Musiker will angeblichen Zuhälter seiner Freundin erpressen – doch das geht schief
Ist Denis R. ein Ritter in weißer Rüstung oder versuchter Profiteur des Rotlichtmilieus? Darum ging es am Dienstag vor dem Amtsgericht St. Georg.
Ist Denis R. ein Ritter in weißer Rüstung oder ein gewissenloser Gangster? Darum ging es am Dienstag vor dem Amtsgericht St. Georg. Der Vorwurf: Der 24-Jährige soll einen Mann erpresst haben. Weil er glaubte, dass dieser der Zuhälter seiner damaligen Freundin war.
Denis R. könnte einem Männermode-Magazin entstiegen sein. Figurbetontes Shirt, Stoffhose, Slipper. Die ordentlich gekämmten Haare formen eine kleine Locke, die in seine Stirn fällt. Sein Styling passt nicht so ganz zu seiner handfesten Arbeit: Der 24-Jährige, früher als Lackierer tätig, will in Zukunft als Kellner arbeiten – und Musik machen. Gangsta-Rap. Vorher muss er jedoch das Damoklesschwert loswerden, das über ihm schwebt: Denis R. ist wegen versuchter räuberischer Erpressung angeklagt.
Hamburg: Angeklagter will Adresse nicht nennen
Der Gegensatz zwischen seinem Alltag und seinem Auftritt vor Gericht zieht sich durch die Verhandlung. Auf der einen Seite: der harte Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Denis R. soll am 21. August 2021 Luca S. angerufen und ihm gedroht haben, ihn mit einem „Ballermann“ aufzusuchen, falls dieser nicht binnen einer Stunde 10.000 Euro zahle – eine Summe, die einer Strafzahlung im Rotlichtmilieu ähnelt, wenn eine Prostituierte von einem Mann zum anderen wechselt. Denis R. soll Luca S. für den Zuhälter seiner Freundin gehalten haben.
Auf der anderen Seite: die Erklärung von Denis R. während der Verhandlung, dass er Prostitution verabscheue und seiner Freundin nur helfen wollte. Er habe Luca S. nur angerufen, um ihn davon abzuhalten, sie auf den Strich zu schicken.
Prozess: Luca S. habe Freundin des Angeklagten von Prostitution abgeraten
Ein Ritter in weißer Rüstung oder ein gewissenloser Gangster? „Ich habe Angst vor ihm“, sagt seine heutige Ex-Freundin vor Gericht. Und auch in einem Chatverlauf mit einer Freundin seiner Ex zeigte sich Denis R. nicht als Retter, sondern als Rüpel. Weil die Freundin die Handynummer von Luca S. damals nicht herausgeben wollte, bedrohte er sie: „Du kriegst auf die Fresse, du Schlampe. Geh dich wieder prostituieren.“
Das vermeintliche Opfer Luca S. (22) verstrickt sich bei seiner Zeugenaussage jedoch ebenfalls in Widersprüche. So nahm er den Drohanruf nicht über Freisprechanlage an, wie behauptet – und hatte demnach keinen Zeugen für den Wortlaut des Anrufs.
Fest steht nur: Die Freundin von Denis R. kannte Luca S. und besprach mit ihm 2019 einen möglichen Einstieg ins Rotlichtmilieu als Escort-Dame – gegen den sie sich letztendlich entschied. Und: Sowohl die Freundin wie auch Luca S. berichten, dass Denis R. Geld haben wollte.
Verteidiger plädiert auf Freispruch
Der Staatsanwalt sieht den Vorwurf der versuchten räuberischen Erpressung gegen Denis R. bestätigt. Er fordert: ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung. Der Verteidiger widerspricht: „Im Zweifel ist für den Angeklagten zu entscheiden.“ Er plädiert auf Freispruch.
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Das Gericht geht einen dritten Weg und verurteilt Denis R. wegen versuchter räuberischer Erpressung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung – und einem Anti-Aggressionstraining.