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Neues Gesetz stoppt Schiffe: Flüchtlings-Retter im Mittelmeer können nicht auslaufen

Erste Corona-Auflagen sind gelockert, endlich können Rettungsmissionen im Mittelmeer wieder Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten. Doch nun werden die Schiffe durch einen Verwaltungsakt aus Berlin ausgebremst. Sie müssen plötzlich viel höhere Sicherheitsauflagen erfüllen. Die große Sorge: Können jetzt überhaupt noch Rettungsschiffe der Organisationen auslaufen?

Direkt betroffen sind jetzt als erste die Vereine ResQShip (Hamburg), Mare Liberum (Berlin) und Mission Lifeline (Dresden). Sie betreiben kleinere Schiffe für Seenotrettung und Beobachtungs-Missionen auf dem Mittelmeer. Und alle haben Post aus dem Verkehrsministerium erhalten, die ihre Schiffe nach eigener Aussage quasi blockiert und stillegt.

Der Kutter Seefuchs aus Stralsund rettet für Sea Eye Menschen im Mittelmeer.

Der Kutter Seefuchs aus Stralsund rettet für die Flüchtlings-Initiative „Sea Eye“ Menschen im Mittelmeer.

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Denn das Bundesverkehrsministerium hat zwei Verordnungen für Seesportboote und die Schiffssicherheit geändert, die jetzt in Kraft treten. Darin wird geregelt, dass Schiffe, die „von Vereinen und Privatpersonen zielgerichtet im Bereich des Umweltschutzes, der Seenotrettung, inklusive Beobachtungsmissionen, oder anderer humanitärer Zwecke eingesetzten werden“, in Zukunft rechtlich wie Berufsschiffe zu behandeln sind. Vorher fielen sie unter die Regelung für Sport- und Freizeitboote.

Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer gestoppt

Die Folge: Sie dürfen jetzt erst auslaufen, wenn sie ein sogenanntes Schiffssicherheits-Zeugnis haben. Das war bisher nicht nötig. „Das ist gezielte Sabotage von Menschenrechtsarbeit“, heißt es von den drei Rettungs-Organisationen. Denn für sie sei es kaum möglich, die hohen Auflagen zu erfüllen.

Flüchtlinge im Mittelmeer bei Libyen.

Ein völlig überladenes Boot mit Flüchtlingen vor der Küste Libyens.

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„Nach der neuen Rechtslage werden alle Schiffe, die für humanitäre Zwecke eingesetzt werden, hinsichtlich Bauweise, Ausrüstung und Besatzung mit Sicherheitsanforderungen konfrontiert, denen sie nicht ohne Weiteres nachkommen können. Die Boote können jetzt nicht mehr auslaufen, es drohen zudem hohe Bußgelder.“

Hamburger Retter: Neues Gesetz – sie dürfen nicht auslaufen

Die Organisationen sehen die Forderungen als überzogen an. Es habe seit Beginn der zivilen Rettungsmissionen im Jahr 2015 hunderte von Einsätzen ohne einen einzigen Unfall gegeben. Es sei nie ein Crewmitglied geschädigt worden.

Den Einsatz von Rettungsschiffen mit überzogenen Sicherheitsanforderungen zu verhindern, sei zynisch gegenüber Flüchtenden, die sich in akuter Seenot befänden und auf Rettung hofften. Laut Internationaler Organisation für Migration sind in 2020 mindestens 268 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken.

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Das Verkehrsministerium in Berlin begründet die Änderung der Verordnungen mit Sicherheits-Aspekten; dem Schutz von Crew-Mitgliedern auf den Schiffen und mit Umweltschutz. Sprecher Tim Alexandrin gegenüber der MOPO: „Der Rechtsänderung liegen ausschließlich schiffssicherheitsrechtliche Erwägungen zugrunde. Ehrenamtliche Helfer sind bei ihren Einsätzen vergleichbaren Gefahren ausgesetzt wie Berufsseeleute.“

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Demo für humanitäre Hilfe in Hamburg: Knapp 4000 Menschen kamen

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Bundesverkehrsministerium: Mehr Sicherheit für Schiffscrew

Die Änderung solle daher bewirken, dass die Schiffe der Helfer einen nach objektiven Kriterien entwickelten Sicherheitsstandard für die professionelle Seefahrt erfüllen. Damit kommt Deutschland auch seinen internationalen Verpflichtungen als Flaggenstaat nach.

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Alexandrin: „Schiffen, die die hierfür erforderlichen Schiffszeugnisse vorweisen können, bleibt es unbenommen unter der Bundesflagge zu operieren. Derzeit machen hiervon auch andere Betreiber entsprechend genutzter Schiffe Gebrauch. Die deutschen Behörden arbeiten vertrauensvoll mit diesen zusammen.“

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