Nahost-Konflikt: Verträgt Solidarität auch Kritik an der Regierungspolitik?
Die Welle der Solidarität mit Israel und die Verurteilung der von der Hamas am 7. Oktober angerichteten Massaker und der Geiselnahmen ist grenzenlos und parteiübergreifend. Hamburg zeigt sich einig. Solidaritätsdemos für Israel auf dem Rathausmarkt und klare Bekenntnisse der Bürgerschaft und des politischen Führungspersonals der Stadt bestimmen das Bild. „In Hamburg ist kein Millimeter Platz für Antisemitismus und Feindseligkeit gegenüber Israel,“ betont Bürgermeister Peter Tschentscher. Hamburg stehe fest an der Seite der jüdischen Gemeinde.
Die Welle der Solidarität mit Israel und die Verurteilung der von der Hamas am 7. Oktober angerichteten Massaker und der Geiselnahmen ist grenzenlos und parteiübergreifend. Hamburg zeigt sich einig. Solidaritätsdemos für Israel auf dem Rathausmarkt und klare Bekenntnisse der Bürgerschaft und des politischen Führungspersonals der Stadt bestimmen das Bild. „In Hamburg ist kein Millimeter Platz für Antisemitismus und Feindseligkeit gegenüber Israel,“ betont Bürgermeister Peter Tschentscher. Hamburg stehe fest an der Seite der jüdischen Gemeinde.
CDU, SPD, FDP und Grüne übertreffen sich gegenseitig in Solidaritätsbekundungen. Und auch Hamburgs Linke verurteilt ohne Wenn und Aber den beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas. „Die Hamas ist keine Widerstandsbewegung“, betont die Fraktionschefin der Linkspartei, Cansu Özdemir: „Leichen zur Schau stellen und Kinder entführen ist kein Widerstand. Es ist Terror.“ Selbst die Rote Flora, das Zentrum der Hamburger Linksautonomen, plakatierte auf Englisch großformatig den Slogan:. „Juden zu töten ist kein Befreiungskampf!“ und erklärte sich „solidarisch mit allen Juden und Jüdinnen weltweit“.
Klare Solidaritätsbekundungen und nur wenige Störgeräusche. Dass es am Rande der Pro-Israel-Demos zu Beschimpfungen der Teilnehmer:innen kam, dass einzelne bekennende Muslime die Gräueltaten der Hamas feierten, darf nicht unerwähnt bleiben. Dass es auch anders geht, zeigt ein Post des Landesrabbiners der jüdischen Gemeinde, Shloo Bistrtzy, in dem sich dieser für einen Solidaritätsbesuch des Vorstands der Schura, dem Rat islamischer Gemeinschaften, Özlem Nas, bedankt. Wo Terror regiert, dürfen religiöse Differenzen einmal schweigen.

Schweigen müssen derzeit aber auch diejenigen, die sich angesichts der drohenden israelischen Bodenoffensive um die Menschen im Gaza-Streifen und im Westjordanland sorgen, aber auch diejenigen, die den historischen Kontext betonen, in dem die Gewalttaten der Hamas stehen. Pro-Palästinensische Demonstrationen wurden bislang von der Innenbehörde komplett verboten und bleiben es noch mindestens bis zum morgigen Sonntag. „Das Bejubeln und Feiern der Massaker an Jüdinnen und Juden durch die Hamas ist unerträglich und hat auf unseren Straßen keinen Platz.“, begründet Innensenator Andy Grote (SPD) das Verbot, das von CDU, SPD und Grünen unterstützt wird.
Nur von der Linken und der AfD kommt Kritik. Es verbiete sich, die gesamte Palästina-Solidaritätsbewegung für Sympathiebekundungen der Hamas-Anhänger haftbar zu machen und ihnen pauschal das vom Grundgesetz geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit zu entziehen, betont der Linksfraktions-Abgeordnete Deniz Celik. Die Versammlungsbehörde müsse, „bei jeder Anmeldung im Einzelfall überprüfen, ob konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sowie für eine die Versammlung prägende Begehung von Straftaten vorliegen“. Nur dann dürfe es ein Verbot geben.
Schulbehörde gibt Leitfaden mit pädagogischen Hinweisen aus
Die Solidarität mit Israel muss aber den Raum lassen, auf die Rolle der israelischen Politik bei der Eskalation in der Region hinzuweisen. Verstehen wir uns nicht falsch: Die Besatzungspolitik, der völkerrechtswidrige Siedlungsbau vor allem im Westjordanland aber auch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen auf Seiten Israels können die Gräueltaten der Hamas weder rechtfertigen noch entschuldigen. Sie sind aber ein wichtiger Bausteinen, zu erklären, warum hier oft der Hass regiert und das Land von einer friedlichen Koexistenz von jüdischen und palästinensischen Nachbar:innen weiter denn je entfernt ist. Es wäre ein Fehler, jede Kritik an der israelischen Besatzungspolitik zum Antisemitismus umzudeuten.
Die Schulbehörde hat jetzt einen Leitfaden mit pädagogischen Hinweisen zum Umgang mit der Gewalteskalation in Israel im Unterricht an Hamburgs Lehrkräfte verschickt. Darin heißt es: „Kritik an der (aktuellen) Politik eines demokratischen Landes ist legitim, auch in Zeiten schwerster Krisen. Das gilt auch für die kritische Auseinandersetzung mit der politischen Lage in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten und auch dann, wenn Äußerungen antizionistisch sind. Aber: Das Existenzrecht des Staates Israel ist nicht infrage zu stellen!“
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Regeln der Toleranz, die auch für die Nahost-Debatte in der gesamten Zivilgesellschaft als Kompass dienen könnten. Dass die Lebensbedingungen im Westjordanland und im Gaza-Streifen katastrophal sind, darin trägt die israelische Politik eine gerüttelte Mitverantwortung. Das Völkerrecht aber ist unteilbar. Menschenrechte und Humanität sind es auch.