Moderne Medizin auf dem Vormarsch: Ich wurde von einem Roboter operiert
Ein Medizin-Roboter namens da Vinci, der vier Arme hat, an denen verschiedene Instrumente befestigt sind? Was klingt wie aus einem Science Fiction Film, ist in vielen Hamburger Kliniken längst Realität: OPs, die via Joystick und Konsole mit hochtechnisierten Maschinen durchgeführt werden. Ich selbst wurde mit dem da Vinci operiert. Hier ist mein Erfahrungsbericht.
Ein Medizin-Roboter namens da Vinci, der vier Arme hat, an denen verschiedene Instrumente befestigt sind? Was klingt wie aus einem Science Fiction Film, ist in vielen Hamburger Kliniken längst Realität: OPs, die via Joystick und Konsole mit hochtechnisierten Maschinen durchgeführt werden. Ich selbst wurde mit da Vinci operiert. Hier ist mein Erfahrungsbericht.
Nach ständig wiederkehrenden Problemen mit einem Bauchorgan riet mir mein Arzt dringend zu einer OP. Ich entschied mich für das Krankenhaus St. Adolf Stift in Reinbek. Bei der OP-Vorbesprechung eröffnete mir der Arzt, dass nicht er, sondern ein Roboter mich operieren werde.
Darauf war ich nicht vorbereitet: Vor meinen Augen spielten sich filmreife Szenen ab, in denen ich eine Narkosespritze erhalte, mich danach eine blecherne Menschmaschine auf den OP-Tisch legt und zu operieren beginnt. Doch der Operateur Dr. Shahram Khadem war auf meine Skepsis vorbereitet.
Krankenhaus Reinbek: Bei der OP hilft ein Roboter
Demnach sollte für meine OP der „da Vinci“-Roboter zum Einsatz kommen – ein je nach Ausstattung rund 1,5 bis zwei Millionen Euro teures Gerät mit vier tentakelähnlichen Armen. Sie sollen die OP-Instrumente unter meine Bauchdecke führen, mit denen die schadhafte Stelle des bei mir betroffenen Organs entfernt werden sollte. Der Chirurg selbst würde diese Arme von einer Station abseits des OP-Saals mit Joysticks steuern. Zur Unterstützung und um eingreifen zu können, falls während der OP Komplikationen auftreten, steht ein steril gekleideter Assistenzarzt immer am OP-Tisch. Außerdem eine OP-Schwester und der Narkosearzt.

Beruhigend klang das erstmal nicht für mich, doch Dr. Khadem nahm sich die Zeit, mir die neuen Möglichkeiten der minimalinvasiven OP-Methoden zu erklären – und dass der Roboter lediglich unterstützend zum Einsatz komme. Er selbst gilt als ausgesprochener Fachmann im Umgang mit „da Vinci“. Die robotisch unterstützte OP ist ein Quantensprung gegenüber der „Schlüsselloch-OP“, bei der die Ärzte durch die in den Bauchraum geführten Trokare (hohle Edelstahlröhren) Instrumente samt Minikamera steckten und selbst die Instrumente händisch unter der Bauchdecke führten. Diese Methode hielt ab Mitte der 80er Jahre Einzug in die Operationssäle.
Einsatz des OP-Roboter wird von Fall zu Fall entschieden
Davor waren solche Operationen nur per Bauchschnitt möglich: Bauchdecke und Muskulatur wurden durchtrennt und heilten nur sehr langsam. Dadurch blieben die Patienten manchmal wochenlang im Krankenhaus. Ich selbst saß zwölf Stunden nach der OP schon wieder aufrecht im Bett und konnte nach vier Nächten die Klinik verlassen. In dieser Zeit mussten kaum Schmerzmittel verabreicht werden.

Der „da Vinci“-Roboter wurde eigentlich erfunden, um Operationen durchzuführen, bei der Arzt und Patient örtlich getrennt sind. Zum Beispiel bei Kriegsverletzungen, die ein weit entfernter Facharzt via Konsole operieren könnte. Das scheitert aber nach wie vor an der Instabilität der Digitalnetze. Kliniken erkannten aber den Vorteil, wie schonend mit dem Roboter operiert werden kann.
„Kein Patient liegt gerne in einer Klinik. Erst recht nicht tage- und wochenlang. Die robotisch unterstützte Operation ist so zielgenau und schonend, dass die Patienten in den meisten Fällen schon kurz nach der OP wieder mobilisiert werden können und der Heilungsverlauf beschleunigt fortschreitet“, sagt Dr. Khadem.
Hohe und regelmäßige Wartungskosten
Viele Kliniken schrecken aber nicht nur von dem Anschaffungspreis, sondern auch vor den Wartungskosten zurück. Spätestens nach jeder zehnten OP entscheidet der Roboter selbst, dass das OP-Istrumentarium erneuert werden soll. So gibt es in ganz Deutschland lediglich nur etwa 100 Kliniken die über einen „da Vinci“-Roboter verfügen.
In Hamburg gibt es drei bei den Asklepios Kliniken (Barmbek, Altona und Harburg), sowie jeweils einen im UKE und im Albertinenkrankenhaus (Schnelsen). Laut einem Sprecher der Asklepios-Kliniken habe man sich trotz der hohen Kosten bewusst für die dreifache Anschaffung entschieden, um diese strategisch günstig aufzustellen, damit sie möglichst vielen Patienten für schonende OPs zur Verfügung stehen. Und das ohne zusätzliche Kosten für die Patienten.
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Der „da Vinci“ ist aufgrund seiner Präzision vielfältig einsetzbar. Dank des dreidimensionalen Blicks auf das OP-Geschehen kann ohne großen Blutverlust operiert werden. Urologische OPs und Operationen an Organen im Bauchraum gehören inzwischen zum Standard. Möglich sind aber auch Lungen- und Blutgefäß-OPs. Sogar Eingriffe bei Schilddrüsen-Operationen. Hierbei bahnen sich die Instrumente an den Armen des Roboter ihren Weg durch den Mund. Die sonst übliche und gut sichtbare Narbe am Hals fällt damit weg.
Krankenkassen zahlen Fallpauschalen für den Einsatz, die nicht immer kostendeckend sind
„In unserem Hause wird der ,da Vinci’ immer häufiger eingesetzt. Krankenkassen zahlen Fallpauschalen für den Einsatz, die nicht immer kostendeckend sind. Mit dieser Pauschale müssen wir haushalten, dennoch entscheiden wir uns häufig für den Einsatz zum Wohle des Patienten und nicht aus Kostengründen dagegen“, sagt eine Sprecherin des Krankenhaus Reinbek. Wie die MOPO aus Medizinerkreisen erfuhr, eine Praxis, die nicht überall so angewandt wird. Einige Krankenhäuser verlangen vom Patienten eine Zusatzzahlung dafür, dass die OP mit dem „da Vinci“ durchgeführt wird.
Und bei mir? Mich hat da Vinci überzeugt: Alles was von meiner OP blieb, waren drei etwa einen Zentimeter lange Narben am Bauch sowie eine etwas längere Narbe, durch den das abgetrennte Teil des betroffenen Organs geborgen wurde.