Warum die Kiffer-Königin vom Kiez selbst nicht kifft
Dreadlocks. Reggae. Rauchgeschwängerte Luft. Nicky lacht. Jaja, sie weiß: Das sind die gängigen Vorstellungen von einem Headshop. Die Frau mit den langen roten Haaren, der Brille und dem Irischen Wolfshund an ihrer Seite will so gar nicht ins Bild passen. Zumal sie nicht mal kifft. Seit 27 Jahren. „Es bekommt mir nicht, ich kriege davon Hunger und habe schon genug auf den Rippen“, sagt sie lachend. Und trotzdem ist Nicky Wichmann (49) eine große Verfechterin des Kiffens. Seit zwölf Jahren ist sie Chefin des „Amsterdam Headshop“ an der Reeperbahn.
Einen Headshop eröffnen? Nicky war alles andere als begeistert. Sie arbeitete im Klamotten-Laden „Easy Rider“ an der Reeperbahn. Als ihr Chef 2005 den kleinen Laden nebenan abgeben wollte, kam ihrem Mann die Idee. „Ich hatte große Bedenken, was für eine Klientel wir dann hier haben.“ Aber ihr Mann war selbst Cannabis-Raucher, hatte vorher schon einige Läden und ließ sich nicht abbringen. Mit der Zeit fand auch Nicky Gefallen an dem Headshop. Als der Chef von „Easy Rider“ starb, übernahm das Ehepaar auch den großen Laden.
„Amsterdam Headshop“ auf St. Pauli: Nicky Wichmann seit zwölf Jahren Chefin
Heute ist nur noch Nicky da. Vor sechs Jahren starb ihr Mann. In einem Hotel. Plötzlicher Herztod. Er war gerade auf Geschäftsreise in Spanien, als sein Herz aufhörte zu schlagen. „Das war vollkommen surreal. Ich bin mit ihm zusammen zurückgeflogen. Er in der Urne.“ Es sei wie in einem amerikanischen Billo-Streifen gewesen. Zwei Wochen hatte sie ihren eingeäscherten Mann danach noch zu Hause, bevor die Beisetzung stattfand. Eine harte Nummer. „Weil ich nicht damit gerechnet hatte. Aber er hat sein Leben voll ausgekostet“, sagt die Frau mit fester Stimme.
Nach seinem Tod stand Nicky wochenlang jede Nacht auf und haute sich im Halbschlaf eine Tüte Chips rein – weil ihr Mann ihr immer gesagt hatte, wie schlecht Chips für die Gesundheit seien.
Dreadlocks. Reggae. Rauchgeschwängerte Luft. Nicky lacht. Jaja, sie weiß: Das sind die gängigen Vorstellungen von einem Headshop. Die Frau mit den langen roten Haaren, der Brille und dem Irischen Wolfshund an ihrer Seite will so gar nicht ins Bild passen. Zumal sie nicht mal kifft. Seit 27 Jahren. „Es bekommt mir nicht, ich kriege davon Hunger und habe schon genug auf den Rippen“, sagt sie lachend. Und trotzdem ist Nicky Wichmann (49) eine große Verfechterin des Kiffens. Seit zwölf Jahren ist sie Chefin des „Amsterdam Headshop“ an der Reeperbahn.
Einen Headshop eröffnen? Nicky war alles andere als begeistert. Sie arbeitete im Klamotten-Laden „Easy Rider“ an der Reeperbahn. Als ihr Chef 2005 den kleinen Laden nebenan abgeben wollte, kam ihrem Mann die Idee. „Ich hatte große Bedenken, was für eine Klientel wir dann hier haben.“ Aber ihr Mann war selbst Cannabis-Raucher, hatte vorher schon einige Läden und ließ sich nicht abbringen. Mit der Zeit fand auch Nicky Gefallen an dem Headshop. Als der Chef von „Easy Rider“ starb, übernahm das Ehepaar auch den großen Laden.
„Amsterdam Headshop“ auf St. Pauli: Nicky Wichmann seit zwölf Jahren Chefin
Heute ist nur noch Nicky da. Vor sechs Jahren starb ihr Mann. In einem Hotel. Plötzlicher Herztod. Er war gerade auf Geschäftsreise in Spanien, als sein Herz aufhörte zu schlagen. „Das war vollkommen surreal. Ich bin mit ihm zusammen zurückgeflogen. Er in der Urne.“ Es sei wie in einem amerikanischen Billo-Streifen gewesen. Zwei Wochen hatte sie ihren eingeäscherten Mann danach noch zu Hause, bevor die Beisetzung stattfand. Eine harte Nummer. „Weil ich nicht damit gerechnet hatte. Aber er hat sein Leben voll ausgekostet“, sagt die Frau mit fester Stimme.
Nach seinem Tod stand Nicky wochenlang jede Nacht auf und haute sich im Halbschlaf eine Tüte Chips rein – weil ihr Mann ihr immer gesagt hatte, wie schlecht Chips für die Gesundheit seien.

Nach seinem Tod stand Nicky wochenlang jede Nacht auf und haute sich im Halbschlaf eine Tüte Chips rein – weil ihr Mann ihr immer gesagt hatte, wie schlecht Chips für die Gesundheit seien.
„Irgendwie dachte ich, ich stänkere dagegen an. Das war meine Chips-Therapie. Zum Glück hat sich das aber auch gelegt.“ Heute bezeichnet sich Nicky selber als „lustige Witwe“. Sie genießt das Alleinsein. „Ich möchte gar nicht mehr so fest mit jemandem zusammen sein. Ich bin da sehr egoistisch geworden.“ Eine Partnerschaft wäre nicht ausgeschlossen. Zusammenleben? „Damit bin ich durch“, sagt sie lachend.
Hier geht’s zum Podcast mit Nicky Wichmann
Der einzige Mann an Nickys Seite ist momentan Rüdiger von Schlotterstein – ein Irischer Wolfshund. Mehr als 70 Kilo, groß wie ein Pony. Mit wachen Augen beobachtet der riesige Hund von seinem Korb neben dem Tresen aus die hereinkommenden Kunden. Ein buntes, für die Chefin sehr angenehmes Publikum. „Leute, die kiffen, sind entspannt und geduldig.“ Vom jungen Erwachsenen bis zum Mitte 80-Jährigen, der ab und an noch mal ein Pfeifchen rauchen würde. Und auch Touristen kommen gerne in den Laden und schlagen in der Souvenir- und Scherzartikel-Ecke zu. Da werden Kackwürste aus Gummi, Magneten, Taschen, Socken und Quietscheenten geboten. Besonders angesagt sind die „Penisbrillen“. „Wenn die Engländer reinkommen, weiß ich schon, dass sie eine Penisbrille kaufen werden. Und genauso ist es.“

Der hintere Teil des Ladens ist für unter 18-Jährige verboten. In Vitrinen reihen sich die unterschiedlichsten Bongs aneinander. Immer wieder sind Tourist:innen darüber erstaunt, dass auch Vasen verkauft werden. Zwei ältere Damen, mindestens Mitte 60, Typ trutschig, verblüfften Nicky allerdings. Sie stöberten im hinteren Teil des Ladens herum. Irgendwann kamen sie an den Tresen. Nicky erwartete schon den Vasen-Spruch. Doch stattdessen fragten sie: „Wo gibt es denn hier Ziehröhrchen?“ Dass sie sich damit etwas in die Nase ziehen wollten – das könne sie bis heute nicht glauben, sagt die Frau.
„American Headshop“: Drogen gibt es hier nicht
Witzige Situationen gibt es häufig im Laden. Aber manchmal hört der Spaß für Nicky auch auf. Wenn mal wieder jemand reinstolpert, der für sie arbeiten möchte und als Erstes fragt, ob er dann auch alle Bongs testen dürfe. „Nicht weil ich gegen das Kiffen bin. Auf keinen Fall. Aber da hab ich keinen Bock drauf.“ Drogen in ihrem Laden – gibt es nicht. Das muss sie auch immer wieder Kunden erklären, die fragen, ob sie nicht was unterm Tresen kaufen können. „Damit will ich nichts zu tun haben.“

Viermal flog die Polizei schon bei der Headshop-Besitzerin ein. „Morgens um 8, ich gerade aus der Dusche raus, mit Handtuch umgewickelt. Das ist schon interessant.“ Allerdings hätten sich die Polizisten ihr gegenüber immer freundlich verhalten und die Wohnung nicht zerlegt. Ihre erste Durchsuchung hatte sie vor vielen Jahren. Da war sie gerade frisch mit ihrem Mann zusammen. Was Nicky nicht wusste: Er hatte 800 Pflanzen zu Hause. Als er hochgenommen wurde, standen die Beamten auch bei ihr vor der Tür. „Mit so was hatte ich vorher noch nie was zu tun.“ Ihr Freund schon. 49 Tage vor Gericht. Vier Jahre und sieben Monate Knast.
Nicky und ihr Mann: Hochzeit in U-Haft
Der Freund im Gefängnis? Für Nicky kein Grund, sich zu trennen. Ganz im Gegenteil. Die beiden heirateten in U-Haft. „Dadurch hatten wir mehr Besuchszeiten. Das war ein schönes Erlebnis.“ Nickys Mutter und der Vater ihres Mannes waren dabei. Zwar wurden sie vorher durchsucht, doch Nicky und ihr Zukünftiger durften wenigstens nebeneinandersitzen. Und sich küssen. Der Standesbeamte bestand darauf, obwohl die beiden anwesenden LKA-Beamten es verhindern wollten. Nach einer Stunde war die Feier beendet. „Ich bin nach Hause gegangen und mein Mann in seine Zelle.“ In der Zeit hätte sie die schönsten Liebesbriefe der Welt bekommen. Die hat Nicky auch noch. Gelesen hat sie sie aber bisher nicht wieder.

Ein paar Jahre später rückte Nicky selber ins Visier der Ermittler. Sie hatte mit ihrem Mann den ersten deutschen Shop für Cannabis-Saat eröffnet. „Da ist kein Inhaltsstoff drin. Erst wenn du den Samen in den Boden steckst, handelt es sich um illegalen Anbau.“ Nicky und ihr Mann stellten etliche Anträge. Und bekamen für alles eine Genehmigung. „Da dachten wir, wir versuchen das einfach mit dem Shop.“ Nach elf Tagen kam die Polizei. Alles wurde beschlagnahmt. Seit mittlerweile acht Jahren läuft das Gerichtsverfahren gegen Nicky. Das Ende ist noch immer offen.
„Cannabis Social Club Hamburg“: Nicky Wichmann ist Zweite Vorsitzende
„Wir wollten mit der Shop-Eröffnung einen Anstoß geben.“ Für Nicky ein Kampf, den sie seit Jahren führt. Sie ist Zweite Vorsitzende des Vereins „Cannabis Social Club Hamburg“ und setzt sich auf politischer Ebene für die Cannabis-Legalisierung ein. „Du kannst stockbesoffen und aggressiv über den Kiez laufen und nicht mehr Herr deiner Lage sein. Aber ‘ne Tüte zu Feierabend ist ganz böse. Das finde ich nicht richtig.“ Nicky ist sich sicher: „Wenn die Leute, die am Wochenende hier feiern, statt Alkohol zu trinken, kiffen würden, gäbe es auf St. Pauli deutlich weniger Stress.“ Schnapsleichen erlebt sie jeden Tag. Die Ausfälle. Die Aggressivität. Besonders momentan. Die normalen Gäste seien noch nicht wieder da, nur das richtige Hardcore-Partyvolk. „Das merkt man immer an der Kotze und dem zersplitterten Glas auf den Wegen. So schlimm war es noch nie – außer zum Schlagermove.“

Für Nicky trotzdem kein Grund, ihren Kiez zu verlassen. Seit Jahren lebt sie in einer Wohnung an der Reeperbahn. „Ich liebe es, hier spazieren zu gehen. Man trifft viele Leute. Es ist ein Dorf.“ Ein Dorf, in dem man nicht nur sich selber sieht. Wie viele andere engagiert sich auch Nicky. Seit Corona hilft sie bei „Engel in den Straßen“ in der Rindermarkthalle. Sie verteilt Kleidung, Schlafsäcke, Essen und Hygieneartikel an Bedürftige. Und auch im Alltag kümmert sich die Headshop-Besitzerin um die Obdachlosen im Viertel. Das hat sich rumgesprochen.
Auf dem Kiez in Hamburg wird einander geholfen
Die Bedürftigen kommen in den Laden und fragen nach zwei Euro, einer Zigarette oder auch nur einem Glas Wasser. Einmal kamen zwei Obdachlose herein und brachten Nicky ein Meerschweinchen. „Sie richteten mir schöne Grüße von Sultan aus. Ein Mann, der vor Lidl lebte und häufig bei mir war. Er sei verhaftet worden und ich solle mich um sein Meerschweinchen kümmern.“ Nach fast vier Monaten holte Sultan seinen „Mucki“ wieder ab. Überglücklich. Anderen helfen – für Nicky selbstverständlich. Das macht man so. Auf dem Kiez.

Steckbrief Veronique Wichmann (49)
Spitzname und Bedeutung: Früher wurde ich Vero genannt. Heute bin ich nur noch Nicky.
Beruf/erlernte Berufe: Headshop-Besitzerin, ausgebildete Einzelhandelskauffrau (bei Görtz)
St. Pauli ist für mich … eine große Liebe.
Mich nervt es tierisch, wenn … ich Glasscherben und Kotze mit dem Hund umschiffen muss.
Ich träume davon … ein lizenziertes Cannabis-Abgabe-Geschäft zu sein.
Wenn mir einer blöd kommt, … kann ich ganz schön austeilen.
Zum Abschalten … puzzle ich gerne.
Als Kind … war ich ein kleines rothaariges Monster.
Meine Eltern … haben mir eine sehr schöne Kindheit bereitet. Wir hatten einen Campingplatz und einen Kleingarten. Das war toll.
Vom Typ her bin ich … immer entspannt und sehr optimistisch.