Nach Test in Hamburg: Firma führt Vier-Tage-Woche ein – ohne Lohnabzug!
Jeden Tag eine Stunde mehr arbeiten, dafür nur an vier Tagen die Woche: Dieses Angebot macht ein Hamburger Unternehmen seinen Mitarbeitern. Das Modell entstand aus einer gewissen Not heraus – und hat sich so sehr bewährt, dass aus einem Experiment nun der Normalzustand wird.
Lesen Sie mit MOPO+, wie Mitarbeiter:innen und Unternehmen profitieren, warum die Fünf-Tage-Woche generell immer mehr in Verruf gerät - und warum ausgerechnet die Gewerkschaft skeptisch ist.
Jeden Tag eine Stunde mehr arbeiten, dafür nur an vier Tagen die Woche – dieses Angebot macht eine Hotelkette aus Hamburg ihren Mitarbeiter:innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Wir haben gemerkt, dass wir damit den Nerv der Zeit treffen“, sagt 25Hours-Pressesprecherin Anna Berger der MOPO.
Das Modell entstand aus einer gewissen Not heraus: Wie fast überall in der Hotelbranche fehlte es 25Hours an Personal; ungefähr jede dritte Stelle war unbesetzt, dem Unternehmen fehlten etwa 150 Mitarbeiter:innen. Dann entschloss sich die Hotelkette zu einem Experiment, zunächst in den Hamburger Hotels: Für vier Monate konnten die Mitarbeiter entscheiden; zwischen ihren alten Arbeitszeiten und einer Vier-Tage-Woche. Das Projekt fand Anklang: 80 Prozent der Mitarbeiter:innen in Hamburg entschieden sich für das neue Arbeitsmodell. Und für die Hotelkette wahrscheinlich noch wichtiger: Vorher hatten sich auf eine ausgeschriebene Stelle zwei Interessenten beworben, in der Testphase der Vier-Tage-Woche waren es 400 Bewerber pro Stelle.
Hamburger Unternehmen führt Vier-Tage-Woche in Hotels ein
Nachdem die Testphase nun vorbei ist, führt das Unternehmen jetzt also die Vier-Tage-Woche in allen Hotels im deutschsprachigen Raum ein. Sie arbeiten dann für das gleiche Gehalt und haben einen freien Tag mehr, arbeiten jedoch am Tag eine Stunde länger. Damit arbeiten sie pro Woche 36 Stunden. Vier weniger, als im Vertrag festgelegt. Jedoch werden die übrigen Stunden für mögliche Überstunden vorgehalten. Gerade in der Testphase hätte es diese Überstunden auch oft gegeben, auf lange Sicht will man jedoch möglichst ein ungenutztes Überstundenkonto schaffen, erklärt das Unternehmen.
Immer mehr Menschen wollen die Vier-Tage-Woche
Die Fünf-Tage-Woche wurde in den meisten Staaten im Laufe des 20. Jahrhundert eingeführt. Ihre Sinnhaftigkeit wird seit einigen Jahrzehnten infrage gestellt.
Nur vier Tage die Woche arbeiten, aber wie Vollzeit bezahlt werden – das wünschen sich immer mehr Menschen. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv würden es 71 Prozent der Befragten begrüßen, wenn Deutschland ein solches Modell einführen würde.
Vier Tage im Hotel arbeiten, dann Wochenende
Aber es gibt auch Bedenken. Jonas Bohl, Referatsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, ist skeptisch.
Die Idee der Vier-Tage-Woche alleine löse das Problem der Hotels nicht. Es gebe einfach zu wenig Personal in der Branche; bei einer Vier-Tage-Woche müssten die Hotels mehr Personal anstellen, es sei denn, die Öffnungszeiten würden angepasst.
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Außerdem würde die Vier-Tage-Woche oft dazu führen, dass Beschäftigte an diesen vier Tagen noch länger arbeiten. Für Jüngere wäre das noch attraktiv: vier Tage schuften, dann langes Wochenende. „Aus unserer Erfahrung ist das auf Dauer aber nicht durchzuhalten, gerade für ältere Menschen“. Zudem, findet Bohl, sei das ganze Modell auch gar nichts Neues. Personal in Hotels mache meist an vielen Tagen Überstunden. „Wenn die Hotels die Überstunden ordentlich ausgleichen, hätten viele Menschen im Hotelgewerbe eh einen freien Tag pro Woche“.