Neonazis in Hamburg: Mit Knüppeln schlagen sie zu – ihr Opfer stirbt an Heiligabend
Die Hamburger sind stolz darauf, in einer bunten, weltoffenen Stadt zu leben. Deshalb wird mancher überrascht sein zu hören, dass die Hansestadt auch das ist: eine Hochburg des Rechtsextremismus. Das galt vor allem in den 80er und 90er Jahren. Ab Freitag ist dazu eine Ausstellung im Rathaus zu sehen: „Rechte Gewalt in Hamburg von 1945 bis heute“ lautet der Titel.
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Die Hamburger sind stolz darauf, in einer bunten, weltoffenen Stadt zu leben. Deshalb wird mancher überrascht sein zu hören, dass die Hansestadt auch das ist: eine Hochburg des Rechtsextremismus. Das galt vor allem in den 80er und 90er Jahren. Ab Freitag ist dazu eine Ausstellung im Rathaus zu sehen: „Rechte Gewalt in Hamburg von 1945 bis heute“ lautet der Titel.
Gleich nach dem Krieg geht es los: Ein Netzwerk alter Nazis, an der Spitze der ehemalige Hamburger Nazi-Gauleiter Karl Kaufmann und der ehemalige Goebbels-Stellvertreter Werner Naumann, planen eine Neuauflage des Nationalsozialismus und beginnen damit, kleine Parteien wie die FDP zu unterwandern. 1953 kommt ihnen der britische Geheimdienst zuvor und inhaftiert die Hauptakteure – gerade noch rechtzeitig.
Diese beiden jungen Vietnamesen sterben 1980 bei einem Brandanschlag in Billbrook
Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit in den 80er Jahren sind der Nährboden, auf dem der Neofaschismus gedeiht. Plötzlich heißt es: Die „Gastarbeiter“ – in den 60er Jahren angeworben, weil sie aufgrund des Arbeitskräftemangels dringend gebraucht wurden – „nehmen uns die Arbeitsplätze weg“. Am 21. August 1980 verüben Mitglieder der Neonazi-Terrorzelle „Deutsche Aktionsgruppen“ den ersten rassistisch motivierten Mordanschlag in der Geschichte der Bundesrepublik, und zwar auf ein Gebäude in Billbrook, in dem vietnamesische Flüchtlinge leben. Die Attentäter werfen nachts einen Brandansatz durch ein offenes Fenster – Nguyen Ngoc Châu (22) und Do Anh Lân (18) kommen ums Leben.
Drei Neonazis erschlagen Mehmet Kaymakçı mit einem Betonklotz
Mehr als 500 Gewalttaten haben Neonazis in den vergangenen Jahrzehnten in Hamburg verübt. Mindestens sieben Menschen starben. Zu ihnen zählt auch Mehmet Kaymakçı (29), der am 24. Juli 1985 in einer Kneipe auf die falschen Männer trifft: drei junge Hooligans, die ihn am Kiwittsmoor-Park in Langenhorn mit einem Betonklotz erschlagen.
Der Tod von Ramazan Avcı schockt 1985 die Stadt
Knapp ein halbes Jahr danach passiert schon der nächste Mord: Am S-Bahnhof Landwehr gerät der 26-jährige türkische Bauarbeiter Ramazan Avcı ins Visier von Skinheads. Sie jagen ihn, er rennt über die Straße, wird von einem Auto angefahren und bleibt verletzt liegen. Die Angreifer schlagen mit Gummiknüppeln und einem Axtstiel auf den Kopf des längst bewusstlosen Mannes ein – er stirbt Heiligabend 1985.
Süleyman Tasköprü ist das dritte Opfer der NSU-Mordserie
Am 27. Juni 2001 wird erneut ein Türke in Hamburg ermordet. Tatort diesmal: ein Gemüsegeschäft in der Schützenstraße in Bahrenfeld. Das Opfer: Süleyman Tasköprü. Die Polizei sucht jahrelang in die falsche Richtung – die Ermittler glauben irrtümlicherweise, das Opfer sei in Drogengeschäfte verwickelt gewesen. Erst 2011, nach dem Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, kommt heraus, dass hinter insgesamt elf sogenannten „Döner-Morden“ überall in der Bundesrepublik der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) steckt. Tasköprü ist ihr drittes Opfer gewesen.
Die Ausstellung über rechte Gewalt in Hamburg ist noch bis zum 18. Februar in der Rathausdiele zu sehen. Sie wurde von der Historikerin Alyn Šišić von der Stiftung „Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen“ erarbeitet. Ihr zur Seite standen Kollege Lennart Onken und der Journalist Andreas Speit, ein besonders guter Kenner der Nazi-Szene.