Nach Kündigung von Ärztin: Klinikkonzern knickt ein und zahlt Riesensumme
Die Schlammschlacht ist zu Ende: Die Endo-Klinik hat sich mit der Ärztin Franziska Schlosser am Dienstag vor Gericht auf die Zahlung einer hohen Entschädigungssumme geeinigt. Das Arbeitsverhältnis mit der 54-jährigen Medizinerin, die im Juni vergangenen Jahres unter fadenscheinigen Gründen gefeuert worden war, wird beendet. Die Gewerkschaft Marburger Bund, die Schlosser unterstützte, spricht von einem „Schweigegeld“.
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Die Schlammschlacht ist zu Ende: Die Endo-Klinik hat sich mit der Ärztin Franziska Schlosser am Dienstag vor Gericht auf die Zahlung einer hohen Entschädigungssumme geeinigt. Das Arbeitsverhältnis mit der 54-jährigen Medizinerin, die im Juni vergangenen Jahres unter fadenscheinigen Gründen gefeuert worden war, wird beendet. Die Gewerkschaft Marburger Bund, die Schlosser unterstützte, spricht von einem „Schweigegeld“.
Der Flur vor dem Verhandlungsraum des Arbeitsgerichts ist rappelvoll an diesem Vormittag. Kollegen sind gekommen, um Franziska Schlosser zu unterstützen. Gewerkschaftsvertreter. Betriebsräte des Helios-Konzerns und sogar von Asklepios. Aus Solidarität.
Helios begründet Kündigung mit der Aussage einer einzigen Zeugin – der Sekretärin der Geschäftsführung
Für die Unterstützer ist klar: Schlosser ist nur gekündigt worden, weil sie den Mund aufmacht. Weil sie fehlerhafte Gehaltsabrechnungen anprangert. Weil sie als Streikleiterin aufritt. Weil sie sich für faire Arbeitsbedingungen einsetzt.
Der Helios-Konzern weist das von sich und wirft Franziska Schlosser Arbeitszeitbetrug vor. Die Anästhesistin habe am 17. April 2023 einen Feueralarm ausgenutzt, um sich heimlich aus dem Dienst zu verabschieden. Konkret geht es um genau 28 Minuten.
Dabei stützt sich Helios auf die Behauptung einer einzigen Zeugin, die während des Feueralarms zurück ins Büro gegangen sein soll und durch die Lamellen eines Rollos erspäht haben will, dass Schlosser in Richtung S-Bahn verschwand. Pikant: Diese Zeugin ist die Sekretärin des Ärztlichen Direktors und der Geschäftsführung!
Obwohl vier Kollegen der Aussage der Sekretärin widersprachen, blieb Helios bei seiner Linie. Ein Gütetermin vor Gericht im Juli scheiterte. Deshalb die neue Verhandlung.
Ärztin Franziska Schlosser: „Der ganze Vorgang ist erlogen und konstruiert“
Richterin Carla Coutinho macht Philip Wettengel, Geschäftsführer der Endo-Klinik, zu Beginn gleich klar, dass die Klage, mit der sich Frau Schlosser gegen ihre Kündigung wehrte, gute Chancen auf Erfolg habe. Sie rät zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und zu einer Mediation, um den Konflikt zu befrieden.
„Einen Computer kann man auch resetten, wenn er nicht mehr funktioniert“, so die Richterin. Doch die Helios-Anwältin weist das zurück. Es gehe um das Vertrauensverhältnis. Man habe keinen Grund, der Sekretärin nicht zu glauben.
Schlossers Anwältin wiederum betont, dass es um Gerechtigkeit gehe. Angesichts der Schwere des Arbeitszeitbetrugs-Vorwurfs brauche es eine Aufklärung vor Gericht. Schlosser selbst wird emotional: „Ich kann den Vorwurf nicht stehen lassen. Ich arbeite seit 24 Jahren ohne Tadel in diesem Haus“, sagt sie mit lauter Stimme und verweist auf ihr hohes Engagement mit vielen Überstunden. „Der ganze Vorgang ist erlogen und konstruiert. Er besudelt mich auf unerträgliche Art und Weise. Ich will meine Reputation zurück.“
Eine Einigung scheint nicht in Sicht. Die Richterin unterbricht die Verhandlung für zehn Minuten und bittet beide Seiten, noch einmal in sich zu gehen – und dabei auch über Entschädigungssummen nachzudenken. Nach der Pause die Überraschung: Geschäftsführer Philip Wettengel ergreift das Wort. Und plötzlich klingt er, als sei er von der eigenen Linie selbst nicht mehr überzeugt.
„Wir wissen nicht, was die Wahrheit ist“: Helios-Geschäftsführung und Anwältin knicken ein
„Ich war nicht dabei. Mir ist berichtet worden, dass Sie früher gegangen sind. Die Zeugenaussage war für mich glaubhaft“, sagt er. Die Sache sei nur ins Rollen gekommen, um herauszufinden, was wirklich passiert ist. Auch seine Anwältin schwankt: „Wir wissen nicht, was die Wahrheit ist.“ Dennoch wolle man eine Beendigungslösung.
Erst als Schlossers Anwältin erreicht, dass Helios öffentlich alle Vorwürfe zurücknehmen und sich entschuldigen wird, ist eine Lösung in Sicht. Nach langem Ringen einigt man sich auf die beachtliche Summe von 400.000 Euro. Doch dann droht wieder alles zu platzen: Helios will Schlosser die seit Juli einbehaltenen Gehälter nicht mehr auszahlen. Die Ärztin besteht darauf.
Die Richterin muss noch einmal unterbrechen und mahnt in Richtung Wettengel: „Die Lösung liegt auf dem Tisch. Besser kommen Sie hier nicht raus.“ Als Wettengel und seine Anwältin nach kurzer Beratung wieder eintreten, stimmen sie zu – wenn Schlosser verspricht, nichts Negatives über Helios mehr zu sagen. Erleichterung.
Entschädigung von 400.000 Euro: Vorstand der Ärzte-Gewerkschaft spricht von „Schweigegeld“
„Mir fällt ein Stein vom Herzen“, sagt Franziska Schlosser später vor der Tür. „Es war alles sehr belastend für mich. Ich muss jetzt meinen Frieden damit finden und in aller Ruhe nach einem neuen Job suchen.“
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Der erste Vorsitzende des Marburger Bundes Hamburg, Dr. med. Pedram Emami, wertet den Ausgang als Erfolg: „Helios hat mit der Kündigung von Franziska Schlosser meiner Meinung nach versucht, eine unbequeme und gewerkschaftlich engagierte Mitarbeiterin einfach so loszuwerden. Damit sind sie nicht durchgekommen.“
Emamis Vorstandskollege Dr. med Alexander Schultz ergänzt: „Man könnte von einem Schweigegeld sprechen.“ Es sei deutlich geworden, dass Schlosser sich nichts zuschulden kommen lassen habe und ihr zu Unrecht gekündigt wurde, so die Vorstände. Emami: „Wir werden als Gewerkschaft weiterhin genau beobachten, wie Helios mit seinen Mitarbeitenden umgeht und uns für ihre Rechte einsetzen – wenn nötig vor Gericht.“