Netflix-Datingshow – Hamburgerin empört: „Ich war nur fürs bunte Gruppenfoto dabei!“
Eine Luxusvilla in Mexiko, Traumstrand mit Palmen und glasklarem Wasser: Bei der Dating-Show „Too hot to handle“ treffen 14 Singles aufeinander – der Clou der Sendung: Zärtlichkeiten sind verboten. International war das Format ein voller Erfolg, im Februar dieses Jahres gab es das erste Mal eine deutsche Version. Mit dabei war die Hamburgerin Onyi Alaike. Nach der Ausstrahlung packt sie aus, greift die Netflix-Produktion scharf an und sagt: „Ich war nur für den Diversity-Bonus dabei!“
Eine Luxusvilla in Mexiko, Traumstrand mit Palmen und glasklarem Wasser: Bei der Dating-Show „Too hot to handle“ treffen 14 Singles aufeinander – der Clou der Sendung: Zärtlichkeiten sind verboten. International war das Format ein voller Erfolg, im Februar dieses Jahres gab es das erste Mal eine deutsche Version. Mit dabei war die Hamburgerin Onyi Alaike. Nach der Ausstrahlung packt sie aus, greift die Netflix-Produktion scharf an und sagt: „Ich war nur für den Diversity-Bonus dabei!“
Onyi Alaike wollte ein Abenteuer erleben, flirten und Party machen im Paradies – die Eimsbüttlerin bewirbt sich und schafft es als Teilnehmerin in die Sendung „Too hot to handle“. Die TV-Welt ist für sie ganz neu, die Dreharbeiten aufregend.
„Too hot to handle“ bei Netflix: Hamburger Kandidatin erhebt Vorwürfe
Doch im Nachhinein erfährt sie, dass keiner der teilnehmenden Männer im Vorfeld der Sendung angegeben habe, auf einen „dunkleren Typen“ zu stehen. Als schwarze Frau habe sie deshalb keine Chance gehabt, ins Geschehen einzugreifen und eine tragendere Rolle zu spielen. Trotzdem habe die Produktion sie und eine andere schwarze Frau, Samira Diasso, gecastet.
Alaike sagt, dass die Produktion das nur gemacht habe, um ein diverses Teilnehmerfeld vorweisen zu können. „Ich war als schwarze Frau nur für den Diversity-Bonus dabei. Ich hatte das Gefühl, dass die Produktion Samira und mich nur mit rein gebracht hat, damit die sagen können: ,Wir haben alle Facetten unserer Gesellschaft gezeigt.’ Denen ging es aber letztendlich gar nicht darum, dass alle Charaktere eine Storyline hatten“, so die 26-Jährige zur MOPO.
„Tokenism“: Hauptsache, die Quote stimmt
Dieses Phänomen wird als „Tokenism“ bezeichnet: Das bedeutet, dass eine Person ausschließlich auf ein Merkmal reduziert wird und dadurch eine Art „Alibifunktion“ hat, indem sie dieses Merkmal in der Gruppe repräsentieren soll. Alaike habe lediglich die Rolle der unterstützenden Freundin gehabt. „Das suggeriert, dass schwarze Frauen keine richtige oder wichtige Geschichte haben“, sagt sie. „Hätte ich gewusst, dass ich sowieso keine Chance habe und nur für ein buntes Gruppenfoto dabei bin, dann hätte ich mir das sparen können.“

Dieser Vorwurf sei nicht wahr, entgegnet Netflix: „Alle Teilnehmenden durchlaufen einen professionellen und sorgfältigen Casting-Prozess, bei dem Fairness und Diversität eine entscheidende Rolle spielen“, teilt der Streaming-Anbieter der MOPO mit. „Jede Andeutung, dass ungleiche Chancen gefördert werden oder Partner:innen mit denen wir arbeiten, als eine Art Bonus in Shows eingeladen werden, ist schlicht unwahr.“ Die Frage, welche Mechanismen Netflix konkret beim Casting nutzt, um Chancengleichheit und Diversität zu garantieren, lässt der Streaming-Anbieter unbeantwortet.
Das Thema „Vielfalt im TV“ ist sensibel. Im Sommer gab ein Hamburger Dating-Show-Kandidat der MOPO ein Interview, machte dann aber einen Rückzieher und gab die Veröffentlichung des Gesprächs nicht frei – weil ihm eine Frage zur mangelnden Diversität in der Sendung nicht passte. Der Kandidat befürchtete offenbar, mit kritischen Worten für Unmut bei Sender und Produktionsfirma zu sorgen – und künftig keine lukrativen Engagements mehr zu bekommen.
„Dating-Shows in Deutschland haben ein Problem mit fehlender Diversität“
„Dating-Shows in Deutschland haben ein Problem mit fehlender Diversität“, sagt Reality-TV-Expertin Mirella Precek. Die 30-jährige Nürnbergerin kommentiert auf YouTube seit Jahren unterschiedliche Formate und hat die Abschlussshow von „Too hot to handle“ moderiert.
„Es werden immer wieder die gleichen Menschen repräsentiert, vor allem weiße Frauen und weiße Männer. Wenn ,People of Color’ im Cast sind, dann wird oft – zurecht – kritisiert, dass sie nur dabei sind, um eine bestimmte Quote zu erfüllen“, so Precek im Gespräch mit der MOPO. „Tokenism ist ein Punkt, wo man wirklich sagen kann: Das macht Reality-TV immer noch total falsch.“

Ein zentraler Punkt sei zudem, dass es auch hinter der Kamera kaum Diversität gebe, sagt Precek. Das bestätigt Kandidatin Onyi Alaike: „Am Set waren wirklich sehr, sehr viele Menschen und ich habe genau einen schwarzen Menschen da gesehen. Wenn das Produktionsteam diverser wäre, dann würde mal endlich jemandem auffallen: ,Hey Leute, wir müssen da mal was anders machen!’“
Dass schwarze Menschen in deutschen Reality-Formaten nur selten auftreten, habe auch einen Einfluss auf die – zumeist jungen – Zuschauer:innen, sagt Expertin Precek. Für Onyi Alaike war das der Grund, mit dem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen: „Mir hat eine junge Frau geschrieben, dass sie ,Too hot to handle‘ nicht zu Ende schauen konnte wegen der Art und Weise, wie wir schwarzen Frauen dargestellt wurden. Sie hat geschrieben, dass sie sich durch solche Sendungen unattraktiv fühlen würde“, erzählt sie.
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Vor allem für junge Mädchen sei es total wichtig, Menschen im Fernsehen zu sehen, die so aussehen, wie sie selber: „In unserer Gesellschaft geht es leider sehr viel ums Aussehen – und wenn im TV nur wenige schwarze Menschen gezeigt werden, dann vermittelt das vor allem jüngeren, schwarzen Menschen den Eindruck, als wären sie nicht hübsch genug, um gezeigt zu werden.“
Die Hamburgerin fordert deshalb einen Wandel innerhalb der Produktionen und ruft dazu auf, die fehlende Diversität nicht einfach hinzunehmen: „Um etwas zu verändern, sollten Zuschauer ihre Kritik laut äußern. Je lauter die Stimmen sind, desto eher verändern sich die Produktionen.“