Viel günstiger als Straßen? Das kosten Radwege wirklich in Hamburg
Oft gleichen sie vor lauter Schlaglöchern einer Mondkraterlandschaft, mal sind sie viel zu eng, mal hören sie mitten auf der Straße auf: Hamburgs Radwege wurden in einer auf Autoverkehr ausgelegten Stadt lange vernachlässigt. Ändern will das Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) – seit seinem Amtsantritt 2020 wurde so viel Geld für den Radverkehr ausgegeben, wie noch nie zuvor. Aber wie viel kostet eigentlich ein Radweg?
Oft gleichen sie vor lauter Schlaglöchern einer Mondkraterlandschaft, mal sind sie viel zu eng, mal hören sie mitten auf der Straße auf: Hamburgs Radwege wurden in einer auf Autoverkehr ausgelegten Stadt lange vernachlässigt. Ändern will das Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) – seit seinem Amtsantritt 2020 wurde so viel Geld für den Radverkehr ausgegeben, wie noch nie zuvor. Aber wie viel kostet eigentlich ein Radweg?
„Ich bekomme häufig die Frage gestellt, warum Fahrradinfrastruktur so teuer ist“, sagte der Senator erst Anfang April bei einer Lesung der Hamburger Mobilitätsautorin Katja Diehl. Dabei, so Tjarks weiter, sei das gar nicht der Fall. „Sie ist sogar vergleichsweise günstig.“ Stimmt das?
Radfahren in Hamburg: So viel kosten Radwege
Ein Blick auf die Zahlen: Laut Verkehrsbehörde kostet ein Kilometer eines bis zu vier Meter breiten Radschnellwegs zwischen einer und 2,5 Millionen Euro. „Das ist vom Aufwand abhängig“, erklärt Dennis Krämer, Sprecher der Verkehrsbehörde. „Eine Markierungslösung ist relativ günstig. Werden aber viele Umbauten oder Brücken benötigt, sind die Kosten entsprechend höher.“
Vom gleichen Geld könne die Behörde laut eigenen Angaben etwa 250 Meter Kreisstraße oder gerade einmal 100 Meter Autobahn bauen. Dazu kommt: Im Vergleich zu Autobahnen oder Schienenprojekten hätten Radwege kurze Planungs- und Bauzeiten und nutzten sich nicht so schnell ab.
Dass Kilometerkosten für Autobahnen tatsächlich schnell mal zu dreistelligen Millionenbeträgen werden, zeigt sich an der Hamburger Hafenautobahn A26 Ost. Deren Kosten werden inzwischen mit 1,85 Milliarden Euro beziffert. Das entspricht auf der 9,7 Kilometer langen Strecke circa 190,7 Millionen Euro pro Kilometer. Darf’s noch ein bisschen teurer sein? In Berlin stiegen die Kosten für den Ausbau der Stadtautobahn A100 auf 700 Millionen Euro. Umgerechnet sind das 218,7 Millionen Euro pro Kilometer – auch wegen des aufwändigen Lärmschutzes.
Radfahren in Hamburg: Protected Bikelanes sind teurer
Auch beim Rad variieren die Kosten allerdings stark. Da gibt es die breiten Radschnellwege, wie sie zum Beispiel von Elmshorn in die City gebaut werden. Es gibt die provisorischen Pop-Up-Bikelanes, wie in der Hallerstraße, oder die Protected Bikelanes, die mithilfe einer physischen Barriere vom Autoverkehr abgetrennt sind. Eine davon befindet sich in der Hannoverschen Straße in Harburg.

„Eine Protected Bikelane ist teurer als eine Pop-Up-Bikelane“, so Krämer. „Dafür bietet diese aber auch mehr Sicherheit und Komfort.“ Im Vergleich: Der 600 Meter lange Pop-Up-Radweg zwischen Grindelberg und Rothenbaumchaussee kostete rund 179.000 Euro, während die 550 Meter lange Protected Bikelane in Harburg auf stolze 2,6 Millionen Euro kam. Allerdings waren dort die Grundinstandsetzung der Straße sowie die Modernisierung der Entwässerungsanlagen mitinbegriffen.
Radfahren in Hamburg: Stadt investierte 91 Millionen Euro
Denn werden in Hamburg Radwege gebaut, nutzt die Stadt oft die Gelegenheit und saniert gleich auch Straße und Gehweg, Kanalisation und unterirdische Leitungen. Hier ist es dann laut Krämer nicht möglich, die Einzelkosten für den Radverkehr aufzudröseln. Ein Beispiel dafür ist die Esplanade in der Hamburger Innenstadt.
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Henning Grabow vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer kann die Autostraßen-Sanierungskosten ebenfalls nicht pauschal beziffern. Einen kleinen Anhaltspunkt liefert aber eine Mitteilung des Senats von 2018, in der die „Herstellungskosten“ der kompletten Hamburger Straßen mit 63 Euro pro Quadratmeter angegeben werden. „Real dürften die heutigen Kosten aber um ein Vielfaches höher liegen“, so Grabow.
Insgesamt investierte Verkehrssenator Tjarks im vergangenen Jahr 91 Millionen Euro in Hamburgs Radverkehr. Ein sprunghafter Anstieg – im Jahr 2017 lagen die Ausgaben noch bei 21,1 Millionen Euro. Trotzdem schrammte der Senator an seinem selbstgesteckten Radwegausbau-Jahresziel von 60 bis 80 Kilometern vorbei. Viele Planungen müssten überarbeitet werden, da sich der Qualitätsanspruch an Radwege verändert habe.
Ziel ist es, mit breiten, glatten, sicheren Wegen mehr Menschen vom Fahrrad zu überzeugen. Immerhin sind bereits 24 Prozent mehr Radler in Hamburg unterwegs als noch 2019 – das dürfte allerdings hauptsächlich an der Corona-Pandemie liegen.