Oben ohne in Hamburgs Bädern: „Unfair, wie wenig man den Männern zutraut“
Nackte Männerbrüste im Schwimmbad? Kein Problem. Nackte Frauenbrüste? Wie unanständig! Seit vergangenem Sommer schwelt in Hamburg die Diskussion über das Recht von Frauen auf Oben–ohne-Schwimmen. Die SPD in Eimsbüttel will sich nun für Gleichberechtigung in Schwimmbädern einsetzen. Mit der Initiatorin Paulina Reineke-Rügge (SPD) sprach die MOPO über nackte Frauenbrüste und Täter-Opfer-Umkehr.
MOPO: Sie wollen sich für Baden oben ohne einsetzen. Glauben Sie, dass viele Frauen ihre Freiheit durch das Bikini-Oberteil eingeschränkt sehen?
Paulina Reineke-Rügge: Ich glaube nicht, dass man sich direkt unwohl fühlt oder die Freiheit eingeschränkt sieht. Es ist jedoch ein Teil der Gleichberechtigung, selbst zu entscheiden, ob man oben ohne schwimmen möchte oder nicht. Diese Freiheit fällt durch die Regelung bislang weg. Mir geht es auch darum, Klarheit mit Blick auf die Regeln zu schaffen. Die sind bislang oft recht schwammig formuliert. Ich fordere: Wer oben ohne schwimmen möchte, soll es auch dürfen.
- Deutsch (Deutschland)
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Nackte Männerbrüste im Schwimmbad? Kein Problem. Nackte Frauenbrüste? Wie unanständig! Seit vergangenem Sommer schwelt in Hamburg die Diskussion über das Recht von Frauen auf Oben–ohne-Schwimmen. Die SPD in Eimsbüttel will sich nun für Gleichberechtigung in Schwimmbädern einsetzen. Mit der Initiatorin Paulina Reineke-Rügge (SPD) sprach die MOPO über nackte Frauenbrüste und Täter-Opfer-Umkehr.
MOPO: Sie wollen sich für Baden oben ohne einsetzen. Glauben Sie, dass viele Frauen ihre Freiheit durch das Bikini-Oberteil eingeschränkt sehen?
Paulina Reineke-Rügge: Ich glaube nicht, dass man sich direkt unwohl fühlt oder die Freiheit eingeschränkt sieht. Es ist jedoch ein Teil der Gleichberechtigung, selbst zu entscheiden, ob man oben ohne schwimmen möchte oder nicht. Diese Freiheit fällt durch die Regelung bislang weg. Mir geht es auch darum, Klarheit mit Blick auf die Regeln zu schaffen. Die sind bislang oft recht schwammig formuliert. Ich fordere: Wer oben ohne schwimmen möchte, soll es auch dürfen.
Würden Sie oben ohne im Schwimmbad baden wollen?
Ich persönlich habe beim Schwimmen gerne ein Oberteil an. Beim Sonnen ziehe ich es aber auch mal aus. Am Stadtpark ist es zum Beispiel schon ganz normal, dass sich dort Frauen oben ohne sonnen – ohne dass es ein Problem ist.
Auslöser für Ihre Initiative ist die Diskussion in Göttingen. Dort hat der Stadtrat mittlerweile beschlossen, dass Frauen am Wochenende oben ohne schwimmen dürfen.
Die Regelung ist auch ein bisschen komisch. Brüste ändern sich ja nicht abhängig von den Wochentagen. Und am Wochenende ist es im Schwimmbad im Zweifel ja sogar noch voller – also mehr Menschen, die sich angeblich gestört fühlen könnten.
Ein Sprecher von Hamburgs Bäderland äußerte mal zu dem Thema, dass es auch darum gehe, Kinder vor Übergriffigkeiten zu schützen – dazu zähle auch übermäßige Nacktheit. Was halten Sie davon?
Das Argument von Kindern finde ich in dem Zusammenhang immer sehr merkwürdig. Kinder haben doch auch ihre Eltern schon nackt gesehen und kennen die Sexualisierung von männlichen und weiblichen Brüsten gar nicht.
Immer wieder fällt bei dem Thema auch das Argument, die Nacktheit der Frauen könne zu Übergriffen auf diese animieren. Wie sehen Sie das?
Da habe ich auch bereits Mails zu bekommen: Ich wäre jetzt verantwortlich, wenn es mehr Übergriffe gibt. Echt wild, hier wird die Verantwortung einfach weitergeschoben. Hier wird bei Übergriffen von Männern die Schuld bei der „falsch“ gekleideten Frau gesucht – oder in diesem Fall bei mir, weil ich mich dafür ausspreche. Die Verantwortung liegt bei dem Mann, der den Übergriff begeht.
Typische Täter-Opfer-Umkehr.
Genau. Ich finde es eh schwierig, Kleidung als Grund für Übergriffe heranzuziehen. Der Grund und die Schuld liegen alleine beim Täter, der dafür verantwortlich ist. Außerdem ist man im Schwimmbad ja ohnehin ziemlich nackt – ich möchte auch im Bikini-Oberteil nicht begrapscht oder angestarrt werden.
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Das Argument legt ja auch nahe, dass Männer durch nackte Frauenbrüste direkt zu Barbaren werden.
Ein bisschen unfair, wie wenig man den Männern da zutraut. Ich würde mich als Mann angegriffen fühlen, wenn man davon ausgeht, dass ich nicht mehr an mich halten kann, sobald eine Frau ihr Oberteil ablegt. Die Männer, die tatsächlich so sind, werden nicht durch das Oberteil mehr oder weniger getriggert. In solchen Fällen muss der Bademeister aufpassen und ansprechbar sein. Es wurde ja auch mal über ein Film- und Fotoverbot im Schwimmbad nachgedacht. Vielleicht ist das ein richtiger Ansatz. Man sollte auf jeden Fall alles tun, um die Täter einzuschränken – aber nicht die Frauen.