Ohne Geld, ohne Essen: Russische Lkw-Fahrer in Hamburg gestrandet
Keine Fracht, kein Essen, kein Bargeld: Die EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine treffen auch russische und belarussische Fernfahrer. Sie sind fern der Heimat mit ihren Lkw gestrandet – auch in Hamburg. Die MOPO hat einige von ihnen in Moorfleet besucht.
Freitagnachmittag auf der Raststätte an der Amandus-Stubbe-Straße: Albert Pogoda und Nancy Wulff laden frisches Brot, Konserven und andere Lebensmittel aus ihrem Auto. Sie werden von einer Gruppe ruhiger Männer freundlich begrüßt. Denn die Fernfahrer, die hier zwischen ihren geparkten Lkw warten, sind auf solche Lebensmittel-Spenden angewiesen.
Ukraine-Krieg: EU-Sanktionen treffen auch Fernfahrer
- Deutsch (Deutschland)
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Keine Fracht, kein Essen, kein Bargeld: Die EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine treffen auch russische und belarussische Fernfahrer. Sie sind fern der Heimat mit ihren Lkw gestrandet – auch in Hamburg. Die MOPO hat einige von ihnen in Moorfleet besucht.
Freitagnachmittag auf der Raststätte an der Amandus-Stubbe-Straße: Albert Pogoda und Nancy Wulff laden frisches Brot, Konserven und andere Lebensmittel aus ihrem Auto. Sie werden von einer Gruppe ruhiger Männer freundlich begrüßt. Denn die Fernfahrer, die hier zwischen ihren geparkten Lkw warten, sind auf solche Lebensmittel-Spenden angewiesen.
Ukraine-Krieg: EU-Sanktionen treffen auch Fernfahrer
Deutschlandweit geht es für Lkw-Fahrer, die für belarussische oder russische Speditionsunternehmen unterwegs sind, nicht weiter. Wegen der EU-Sanktionen gegen den Ukraine-Krieg fallen Aufträge weg, Transporte werden gestoppt, Kommunikation und Abläufe sind gestört. Doch auch die Fahrer, die meist selbst russischer oder belarussischer Herkunft sind, leiden darunter. Teils sind sogar ihre Tank- und Kreditkarten gesperrt – einige haben so nicht einmal Zugang zu Geld, um sich Essen zu kaufen.
So geht es auch Piotr S. Er ist einer der etwa 15 Fahrer, die am Freitagnachmittag in Moorfleet ausharren. Er hatte russische Waren nach Deutschland gebracht, kommt jetzt aber nicht zurück, erklärt er Albert Pogoda, der für die MOPO übersetzt. Schon seit Montag sitzt der 44-Jährige jetzt fest – und kann sich nicht selbst versorgen.
Russische Community in Hamburg hilft den Gestrandeten
„Selbstverständlich unterstütze ich Menschen in so einer Lage“, sagt Pogoda, der selbst russischstämmig ist. Mit der russischen Community in Hamburg engagiert er sich für die Betroffenen. „Weil ich selbst Russe bin, trifft mich die Situation auch persönlich“, sagt er.
Nun hat er auch über die Kita „Hammer Trolle“, dessen administrativer Leiter er ist, eine Spendenaktion für die Gestrandeten organisiert – zusätzlich zu einer für ukrainische Kinder in Not. „Wir haben ukrainische, russische und auch viele andere Kulturen in unserer Kita“, sagt Pogodas Leitungskollegin Nancy Wulff, die selbst nicht russischstämmig ist und die Aktionen mitorganisiert. „Wir als Kita sind neutral. Das hier ist humanitäre Hilfe.“
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Piotr S. und die anderen nehmen die Unterstützung gern an. „Ich bin von Herzen dankbar für jeden Menschen, der uns hilft“, sagt er. Die Situation belastet ihn. Denn zusätzlich zur Ungewissheit und der Versorgungsnot fürchten die Fahrer auch Anfeindungen. In Deutschland wurden mehreren Berichten zufolge schon Scheinwerfer eingeworfen und Reifen von Lkw mit russischen Kennzeichen eingestochen.
Russische Lkw-Fahrer werden in Deutschland teils angefeindet
Hier in Moorfleet sei das zwar noch nicht passiert, sagt Piotr S. Doch aus Sorge davor lassen die Fahrer ihre Laster nicht unbeaufsichtigt zurück. „Wir kommen regelmäßig her, und schauen auch nachts mal vorbei“, erklärt Pogoda. „Damit die Jungs beruhigt einschlafen können.“ Auch abgelegene Parkplätze fährt die russische Community ab. Auch Piotr S. hat so von dem kleinen Treffpunkt der gestrandeten Fahrer in Moorfleet erfahren.
Deutschlandweit könnten einige hundert Fernfahrer betroffen sein, schätzt Joachim Fehrenkötter, Vorsitzender des Hilfsvereins „Doc Stop“, der sich für medizinische Versorgung von Lkw-Fahrern einsetzt. Besonders im Osten des Landes haben er und sein Team Anfang der Woche viele gestrandete Fahrer getroffen, berichtet er der MOPO. Die meisten von ihnen konnten mittlerweile aber weiterfahren.
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Auch Piotr S. hofft, dass er bald wieder unterwegs sein wird. Er habe bereits Waren geladen, berichtet er, doch die Frachtdokumente werden ihm aktuell nicht ausgestellt. Zuhause warten seine Ehefrau und fünf Kinder.