Verkehrswende für den Speckgürtel: Schneller nach Hamburg – nur wie?
Hunderttausende Menschen pendeln täglich nach Hamburg oder ins Umland. Ihre Beschwerdeliste ist lang: Stellwerkstörungen, verkürzte Zugstrecken und schlecht angebundene Bushaltestellen sind nur ein kleiner Teil davon. Das soll sich in Zukunft ändern – die vier norddeutschen Bundesländer haben große Pläne. Wie und vor allem ab wann sollen Pendler davon etwas merken? Das entscheidet sich vor allem an einem Knotenpunkt – und der Frage, auf welches Verkehrsmittel die Politik jetzt setzt.
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Hunderttausende Menschen pendeln täglich nach Hamburg oder ins Umland. Ihre Beschwerdeliste ist lang: Stellwerkstörungen, verkürzte Zugstrecken und schlecht angebundene Bushaltestellen sind nur ein kleiner Teil davon. Das soll sich in Zukunft ändern – die vier norddeutschen Bundesländer haben große Pläne. Wie und vor allem ab wann sollen Pendler davon etwas merken? Das entscheidet sich vor allem an einem Knotenpunkt – und der Frage, auf welches Verkehrsmittel die Politik jetzt setzt.
„Ohne gute Zusammenarbeit hat die Mobilitätswende keine Chance“, so bringt Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) das Ziel auf den Punkt. Am Donnerstag trafen sich Vertreter von Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zur Regionalkonferenz, die zum ersten Mal seit der Pandemie wieder stattfand.
Regionalkonferenz mit Fokus auf Mobilitätswende
Ein Dreh- und Angelpunkt der Zusammenarbeit bleibt der Hamburger Hauptbahnhof, der schon jetzt mit circa 450.000 Reisenden pro Tag aus allen Nähten platzt. Deshalb soll er vergrößert werden. „Zeitgleich planen wir den S-Bahn-Verbindungstunnel zwischen Hauptbahnhof und Altona. Dadurch werden vier Gleise für den Fern- und Regionalverkehr frei“, kündigt Tjarks an. Zwei Milliarden Euro kostet allein der Verbindungstunnel. Ende der 2030er Jahre soll der Hauptbahnhof dann voraussichtlich deutlich leistungsfähiger sein als heute.
Bedeutet das auch, dass Regios aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein nicht mehr nur bis nach Hamburg fahren und dann wieder umkehren, sondern künftig durchfahren? Auf das Thema angesprochen hält Tjarks sich bedeckt. 2020 war diesbezüglich eine Untersuchung angekündigt. „Das Gutachten ist noch nicht fertig, weil es erweitert wurde“, sagt der Verkehrssenator. „Es ist eine Option, die Attraktivität verspricht, mehr kann ich dazu derzeit nicht sagen.“ Sicher sei nur, dass viel mehr Regionalzüge nach Hamburg fahren müssten.
S-Bahn-Linie 21 wird bis nach Kaltenkirchen verlängert
Das könnte allerdings noch dauern. Wesentlich früher, Ende 2025, soll derweil die S21 bis nach Kaltenkirchen verlängert werden. Erst diese Woche war Baustart, nachdem Planänderungen das Projekt um fünf Jahre verzögert hatten. „Diese Linie könnte in Konkurrenz mit der Autobahn treten, genauso wie die neue S4 nach Bad Oldesloe“, so Tjarks. Alles verändern für die Umland-Pendler werde aber eindeutig das 49-Euro-Ticket: „Mit dem neuen Preis sparen die Fahrgäste bis zu 1400 Euro im Jahr.“
Radschnellnetz soll auf 300 Kilometern gebaut werden
Ein ernstzunehmender Konkurrent will auch dieses Projekt werden: Das 300 Kilometer lange Radschnellnetz, das einmal von Hamburg aus auf sieben Strecken in die benachbarten Bundesländer führen soll. Eine davon reicht bis nach Elmshorn im Kreis Pinneberg. Die Machbarkeitsstudie hierzu ist abgeschlossen, bald soll es in die Umsetzung gehen. „Es muss das Ziel sein, dass der erste Weg der Menschen nicht mehr zum Auto führt“, sagt die parteilose Landrätin Elfi Heesch.
Auffällig: Während der Verkehrssenator und die Landrätin vor allem auf die Auto-Alternativen pochten, bezog sich Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zuallererst auf die geplanten Autobahnen. „Selbstverständlich begrüßt der Senat den Bau der A26-Ost, die die Verkehre bündeln und aus dem Zentrum rausbringen wird“, sagte er. Damit scheint ein Machtwort gesprochen, nachdem die grüne Bürgerschaftsfraktion die Pläne in der vergangenen Woche doch wieder angezweifelt hatte. 2031 soll die 9,7 Kilometer lange Autobahn eine Querverbindung zwischen A7 und A1 über Moorburg und Wilhelmsburg schaffen. Das Projekt wird von Naturschützern seit Jahren kritisiert.