Bei Regen und Kälte: So schaffen Sie es, jeden Tag zur Arbeit zu radeln
Wie bekämpft man den inneren Schweinehund und wird zum Rad-Pendler? MOPO-Redakteur Mathis Neuburger radelt bei jedem Wetter zur Arbeit. Hier erzählt er, was aus seiner Sicht die wichtigsten Punkte sind.
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Zu anstrengend, zu unbequem – und dann das Wetter: Ausreden, nicht mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, gibt es viele. Dabei ist nichts schöner, gesünder und günstiger, als mit einer Radtour in den Tag zu starten. Aber jeden Tag, auch im Herbst und Winter, bei Regen und Kälte? Das ist leichter, als viele denken: Nach zwei Wochen gewöhnt man sich an die Anstrengung, wird schneller – und nach ein paar Monaten sind viele süchtig nach Radfahren. Netter Nebeneffekt: Man bleibt oder wird schlank und spart viel Geld. Doch wie bekämpft man den inneren Schweinehund und wird zum Rad-Pendler? MOPO-Redakteur Mathis Neuburger radelt bei jedem Wetter zur Arbeit. Hier erzählt er, was aus seiner Sicht die wichtigsten Punkte sind.
Klar, bei Sonne macht Radfahren mehr Spaß als im Regen. Aber wir leben in Hamburg und nicht auf Mallorca. Also regnet es im Schnitt an jedem zweiten Tag im Jahr. Wer morgens mit skeptischem Blick in den Himmel schaut, hat also schon verloren. Dunkle Wolken, kalter Wind, Niesel – eine Ausrede findet sich immer. Das Wichtigste daher: Ob ich mit dem Rad fahre, darf nicht zur Disposition stehen. Nur wie. Und da kommt es auf die Kleidung an.
Die richtige Kleidung
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung: Fürs Radfahren gilt das umso mehr. Um weder unterkühlt noch durchgeschwitzt im Büro anzukommen, braucht es etwas Erfahrung – viel Geld ist zum Glück nicht nötig, wenn man sich ans Zwiebelprinzip hält.
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Je nach Temperatur und Wetter werden dabei mehrere Lagen übereinander gezogen – am besten Funktionskleidung, damit die Feuchtigkeit nach außen geleitet wird. Ich trage meist Funktions-Shirts (dickere mit langen Ärmeln im Winter, dünnere im Sommer) und als zweite Lage eine dünne Jacke mit Reißverschlüssen unter den Ärmeln (Belüftung!) und akzeptablem Regenschutz. Mehr als 100 Euro muss die nicht kosten, je nach Temperatur kommt dann noch ein dünnes oder dickeres Fleece drunter, bei Minusgraden auch noch eine Daunenjacke.
Faustregel: Ist einem in den ersten Minuten zu kalt, ist man richtig angezogen – wer warm eingepackt losfährt, schwitzt nach kurzer Zeit.
Bei Regen: Dünne Regenhose drüberziehen, fertig. Klein gefaltet ist die im Winter immer dabei. Schüttet es heftiger, sind Regenüberschuhe sehr praktisch (gibt’s ab 20 Euro). Und gute Handschuhe lohnen sich, ebenfalls für Frühjahr/Herbst und Winter.
Wechselkleidung, frische Hemden, Jackets kann man meist bei der Arbeit lagern. Bei Jeans und Hosen achte ich auf einen kleinen Elastan-Anteil, der sie flexibel macht – spezielle Radhosen sind nicht nötig.
Das richtige Fahrrad
Das Schöne am Radfahren: Es ist unschlagbar günstig. Für ein paar Hundert Euro gibt es gute Gebrauchte bei vielen Händlern in Hamburg, vom Hollandrad bis zum Rennflitzer. Ich fahre ein 30 Jahre altes Rennrad, das hat 350 Euro gekostet und ist wunderbar.
Denn auch wenn die Industrie ständig neue Trends produziert: Ein gutes altes Rad ist nicht schlechter als ein gutes Neues, wirklich Revolutionäres hat sich da nicht getan. Außer bei den E-Bikes: Wer mit Motor fahren möchte, was für viele die Hürde deutlich senkt, muss tiefer in die Tasche greifen. Da aber lohnt sich die Kalkulation:
Wer konsequent Rad fährt, spart HVV-Ticket oder Autokosten, da hat sich selbst ein mehrere Tausend Euro teures E-Bike nach wenigen Jahren amortisiert. Viele Firmen bieten zudem Leasing-Optionen an, zur Probe kann man E-Bikes auch bei Anbietern wie Swapfiets ab 60 Euro monatsweise leihen.
Was braucht ein Rad?
Zum Glück nicht viel: eine Klingel, anständige Bremsen, Licht natürlich – und Schutzbleche. Wer immer Rad fährt, fährt ja auch bei Regen – und nichts ist nerviger, als von oben UND unten nass (und dreckig) zu werden.
Die richtige Pflege
Räder sind herrlich simple Produkte. Öl auf die Kette, ab und zu putzen, die Reifen gut aufpumpen – mehr braucht es erstmal nicht. Sinnvoll: Die Kette im Winter regelmäßig von Sand und Dreck befreien, dann hält der gesamte Antrieb länger.
Die richtigen Reifen
Mit das wichtigste am Rad sind die Reifen. Nichts ist nerviger als ein Platten, ob durch Split im Winter oder Glasscherben im Sommer. Die gute Nachricht: Hersteller wie Schwalbe und Continental produzieren hervorragende Reifen, ich hatte gerade mal einen Platten auf den letzten 10.000 Kilometern. Im Fachhandel beraten lassen!
Ist Radfahren nicht gefährlich?
Das Gefährlichste beim Radfahren sind die Autofahrer. Die müssen einen sehen – dafür braucht es gute Lichter (ich habe sie auch tagsüber an). Auch Warnweste, Reflektorstreifen etc. erhöhen die Sichtbarkeit deutlich. Dennoch: Auf dem Rad ist man auch mit einem Helm nicht so gut geschützt wie in einem 2-Tonnen-SUV. Dafür verringert sich die Wahrscheinlichkeit ungemein, an einem Herzinfarkt zu sterben.
Schnee ist cool, Eis nicht
Gute Nachricht: Die Stadtreinigung räumt im Winter jetzt auch gezielt Radwege. Bei Schnee lässt es sich zudem erstaunlich gut radeln, man muss halt langsamer fahren und aufpassen. Da die Flocken ganz schön in den Augen weh tun können, empfehle ich eine ungetönte Schneebrille. Auch spezielle Winterreifen mit mehr Grip können Sinn machen.
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Wirklich gefährlich ist nur Eis. Wer stets die gleiche Strecke fährt, weiß bald, wo gefährliche Stellen sind. Trotzdem rutsche ich pro Winter mindestens einmal weg. Bei Eis daher lieber ausnahmsweise Bus und Bahn fahren. Geht ja nur um ein paar Tage im Jahr.
Vor dem Start frühstücken?
Jeder Sportler weiß: Mit vollem Bauch trainiert es sich schlecht. Mir reicht morgens ein Kaffee, und Intervallfasten ist ja eh ein großer Trend. Aber auch ein kleiner Snack schadet nicht. Ernährungsexperten empfehlen etwa Obst, Joghurt oder Nüsse, das belastet wenig und sorgt für die nötige Energie.
Welche Distanz ist zu lang?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Gerade mit E-Bikes können auch Untrainierte problemlos längere Distanzen meistern. Je öfter man fährt, desto mehr hilft der Trainingseffekt (deshalb habe ich mein E-Bike nach einiger Zeit wieder verkauft).
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Schön vor schnell
Letzter Tipp: Nicht den direktesten Weg nehmen, sondern den schönsten. Am Wasser entlang, durch Parks, auf gut ausgebauten Velorouten – so macht Radfahren noch mehr Spaß.