Milliarden-Tunnel, U5, Hauptbahnhof: Wie sich der Nahverkehr in Hamburg verändert
Hier wird ein neuer Tunnel gebuddelt, dort eine Haltestelle aus dem Boden gestampft oder sogar eine komplett neue U-Bahn Linie geplant: Hamburg hat sich für die kommenden Jahre und Jahrzehnte viel vorgenommen, um den ÖPNV in der Hansestadt drastisch zu verändern: Bis 2030 soll jedem Hamburger innerhalb von fünf Minuten ein Verkehrsangebot zur Verfügung stehen. Das beinhaltet auch Car-Sharing und E-Scooter, aber Öffis werden den größten Anteil daran stemmen müssen. Die MOPO analysiert, was sich durch die neuen Verkehrsprojekte in der Stadt ändern wird.
Hier wird ein neuer Tunnel gebuddelt, dort eine Haltestelle aus dem Boden gestampft oder sogar eine komplett neue U-Bahn Linie geplant: Hamburg hat sich für die kommenden Jahre und Jahrzehnte viel vorgenommen, um den ÖPNV in der Hansestadt drastisch zu verändern. Das Ziel: Bis 2030 soll jedem Hamburger innerhalb von fünf Minuten ein Verkehrsangebot zur Verfügung stehen. Das beinhaltet auch Car-Sharing und E-Scooter, aber Öffis werden den größten Anteil daran stemmen müssen. Die MOPO analysiert, was sich durch die neuen Verkehrsprojekte in der Stadt ändern wird.
Mammut-Projekt U5: Eine neue U-Bahn-Linie für Hamburg
Vor fast acht Jahren stellten die Hochbahn und der Senat die allerersten Überlegungen zur U5 vor – Ende 2022 soll es endlich mit den Bauarbeiten auf dem ersten 5,8 Kilometer langen Abschnitt in der City Nord losgehen. Anfang 2023 folgen Steilshoop und Bramfeld. Im Jahr 2027 soll der Probebetrieb starten. Derzeit sind allerdings noch Klagen beim Oberverwaltungsgericht gegen den Bauabschnitt anhägig.
Insgesamt soll die U5 von der City Nord über die Innenstadt bis nach Stellingen zu den Arenen fahren – und das vollautomatisch. Im Zentrum werden voraussichtlich die Asklepios-Klinik in St. Georg, der Hauptbahnhof Nord, der Jungfernstieg und der Stephansplatz angefahren. Am Hauptbahnhof sollen dafür die zwei Geister-Tunnel neben den U2-Tunnel reaktiviert werden. Die Kosten für den ersten Abschnitt betragen 1,8 Milliarden Euro. Bis die U5 dann täglich Fahrgäste durch die Stadt transportieren wird, kann es noch bis weit in die 30er Jahre dauern.
Von Altona bis nach Bad Oldesloe: Die neue S4
Der Spatenstich wurde hier schon gesetzt: Im Mai 2021 hat der Bau des ersten S4-Abschnitts von Hasselbrook bis Luetkensallee begonnen, im Oktober gab auch das Bundesverwaltungsgericht grünes Licht. Alle eingereichten Klagen gegen den drei Kilometer langen Abschnitt in Wandsbek wurden damit abgewiesen.
Die neue S-Bahn-Linie soll von Altona bis nach Bad Oldesloe fahren und ab 2029 bis zu 25.000 Menschen in Wandsbek, Marienthal, Tonndorf, Rahlstedt und im Kreis Stormarn an das Hamburger Schnellnetz anschließen. Das Projekt kostet 1,85 Milliarden Euro, wovon der Bund 84 Prozent trägt. Den Rest teilen sich die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg sowie die Deutsche Bahn zu unterschiedlichen Anteilen.
Schneller und öfter: Das tut sich im Hamburger Busverkehr
An etwa 10.000 Bushaltestellen sind täglich fast 700 Buslinien im gesamten HVV-Gebiet unterwegs. Um den Busverkehr leistungsfähiger zu machen, sollen spezielle Ampelschaltungen eingesetzt werden, die für die Busse früher auf Grün schalten. Dazu werden längere Fahrzeuge eingesetzt und Haltestellen an verkehrsstrategisch bessere Punkte verlegt – zum Beispiel hinter Ampeln. Im Stadtgebiet wird es mehr Bus-Fahrspuren geben, sodass der Bus nicht im Stau stehen muss.
Auf der Buslinie M26 im Teilabschnitt Rahlstedt kommunizieren derweil Ampeln und Busse digital miteinander. So wird den Fahrern angezeigt, ob sie bei der Geschwindigkeit noch die Ampel bekommen oder nicht. Zusätzlich erkennen die Ampeln per Infrarot Radfahrer und E-Scooter und können vor möglichen Kollisionen warnen. Das Projekt soll auch auf andere Buslinien ausgeweitet werden. Indes stattet die Hochbahn ihre 700 Busse mit Monitoren aus, die die Ankunft in Echtzeit berechnen und mögliche Umstiege anzeigen.
Eine neue S-Bahn Haltstelle für Ottensen
Mit der neuen S-Bahn-Haltestelle Ottesen für S1 und S11 soll die Lücke zwischen Altona und Bahrenfeld geschlossen werden. Pro Tag sollen laut Angaben der Deutschen Bahn hier 5000 Fahrgäste die Station nutzen. Im Einzugsbereich bestehe sogar ein Potenzial von 11.000 Fahrgästen.
In Planung befindet sich der Bahnhof bereits seit 2003. Nach den ursprünglichen Plänen hätte die Eröffnung sogar schon vor sechs Jahren stattfinden sollen, zuletzt wurde sie erneut verschoben. Diesmal auf Dezember 2022. Schuld waren offenbar Verzögerungen beim Bau der neuen Gleisanlage und der Signaltechnik.
Neues von der U4: So verlängert sich die U-Bahn
Die U4 soll sich planmäßig in beide Richtungen ausdehnen. Im Februar 2020 wurde mit dem Bau in Horn begonnen. Dort entstehen zwei neue Haltestellen – Stoltenstraße und Horner Geest – sowie ein Anbau an der Horner Rennbahn. 13.000 Anwohner sollen so schneller durch die Stadt kommen. 2026 soll die neue U-Bahn eröffnet werden.
Im Süden wagt die U4 dann von der heutigen Endhaltestelle Elbbrücken den Sprung über die Elbe und rüber auf den Grasbrook. Dort entsteht in den kommenden Jahren auf einer Fläche von rund 65 Hektar ein neuer Stadtteil mit etwa 3000 Wohnungen, 16.000 Arbeitsplätzen, Kitas, einer Grundschule, Läden und Kulturangeboten. Möglich machen soll die Querung über die Norderelbe eine neue U-Bahn-Brücke.
Gläserne Halle: So soll der neue Hauptbahnhof aussehen
Im Dezember haben Stadt und Bahn die Erweiterungspläne für den 1906 errichteten Hauptbahnhof vorgestellt. Der Mega-Entwurf beinhaltet eine riesige Halle mit Glasdach an der südlichen Bahnhofsfassade. Diese Passage soll die City mit St. Georg verbinden. Mit täglich 550.000 Reisenden und Pendlern ist der Knotenpunkt der zweitmeist frequentierte Bahnhof in ganz Europa. 2040 könnten es durch die neue U5 und den Deutschland-Takt 750.000 Menschen pro Tag werden.
Im Osten soll eine weitere kleinere „Nord-Süd-Passage“ entstehen, durch die Reisende leichter vom Norden des Bahnhofs in den südlichen Bereich kommen sollen. Außerdem wird es künftig im Norden in Richtung Binnenalster und Kunsthalle einen Eingang geben, sodass der Bahnhof von allen vier Seiten betreten werden kann. Kritik gibt es vom Denkmalverein Hamburg – unter anderem verbaue man so die historische Südfassade des Gebäudes. Sowohl Kosten als auch Zeitplanung stehen noch nicht fest – klar ist nur, dass es lange dauern wird.
Verlegung Fernbahnhof Altona nach Diebsteich
Eins der umstrittensten Verkehrsprojekte Hamburgs: Im Juli 2021 haben nach mehrjähriger Verzögerung die Bauarbeiten für den neuen Fernbahnhof Altona begonnen, der am heutigen S-Bahnhof Diebsteich entstehen soll. 2027 soll der neue Fernbahnhof dann den rund zwei Kilometer südlich gelegenen Kopfbahnhof Altona im Fern- und Regionalverkehr ersetzen. Laut der Deutschen Bahn können dort 380 Züge pro Tag zusätzlich halten – 25 Prozent mehr als vorher.
Die Kosten des Projektes werden mit 548 Millionen Euro beziffert, rund 180 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. Begründet werden die Mehrkosten mit einem zweijährigen, gerichtlich verfügten Baustopp, den der Verkehrsclub VCD im Jahr 2018 wegen planerischer Mängel durchgesetzt hatte. Die Klage kam erst vom Tisch, als sich Bahn, Hamburg und VCD im Jahr 2020 in einem Vergleich auf Nachbesserungen geeinigt hatten. Auch diese haben nach Bahnangaben die Projektkosten in die Höhe getrieben.
Ein neuer Milliarden-S-Bahn-Tunnel für Hamburg
Weil die Deutsche Bahn den Deutschland-Takt – das heißt: mehr ICEs in kürzerer Zeit – realisieren möchte und Hamburg als Knotenpunkt dabei eine wichtige Rolle spielt, braucht das hiesige Streckennetz mehr Platz. Heißt konkret: Zwischen dem neuen Fernbahnhof Altona in Diebsteich und dem Hauptbahnhof soll ein sechs Kilometer langer S-Bahn Tunnel entstehen. Die bereits bestehenden S-Bahn-Gleise würden dann für den Regional- und Fernverkehr umgebaut werden. Wie die Strecke genau verläuft, ist noch unklar. Auch, ob und welche bislang bestehnden S-Bahn-Stationen dann wegfallen oder entstehen ist laut Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) noch nicht geklärt.
In der laufenden Machbarkeitsstudie werden drei Varianten überprüft, die noch alles offenlassen und – zumindest öffentlich – noch nicht genauer bekannt sind. Eine der Versionen verläuft nahe der heute bereits bestehenden Verbindungsbahn, eine nördlich und die andere südlich von ihr. Kosten für das Projekt: Geschätzt 2,6 Milliarden Euro. Ob Hamburg, der Bund oder beide zahlen, ist noch offen.
Neue S-Bahn in Hamburg ohne die Deutsche Bahn?
Die neue S-Bahn-Linie S32 soll die bisher vernachlässigten Stadtteile Lurup und Osdorf im Hamburger Westen anbinden. Unklar ist, wann es soweit sein soll. Die S-Bahn sollte sich usprünglich an der Haltestelle Holstenstraße ausfädeln und dann acht Kilometer über die Science City Bahrenfeld mit der Möglichkeit einer Verlängerung nach Schenefeld führen. Jetzt gibt es aber noch zwei weitere Varianten: Zum einen könnte die S32 auch durch den neu geplanten S-Bahn-Tunnel zwischen Altona und Hauptbahnhof fahren oder durch den bestehenden City-Tunnel, also über Jungfernstieg und Co.
Eigentlich ist die Deutsche Bahn für den Bau und Betrieb der S32 zuständig. Ein Antrag von Grünen und SPD hatte im September den Senat allerdings dazu aufgefordert, Alternativen zu prüfen. Schließlich könnte die S-Bahn auch auf Schienen anderer Anbieter fahren – oder die Stadt selbst könnte eingreifen.