Nach „Schockanruf“: So trickste Isabell L. (70) einen Betrüger aus
Es ist eine extrem fiese Masche: Betrüger rufen als angebliche Polizisten oder Staatsanwälte bei Rentnern an, geben vor, dass deren Kind oder Enkel bei einem Verkehrsunfall eine Person getötet habe und fordern ein astronomisch hohe Kaution. Nur so könne der geliebte Mensch vor dem Knast bewahrt werden. Eine solche Tat wird auch Tadeusz T. vorgeworfen. Er soll als Teil einer Bande versucht haben, einer 70-Jährigen mehrere Zehntausend Euro abzuknöpfen. Doch die Rentnerin durchschaute den Betrug.
Es ist eine extrem fiese Masche: Betrüger rufen als angebliche Polizisten oder Staatsanwälte bei Rentnern an, geben vor, dass deren Kind oder Enkel bei einem Verkehrsunfall eine Person getötet habe und fordern eine astronomisch hohe Kaution. Nur so könne der geliebte Mensch vor dem Knast bewahrt werden. Eine solche Tat wird auch Tadeusz T. vorgeworfen. Er soll als Teil einer Bande versucht haben, einer 70-Jährigen mehrere Zehntausend Euro abzuknöpfen. Doch die Rentnerin durchschaute den Betrug.
Tadeusz T. (50, Name geändert), ein drahtiger Mann mit muskulösen Handwerker-Armen, sitzt seit März in U-Haft. Am Mittwoch bringen ihn zwei Justizbeamte zum Prozess ins Amtsgericht Barmbek. Der 50-Jährige ist wegen versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Betruges angeklagt. Der Vorwurf laut Staatsanwaltschaft: Er habe mit noch unbekannten Mittätern die Rentnerin Isabell L. um 40.000 Euro betrügen wollen.
Hamburg: Falsche Polizisten fordern 40.000 Euro Kaution
Die Tat soll sich am 28. März 2023 gegen 12 Uhr ereignet haben: Die Betrüger hätten bei Isabell L. angerufen und sich als Polizeibeamte ausgegeben. Die Masche: Zunächst habe Isabell L. nur das Weinen einer Frau gehört, dann habe eine angebliche Polizistin ihr erzählt, dass ihre Tochter bei einem Verkehrsunfall eine Radfahrerin getötet habe. Um die Tochter vor dem Gefängnis zu bewahren, solle die 70-Jährige die Kaution von mehreren Zehntausend Euro zahlen.

Isabell L., eine rüstige Rentnerin und Zeugin im Prozess, erzählt dem Gericht, wie die Täter mit unterdrückter Nummer auf ihrem Festnetztelefon anriefen, wie sie insgesamt mit drei Personen sprach und dass diese 40.000 Euro forderten. „Da wusste ich, dass das Betrug ist“, sagt die 70-Jährige vor Gericht. „Ich bin rausgegangen, dann habe ich im Treppenhaus die Polizei angerufen.“ Zusammen mit der echten Polizei fingierte sie eine Geldübergabe, der Angeklagte Tadeusz T. wurde von den Beamten festgenommen.
Prozess: 70-Jährige und Polizei schnappen Betrüger
„Jetzt, in Ihrem Alltag, denken Sie noch an diese Geschichte?“, fragt die Richterin. „Nö“, sagt die Seniorin. „Danach habe ich nur überlegt, wie man ältere Leute davor warnen kann.“ Angst habe sie keine.
Der Angeklagte gibt zu, dass er zu Isabell L. gefahren ist. Er habe jedoch erst da bemerkt, dass er in einen Betrug verwickelt wurde. Nach Deutschland sei er gekommen, weil man ihm einen Job als Kurierfahrer der DHL versprochen habe. Es war eine Annonce im Internet. Doch statt Geld zu verdienen, wurde er von Hamburg nach Münster und Bremen geschickt und habe sein eigenes Geld ausgegeben. Um Kosten zu sparen, habe er zuletzt im Auto geschlafen. Dann kam der Auftrag, zu Isabell L. zu fahren. Ihm kamen Zweifel, doch er hoffte, endlich bezahlt zu werden, sagt er vor Gericht.
„Schutzbehauptung“: Staatsanwalt glaubt Angeklagtem nicht
„Der Sachverhalt der Anklage hat sich bestätigt“, sagt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Dass Tadeusz T. erst so spät erkannt habe, wobei er mitmacht, glaubt ihm der Staatsanwalt nicht: „Ich halte das für eine Schutzbehauptung.“ Er fordert eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, ohne Bewährung.
„Ich werte das Ganze etwas anders als der Staatsanwalt“, so der Verteidiger. „Ich bin der Auffassung, dass man Herrn T. nicht widerlegen kann, was er hier erzählt hat.“ Tadeusz T. sei vielleicht naiv und leichtgläubig gewesen, jedoch in seinen 50 Lebensjahren vorher nie straffällig geworden. „Er hat die falsche Entscheidung getroffen“, sagt der Verteidiger. „Zum Glück hat Frau L. das Ganze sehr sportlich weggesteckt.“
Tadeusz T. hat das letzte Wort: „Ich bereue, dass es passiert ist.“ Die Richterin verkündet das Urteil: ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung für versuchten gewerbsmäßigen Betrug. Die fast vier Monate U-Haft werden ihm angerechnet.
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Der Angeklagte nimmt das Urteil an. „Darf er telefonieren?“, fragt sein Verteidiger, schiebt seinem Mandanten sein Handy hin. Noch in Gegenwart des Gerichts ruft Tadeusz T. seine Frau in Polen an. Er darf nach Hause gehen.