Neue Platte in Hamburger KZ-Gedenkstätte sorgte für Irritationen
Eine Ehrenplatte für die Sowjetunion in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme sorgt seit Jahren für Diskussionen. Nun gibt es eine neue Gedenkplatte, mit der sich Vertreter der Ukraine zögerlich anfreunden.
Nach jahrelangem Ringen um die Ehrung der ukrainischen Häftlinge im ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme hat eine neue Gedenkplatte zunächst Irritationen bei Vertretern der Ukraine ausgelöst. Sie sei verwirrt gewesen, als ihr die Skizze der neuen Gedenkplatte zum ersten Mal gezeigt wurde, sagte die ukrainische Generalkonsulin in Hamburg, Iryna Tybinka, laut einem Redemanuskript auf der Einweihungsfeier in der KZ-Gedenkstätte.
„Ich wusste nicht, wie sie interpretiert werden könnte – als eine lang erwartete Errungenschaft oder als einen Versuch, die historische Erinnerung zu verschleiern“, bekannte Tybinka.

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Neue Platte erwähnt Ukraine unter 70 Ländernamen
Das Generalkonsulat hatte seit Jahren immer wieder kritisiert, dass das Internationale Mahnmal an der Gedenkstätte eine Platte mit dem russischen Kürzel für Sowjetunion („CCCP“), aber keinen Stein für die seit 1991 unabhängige Ukraine habe. Auf der neuen Platte wird die Ukraine erwähnt, als eines von insgesamt 70 ermittelten Herkunftsländern der Gefangenen. Das alte Mahnmal aus dem Jahr 1965 bleibt neben der neuen Platte unverändert bestehen.

In ihrer Rede hob Tybinka die besonders großen Verluste der Ukraine im Zweiten Weltkrieg hervor. Es seien mehr als acht Millionen Menschen getötet worden, darunter 1,5 Millionen ukrainische Juden. Die Ukrainer hätten die größte Häftlingsgruppe in Neuengamme gebildet. 2022 habe es einen Beschluss gegeben, das Ensemble der 22 Ländersteine im Mahnmal zu erweitern, um die historische Gerechtigkeit für die Ukraine wiederherzustellen.
Generalkonsulin: Russland will „Vernichtungskrieg“ rechtfertigen
Die Sowjetunion sei zusammen mit Hitler-Deutschland für den Beginn des größten Massenmordes in der Geschichte verantwortlich, sagte die Generalkonsulin in Anspielung auf den Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939. Das heutige Russland habe sich „zum Nachfolger dieses verbrecherischen kommunistischen Reiches proklamiert“. Die russische Propaganda bediene sich der Konzepte aus der Zeit des Kampfes gegen den Nationalsozialismus, um den gegenwärtigen Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen.

Nach der Lektüre von Memoiren ehemaliger Häftlinge und Zwangsarbeiter aus der Ukraine nehme sie die Gestaltung der Gedenkplatte anders wahr, bekannte Tybinka. In den Erinnerungen gehe es auch um die Mitgefangenen aus Frankreich, Polen, den Niederlanden und anderen Ländern. Die lange Liste von Ländernamen auf der Platte sei ein Beleg für das Ausmaß der damaligen Katastrophe: „Krieg kennt keine Grenzen.“
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Die neue Platte wurde am Eingang zu der Gedenkanlage aufgestellt. „Der neue Gedenkstein nennt 70 Länder in der jeweiligen Landessprache und zeigt damit die heterogene Zusammensetzung der Häftlinge auf“, sagte der Vorstand der Hamburger Gedenkstätten-Stiftung, Oliver von Wrochem. Die Staaten ergaben sich nach Angaben der Stiftung durch eine neue Auswertung zu den Geburtsorten von rund 23.000 Gefangenen. In der Spirale stehen auch Länder wie Kuba, Gabun oder Vanuatu. (dpa/mp)
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