„Imageschaden ist beträchtlich“: So verschwendet Hamburg Steuergeld
Mit mehreren Steuersünden ist Hamburg auch in diesem Jahr im neuen Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdS) vertreten. Der Verein veröffentlicht jährlich eine Liste der größten Steuerverschwendungen in Deutschland. Aus Hamburg sind neu unter anderem die Party rund um den Tag der Deutschen Einheit, eine Postkarten-Aktion des HVV, aber auch alte Bekannte wie das „Haus der Erde” und Filz-Vorwürfe gegen die SPD dabei.
Mit mehreren Steuersünden ist Hamburg auch in diesem Jahr wieder im neuen Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdS) vertreten. Der Verein veröffentlicht jährlich eine Liste der größten Steuerverschwendungen in Deutschland. Aus Hamburg sind neu unter anderem die Party rund um den Tag der Deutschen Einheit, eine Postkarten-Aktion des HVV, aber auch alte Bekannte wie das „Haus der Erde” und Filz-Vorwürfe gegen die SPD dabei.
Sieben Millionen Euro Budget für die Einheitsfeier
Hamburg war in diesem Jahr Gastgeber der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Zwei Tage lang wurde am 2. und 3. Oktober in der Innenstadt ein buntes Programm geboten. Die Bürgerschaft hatte dafür ein Budget von sieben Millionen Euro freigegeben. Davon waren allein 3,5 Millionen Euro für das Bürgerfest vorgesehen, 500.000 Euro für PR-Maßnahmen und fast 37.000 Euro für die Entwicklung eines Logos.

„Beim Tag der Deutschen Einheit sollten die Bundesländer ein Vorbild sein und auf die Kostenbremse drücken“, sagt Petra Ackmann, Vorsitzende des Steuerzahlerbundes. „Ein Anfang wäre zum Beispiel, wenn es künftig nur noch ein Logo geben würde, das jedes Jahr lediglich um Austragungsort und Datum aktualisiert wird.”
HVV: Mehr als 200.000 Euro für Postkarten
Erinnern Sie sich noch an das 9-Euro-Ticket? Von Juni bis August 2022 konnten damit alle die Bahnen und Busse im Nah- und Regionalverkehr für neun Euro pro Monat nutzen. Das Angebot galt automatisch auch für alle HVV-Abonnenten. Im Anschluss an die Aktion verschickte der HVV gleich zwei Mal Postkarten an seine Abonnenten, um ihnen mitzuteilen, dass sie sich um nichts zu kümmern brauchen und ihr Abo automatisch in das Nachfolgemodell umgewandelt wird.
Die erste Aktion, eine „Wir sind dran”-Postkarte, habe laut Steuerzahlerbund 110.462 Euro verschlungen. Die zweite Aktion, eine „Bald geht es los”-Postkarte soll 105.207 Euro gekostet haben. Unterm Strich also 215.669 Euro. „Diese Postkartenaktion ist Verschwendung pur. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) informierte Abonnenten per Postkarte darüber, einfach abzuwarten. Dabei musste sich gerade diese Zielgruppe beim Ticket um nichts kümmern”, urteilt Petra Ackmann, Vorsitzende des Steuerzahlerbunds.
Kostenexplosion beim „Haus der Erde”
Das „Haus der Erde“ an der Bundesstraße soll der künftige Sitz der Klima- und Erdsystemforschung der Universität Hamburg werden. Zu Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2015 ging die Stadt noch von Kosten um die 177 Millionen Euro und einer Fertigstellung im Jahr 2019 aus. Doch der Neubau ist inzwischen zum wiederkehrenden Steuersünder im Schwarzbuch geworden.

2021 tauchte er das erste Mal auf, die Kosten wurden damals auf 303 Millionen Euro geschätzt. Aktuell ist die Rede von 425 Millionen Euro und einer Fertigstellung Ende 2024. Als Gründe werden von der Stadt laut Steuerzahlerbund unter anderem aktuell erwartete Preis- und Zinssteigerungen genannt. „Wenn das ‚Haus der Erde‘ wie geplant 2019 fertig geworden wäre, hätten weder die Corona-Pandemie noch der Ukraine-Krieg eine Rolle gespielt. Deshalb fordern wir den Senat zu einem regelmäßigen Kosten-Monitoring der wichtigsten Bauprojekte in der Öffentlichkeit auf!”, sagt Ackmann.
„Haus der Bürgerschaft” – hohe Miete
Zur neuen Legislaturperiode 2025 sollen die Fraktionen und die Bürgerschaftsverwaltung gemeinsam umziehen in ein „Haus der Bürgerschaft” am Alten Wall nahe dem Rathaus. Dort sollen statt der bisher 8600 Quadratmeter nun 9842 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen. Diese Pläne werden vom Steuerzahlerbund schon länger kritisiert.
„Wir fragen uns, warum alle großen Unternehmen derzeit Büroflächen reduzieren und die Bürgerschaft zusätzliche Flächen fordert”, so Ackmann. Für den BdSt sei ein „Haus der Bürgerschaft“ nur dann vertretbar, wenn die Mittel dazu im aktuellen Haushalt eingespart würden. „Zudem dürfen die bisherigen Mietausgaben nicht steigen”, sagte Ackmann. Doch das würden sie laut Steuerzahlerbund tun: Derzeit betrage die Nettokaltmiete für alle von Bürgerschaft und Fraktionen genutzten Räume 172.000 Euro. Das neue Gebäude koste monatlich 354.600 Euro. Hinzu kämen noch weitere Kosten für den Umzug, Verwaltungskosten und Kosten für zusätzliches Personal.
Justiz – kein Umzug, trotzdem zahlen
Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat momentan verschiedene Standorte über die Stadt verteilt. Eigentlich sollten sie in einem neuen Gebäude an der Ludwig-Erhard-Straße im September 2022 zusammengelegt werden – doch das wird einfach nicht fertig. Nach Angaben des Steuerzahlerbundes hat die Stadt schon etwa vier Millionen Euro für das ungenutzte Objekt an den Eigentümer gezahlt, als finanzielle Entschädigung für die entgangenen Mieteinnahmen.
Als Grund für die Verzögerung verwies die Justizbehörde gegenüber dem Steuerzahlerbund unter anderem darauf, dass die Entscheidung für das Projekt in der vergangenen Legislaturperiode getroffen worden war und „in der Vergangenheit nicht gut gemanagt wurde“. Vor Justizsenatorin Anna Gallina hatte ihr Grünen-Kollege Till Steffen als Senator den Hut auf. „So eine Panne würde sich niemand leisten, der mit seinem eigenen Geld dafür geradestehen müsste. Offensichtlich sind die Verantwortlichen überfordert, einen Umzug zu planen”, ärgert sich die Vorsitzende des Steuerzahlerbundes.
Maurienbrücke kostet am Ende mehr als drei Millionen Euro
Schon in ihrer Bauphase hatte der Bund der Steuerzahler die Maurienbrücke in Barmbek-Süd immer wieder kritisiert. Da es in der Nähe zwei weitere Brücken gibt, befanden sie neben dem Steuerzahlerbund auch Anwohner für unnötig. Zudem verzögerte sich die Fertigstellung der Brücke um fast ein Jahr. Am Ende kostete sie anstatt der geplanten 1,85 Millionen Euro rund 3,3 Millionen. „Was in der freien Wirtschaft zu erheblichen Konsequenzen führen würde, wird vom Bezirksamt als „richtiger und wichtiger Schritt“ gefeiert”, meint Ackmann.

Filz-Vorwurf: Rund 650.000 Euro für nichts
Ein Vorfall, den die MOPO 2021 aufgedeckt hat, ist nun auch im Schwarzbuch verzeichnet: die Filz-Vorwürfe rund um den neun Millionen schweren Auftrag von Finanzsenator Andreas Dressel an eine SPD-Parteibekanntschaft. Ohne Ausschreibung hatte Dressel den Auftrag abgesegnet, es ging um die Gründung eines Accelerators (Wachstumsbeschleuniger für Geschäftsmodelle) für Start-ups im Finanzbereich. Dressel wies die Vorwürfe, sich nicht an das EU-Vergaberecht gehalten zu haben, zurück. Bei dem Geld für das Projekt – neun Millionen Euro – habe es sich um Corona-Mittel gehandelt, die schnell vergeben werden mussten. Nach heftiger Kritik an dem Vorgehen stoppte der Senator das Projekt.
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Die Firma forderte daraufhin die Erstattung bisheriger Kosten. Vor einem Schiedsgericht einigte man sich auf 370.000 Euro. Durch Werbemaßnahmen waren der Stadt weitere 55.000 Euro an Kosten entstanden sowie 224.000 Euro an Rechtsberatungskosten. „Der Fall zeigt, dass das Einhalten gesetzlicher Vorgaben auch überwacht werden muss. Der finanzielle Verlust der Stadt Hamburg ist gravierend und der Imageschaden beträchtlich”, sagt Ackmann.
Das ist der Bund der Steuerzahler
Der Bund der Steuerzahler gibt das Schwarzbuch jährlich seit 1973 heraus. Selbsterklärtes Ziel ist es, die Öffentlichkeit für die Verwendung von Steuergeldern zu sensibilisieren und die Politik zu einem sparsamen Umgang mit den Geldern zu bewegen. Der Bund der Steuerzahler ist unabhängig, parteipolitisch neutral und gemeinnützig. Dem Verein gehören etwa 3500 Mitglieder an. Seine Arbeit finanziert er ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.