Amoklauf: Grote spricht über Pannen – Beamte jobbten im Schießclub
Hätte der Amoklauf bei den Zeugen Jehovas verhindert werden können? Rund zwei Monate nach der schrecklichen Tat mit acht Toten sind die Ermittlungen noch in vollem Gang. Innensenator Andy Grote räumt ein, dass aus heutiger Sicht nicht alles richtig gelaufen sei. Und ein Ex-Mitarbeiter der Waffenbehörde steht immer mehr im Fokus. Das ist der Stand:
Hätte der Amoklauf bei den Zeugen Jehovas verhindert werden können? Rund zwei Monate nach der schrecklichen Tat mit acht Toten sind die Ermittlungen noch in vollem Gang. Innensenator Andy Grote räumt ein, dass aus heutiger Sicht nicht alles richtig gelaufen sei. Und ein Ex-Mitarbeiter der Waffenbehörde steht immer mehr im Fokus. Das ist der Stand:
„Mit dem Wissen von heute ist natürlich nicht alles so gelaufen, wie wir es uns vorstellen würden“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) am Donnerstag im Innenausschuss, bei dem über den aktuellen Ermittlungsstand zum Amoklauf am 9. März informiert wurde. Grote gerät zunehmend unter Druck, seit immer mehr Details über die Geschehnisse vor der Tat ans Licht kommen. CDU und Linke fordern seinen Rücktritt. Auch Anna von Treuenfels-Frowein (FPD) forderte ihn nun auf, einzuräumen, dass etwas falsch gelaufen sei, wenn er nicht ständig mit Rücktrittsforderungen konfrontiert werden wolle.
Amoklauf in Hamburg: Behörden-Mitarbeiter im Visier der Ermittler
Besonders brisant: Die Waffenbehörde wusste vor der Tat von einem Buch mit wirren religiösen Thesen des späteren Täters Philipp F., hielt es jedoch nicht für relevant. Es hätte besser beschafft, ausgewertet und eine Expertenmeinung dazu eingeholt werden sollen, sagte Grote nun. „Wir wünschen uns alle, dass man damit anders umgegangen wäre.“ Gleichzeitig betonte er, dass die Behörde die fachlichen Standards eingehalten habe. „Diese Ebenen muss man ein Stück weit trennen: Was war ein fachlich ordentliches Vorgehen und was wir uns mit dem Wissen von heute wünschen.“

Im Fokus der Ermittlungen steht nun ein Ex-Mitarbeiter der Waffenbehörde, gegen den mittlerweile wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt ermittelt wird. Ihm wird vorgeworfen, Informationen zum psychischen Zustand von Philipp F. vor der Tat nicht ordnungsgemäß dokumentiert und weitergeleitet zu haben. So soll er von einem Mitarbeiter des Sportschützenclubs „Hanseatic Gun Club“, bei dem Philipp F. Mitglied war, einen Anruf erhalten haben. Der Anrufer sei aus dem familiären Umfeld von Philipp F. gewarnt worden und wollte dies offenbar weitergeben. Doch anstatt das zu melden, soll der Mitarbeiter vorgeschlagen haben, der Hinweisgeber könne sich offen oder anonym an die Behörde wenden.
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Es folgte ein anonymes Schreiben, auf dessen Basis der zuständige Sachgebietsleiter lediglich eine Aufbewahrungskontrolle der Waffe anordnete. Ohne die Zusatzinformationen sei dieser nicht in der Lage gewesen, sich näher zu erkundigen und möglicherweise Waffe und Munition sicherzustellen, sagte der Generalstaatsanwalt. So blieb die Kontrolle ohne Folgen.
Hamburg: Acht Tote bei Amoklauf
Auch die Verbindung zwischen dem Mitarbeiter und dem „Hanseatic Gun Club“ war in der Sitzung Thema. Er hatte bis 2021 eine Nebentätigkeit in dem Schießclub, bis er in die Waffenbehörde versetzt wurde – es soll aber Hinweise geben, dass er sie noch darüber hinaus ausgeübt hat. Grote betonte nun, dass dies ein Interessenkonflikt sei. Zwei weiteren Beamten (jedoch nicht aus der Waffenbehörde) soll ihre Nebentätigkeit in dem Schießclub nun untersagt worden sein. Es wird an einem Compliance-System gearbeitet.

Auch gegen drei Mitglieder eines Prüfungsausschusses wird ermittelt. Sie stehen im Verdacht, Philipp F. zunächst „blanko“ ein sogenanntes Sachkundezeugnis ausgestellt zu haben, das Voraussetzung für eine Waffenkarte ist. Zudem gibt es den Verdacht, dass es bei Prüfungen häufiger Unregelmäßigkeiten gegeben habe.
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Bei dem Amoklauf hatte der 35-jährige Philipp F. bei einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Alsterdorf sieben Menschen und sich selbst erschossen. Neun Menschen wurden verletzt.