sieht komplett aus wie mein Zuhause: überall Kostüme und Perücken, weil das einfach mein Leben ist“, sagt Olivia. Vitrinen verdecken die roten Wände, sie bewahren die Schätze ihrer Karriere: Die glitzernden Partykrücken, die sie bei der Wahl des Bundespräsidenten 2017 dabei hatte, den gemusterten Rucksack aus dem Dschungelcamp sowie Perücken in allen Farben und Formen.

Die Ausstellungsstücke sollen in unregelmäßigen Abständen wechseln. Ihre anderen Schätze bewahrt Olivia in einem Lagerraum auf, bald auch noch in einem Kostümkeller – wegschmeißen will sie nichts. Ihre Kostüme sind Identität und Erinnerung. Es sind ihre Babys. Wenn sie nicht mehr lebt, sollen ihre Kostüme weiterleben. „Alle Dragqueens in Deutschland werden sicherlich ein Teil von mir bekommen,“ sagt sie.

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In der hinteren Ecke des Fundus‘ posiert Olivias Double aus dem 3-D-Drucker: Gleiches Kleid, gleiche Perücke, nur wenige Zentimeter kleiner. Die falsche Olivia soll die echte hier in Zukunft vertreten – wenn die mal unterwegs ist. Denn Knochen, Sarg und Double sind nun für die Öffentlichkeit zugänglich: Der „Fummelfundus“ wird neuer Höhepunkt von Olivias Kieztour.

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