Fünf Jahre Leerstand – und jetzt entsteht statt Wohnungen ein neues Bürogebäude
Der Knoten von Ottensen ist geplatzt: Wo seit fünf Jahren Leerstand herrscht, soll nun gebaut werden. Die ursprünglich geplanten 65 Wohnungen auf dem Filetgrundstück an der Barnerstraße im Herzen des Stadtteils hat ein Nachbar zwar verhindert – aber nun gibt es eine überraschende Lösung: Ein alteingesessenes Altonaer Unternehmen wird hier seine Zentrale einrichten. Und die dringend benötigten Wohnungen für das Quartier? Auch da gibt es Neuigkeiten. Die Bezirkspolitik ist in seltener Einhelligkeit begeistert, die örtliche Bürgerinitiative nicht.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Der Knoten von Ottensen ist geplatzt: Wo seit fünf Jahren Leerstand herrscht, soll nun gebaut werden. Die ursprünglich geplanten 65 Wohnungen auf dem Filetgrundstück an der Barnerstraße im Herzen des Stadtteils hat ein Nachbar zwar verhindert – aber nun gibt es eine überraschende Lösung: Ein alteingesessenes Altonaer Unternehmen wird hier seine Zentrale einrichten. Und die dringend benötigten Wohnungen für das Quartier? Auch da gibt es Neuigkeiten. Die Bezirkspolitik ist in seltener Einhelligkeit begeistert, die örtliche Bürgerinitiative nicht.
Es ist eine Art Ringtausch – und ein Plan, der Finanzsenator wie Bezirkspolitik strahlen lässt: Die Sparda-Bank Hamburg eG, die schon lange nach einem Ersatz für ihren nicht mehr zeitgemäßen Hauptsitz an der Präsident-Krahn-Straße gesucht hat, wird mit ihren 300 Mitarbeitern in den Neubau an der Barnerstraße ziehen.
Dafür werden am Ort der alten Zentrale, direkt am Bahnhof Altona, mehr als 60 Wohnungen entstehen. Ein attraktiver Standort: Die zukünftigen Bewohner werden später einmal, wenn der Fernbahnhof an den Diebsteich verlegt wurde, einen Park vor der Haustür haben.
Sparda-Bank kauft Grundstück an der Barnerstraße
Im Gegenzug hat die 1903 von Eisenbahnern als Genossenschaft in Altona gegründete Bank das 1700-Quadratmeter-Eckgrundstück Barnerstraße 42 von der Hamburger Köhler & von Bargen Unternehmensgruppe erworben. Der Investor wollte dort eigentlich ein Wohngebäude errichten, hatte unter Beteiligung des Quartiers und der Altmieter ein allseits begrüßtes Konzept erarbeitet.
So sollte etwa die „Villa Dunkelbunt“, die an dem Standort lange eine Fahrradwerkstatt betrieben hat, als geförderte WG auf 200 Quadratmetern zurückkehren. Die Pläne scheiterten aber an dem widerspenstigen Eigentümer des Nachbargrundstücks: Nebenan liegt ein Rewe-Supermarkt und der Nachbar fürchtete, bei einer Wohnbebauung würden die Mieter ihn mit Klagen wegen Lärmbelästigung überziehen. Wenn aber eine Bank mit ihren Büros einzieht, ist seine Zustimmung nicht nötig – und Köhler & von Bargen baut seine Wohnungen nun an der Präsident-Krahn-Straße.
Geplant ist, die neue Sparda-Zentrale gegenüber der Kulturstätte „Fabrik“ auf Basis des Entwurfs zu bauen, mit dem das Altonaer Architekturbüro Heyden und Hidde 2018 den Architekten-Wettbewerb gewonnen hatte. Innen sollen „grüne und offene Arbeitswelten“ für die Mitarbeiter entstehen, wie es blumig in einer Mitteilung heißt. Der Neubau soll auch eine Multifunktionshalle für Sport und Veranstaltungen bieten.
Die Bürger-Ini „Pro Wohnen Ottensen“ stellt sich gegen die Pläne: „An dieser Stelle verträgt der Stadtteil kein weiteres seelenloses Projekt wie Zeise2, das nur auf Gewinn für die Investoren getrimmt ist. Gebraucht wird Ersatz für die abgerissenen Wohnungen und ein Kreativhaus mit Gastronomie und Gewerbe für die Menschen in Ottensen,“ so Matthias Müller-Henning von der Ini zur MOPO. Das im Stadtteil ungeliebte Projekt „Zeise2“ liegt in Sichtweite: Ein Bürogebäude an der Barnerstraße auf einem Grundstück, auf dem ebenfalls zunächst Wohnungen geplant waren.
Sparda-Bank bleibt in Altona
Stephan Liesegang, Vorstandsvorsitzender Sparda-Bank Hamburg eG, hingegen zeigt sich begeistert: „Wir freuen uns, einen neuen Standort für unsere Genossenschaftsbank gefunden zu haben, der unweit von unserer jetzigen Zentrale am Altonaer Bahnhof liegt. Sowohl unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch unsere Kundinnen und Kunden fühlen sich eng mit Altona verbunden.“
Am bisherigen Standort der Bank an der Präsident-Krahn-Straße plant Köhler & von Bargen zusammen mit dem Altonaer Architekturbüro Schenk&Fleischhaker ein Wohnhaus mit mehr als 60 Wohnungen. Im Laufe des Jahres soll ein Bauantrag gestellt werden und sobald die Genehmigung vorliegt, soll das Projekt binnen zwei Jahren fertiggestellt werden. Man sei bereits im Gespräch mit der Verwaltung.
Finanzsenator Dressel gratuliert
Sven Hielscher, Vorsitzender CDU-Fraktion Altona verspricht: „Beide Projekte haben unsere Unterstützung.“ Auch Gesche Boehlich, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Altona, ist angetan von dem Tausch der Grundstücke: „Das Vorhaben hält Hunderte Arbeitsplätze im Bezirk und ermöglicht den geplanten Wohnungsbau an anderer Stelle.“
Katarina Blume Vorsitzende der FDP-Fraktion Altona lobt den Deal ebenfalls: „Die heiße Ecke an der Barnerstraße ist prägend für den Stadtteil. Deshalb begrüßen wir die städtebauliche Qualität und freuen uns über die Bereitschaft der Sparda-Bank sich den Menschen im Stadtteil zu öffnen, unter anderem durch eine Mehrzweckhalle.“
Sogar Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) jubelt: „Die Sparda-Bank ist ein wichtiger Partner am Finanzplatz und investiert kräftig in den neuen Standort – herzlichen Glückwunsch dazu!“
Das könnte Sie auch interessieren: Zoff um Neubau: Kult-Pizzaladen wird zum Lost Place
Für die ehemaligen Mieter, die in neun Wohnungen in den maroden Altbauten wohnten, hatte Köhler & von Bargen bereits vor Jahren Ersatzwohnungen im Karolinenviertel vermittelt. Mit denjenigen, die in den Neubau an der Barnerstraße zurückkehren wollten, will das Projektteam einvernehmliche Lösungen abstimmen.
Auch mit den Gastronomen, die eigentlich im Neubau wiedereröffnen sollten, ist der Entwickler im Gespräch, um alternative Standorte zu finden. Das einst im Quartier überaus beliebte Restaurant „Mamma Mia“ hatte sich bereits 2019 gegen eine Rückkehr entschieden.