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  • Eine alte Postkarte zeigt die 1906 fertig gestellte Bornplatzsynagoge.
  • Foto: Staatsarchiv Hamburg/hfr

MOPO-Umfrage: Das denken die Anwohner über den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge

Rotherbaum –

Noch ist der Joseph-Carlebach-Platz eine leere Fläche. Ein Grundriss auf dem Boden erinnert an die Bornplatzsynagoge, die während der Reichpogromnacht 1938 zerstört wurde. Schon bald könnte das prächtige Sakralgebäude eine Wiederauferstehung erleben. Die Pläne zum Wiederaufbau des Gotteshauses nehmen immer mehr Formen an. Die Anwohner haben gemischte Gefühle.

„Ich wohne hier genau gegenüber und bin nicht so begeistert von den Plänen“, sagt ein Mann, der seinen Namen nicht nennen möchte. „Das gibt Unruhe“, meint der Mittfünfziger. Was genau er damit meint, bleibt unklar. Sorgen macht er sich vor allem um eines: „Es gibt jetzt schon so wenig Parkplätze. Die Parkplatzsituation wird dadurch bestimmt noch schlimmer. Ich müsste mir wahrscheinlich einen Tiefgaragenplatz mieten. Das wird teuer“, sagt der Mann. Dass Juden am Schabbat nicht Auto fahren dürfen, ist ihm nicht bekannt.

Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge in Hamburg: Das denken Anwohner

Auch Passantin Christine Oelkers (75) befürchtet: „Das wird bestimmt Ärger geben. Es ist ja ein wuchtiges Gebäude“, so die Rentnerin. Sie selbst ist aber positiv gestimmt. „Ich würde mich freuen, wenn die Synagoge wieder aufgebaut wird. Es wäre ein gutes, ein wichtiges Zeichen. Viele Menschen wissen ja gar nicht viel über das Judentum. Da ist viel Nichtwissen. Die Synagoge würde sicher einiges an Aufklärung bringen. Wenn die Leute etwas lernen, hilft das auch gegen Antisemitismus.“

Christine Oelkers

Anwohnerin Christine Oelkers (75): „Die Synagoge würde für Aufklärung sorgen.“

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Florian Quandt

Anwohnerin Sandra Willuweit, die ihr Kind im Buggy über den Joseph-Carlebach-Platz schiebt, ist ebenfalls begeistert von den Plänen. „Ich finde das gut. So ein schönes Gebäude, wie es die Bornplatzsynagoge war und wird, wertet unser Viertel doch enorm auf“, sagt die 32-jährige Angestellte. „Außerdem passt die Synagoge doch gut in die Umgebung. Wenn es in Hamburg ein jüdisches Viertel gibt, dann ist es das Grindelviertel. Die jüdische Schule ist hier. Der Polizeiposten zur Absicherung der Gebäude ist auch schon da. Fehlt nur noch die Synagoge.“

Sandra Willuweit

Anwohnerin Sandra Willuweit (32): „Die Synagoge wäre eine Aufwertung fürs Viertel.“

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Florian Quandt

Anwohner: „Die Synagoge bringt gute Energie ins Viertel“

Sänger Eckhart C. hat mit Religion nicht viel am Hut: „Von mir aus muss es keine Kirchen geben“, sagt der 67-Jährige. Er hoffe, dass die neue Synagoge eine Art Begegnungsstätte für verschiedene Kulturen werde. „Wenn Menschen herkommen, um hier ihren Glauben zu pflegen, gibt das bestimmt gute Energie fürs Viertel.“ Überhaupt sieht Eckhart C. die Synagoge als Bereicherung für den Stadtteil. „Das wird bestimmt ein schöner Bau. Für die jüdische Gemeinde ist es eine wichtige Geste. Und für uns alle irgendwie ein Akt der Versöhnung.“  

Eckhart C.

Anwohner Eckhart C.: „Das wird bestimmt ein schönes Gebäude.“

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Florian Quandt

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Nissim Mizrahi, der um die Ecke die Bar „Liebling“ führt, in der er in Nicht-Corona-Zeiten auch als Musiker auftritt, ist selbst Jude. „Ich finde die Pläne super!“, sagt der 57-Jährige. Nicht nur, weil der Weg zur Synagoge, die er allerdings nur an den hohen Feiertagen besucht, dadurch kürzer würde, sondern vor allem wegen der Bedeutung des Projekts. „Der Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge wäre ein wichtiges Statement für ganz Deutschland. Ein Zeichen, dass man dem Antisemitismus keine Chance gibt“, sagt Mizrahi. „Das Gebäude könnte dafür sorgen, dass Berührungsängste verschwinden. Es hilft zur Aufklärung.“ Dem Argument einiger Neubau-Gegner innerhalb der jüdischen Gemeinde, die den Joseph-Carlebach-Platz als klaffende Wunde in der Stadt und damit als Mahnmal erhalten wollen, setzt Mizrahi entgegen: „Der Platz ist als Gedenkstätte kaum erkennbar. Auch die neue Synagoge kann Mahnmal sein.“

Nissim Mizrahi

Anwohner Nissim Mizrahi (57): „Ein wichtiges Zeichen für ganz Deutschland. Ein Zeichen, dass man dem Antisemitismus keine Chance gibt.“

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Florian Quandt

Gemeindemitglied: „Auch ein Substitut kann ein Denkmal sein“

Ähnlich sieht es ein junges Mitglied der jüdischen Gemeinde, der wie der andere Passant seinen Namen nicht nennen möchte: „Die neue Synagoge darf kein Pflaster sein. Sie darf nicht als Wiedergutmachung begriffen werden. Der Joseph-Carlebach-Platz ist ein besetzter Ort. Die Herausforderung wird sein, eine Leerstelle zu füllen und dabei einen Ort des Gedenkens zu schaffen. Anderswo ist das auch gelungen. Am Ground Zero in New York. Auch ein Substitut kann ein Denkmal sein!“

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