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  • Der Angeklagte „Milliarden-Mike“ steht zu Beginn des Prozesses im Sitzungssaal.
  • Foto: picture alliance/dpa/dpa/Pool

„Milliarden-Mike“: Polizistin bestochen: Er wird Filmstar, sie ist ruiniert

Prozessbeginn gegen „Milliarden-Mike“ Wappler (65) und eine frühere Berliner Kommissarin (45). Es geht um Bestechung und Bestechlichkeit: Die Ex-Beamtin hat gestanden, gegen Geld für Mike Wappler Daten im Polizeicomputer abgefragt zu haben. „Körperliche und seelische Vergewaltigung mit Zustimmung“ wirft sie ihrem Mitangeklagten vor. Das weist Peter-Mike Wappler entschieden zurück. 

Andere Angeklagte halten sich Aktenordner vors Gesicht, sobald die Pressefotografen den Saal betreten. Nicht so Mike Wappler. Der nimmt sogar den Mundschutz herunter, steht kerzengerade. Noch sitzt er wegen Betruges hinter Gittern, mal wieder, wie 28 Jahre seines Lebens. Aber wenn er rauskommt, winkt eine Filmkarriere: „Ich habe zwei Filmverträge, für einen Kinofilm und eine Serie mit 11 Folgen. 11.000 Euro krieg ich pro Dreh!”

Seine Mitangeklagte hat sich einen schwarzen Schal um den Kopf gewickelt und ist weniger guter Dinge. Die einstige Kommissarin steht vor den Trümmern ihres Berufslebens und jobbt inzwischen in einem Ein-Euro-Laden.

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Sie ist die erste, die aussagt, stockend, unter Tränen. Sie sei spielsüchtig gewesen, sagt Stefanie H.. 2013 sei sie dermaßen verzweifelt gewesen, dass sie über Facebook prominente Menschen angebettelt hat: „Es war der letzte Versuch, auch wenn der gesunde Menschenverstand sagt, dass da keiner antwortet.“

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Die Ex-Beamtin verhüllt ihren Kopf

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picture alliance/dpa/dpa Pool

Es antwortete aber einer: Mike Wappler, notorischer Betrüger, Bestseller-Autor, schillernd, bekannt aus Funk und Fernsehen. „Die schrieb mir, sie ist Polizistin, ich dachte, die will mich verarschen“, erklärt „Milliarden-Mike“ vor Gericht: „Ich so: Ja, ja, und ich bin Oberstaatsanwalt.“

Sie trafen sich im Hotel Kempinski in der Fasanenstraße in Berlin: „Sie war in Uniform, zeigte sie mir ihren Dienstausweis, ich war geschockt!“, sagt Wappler. 

Was in der Folge geschah, darüber gehen die Aussagen auseinander. Die Ex-Beamtin erklärt, sie habe einen Anruf bekommen: „Mike Wappler würde mir 100.000 Euro geben, wenn ich mit ihm Sex habe.“ Irgendwann im Jahr 2014 sei es dann zu „der Sache im Hotel“ gekommen, wie die zweifache Mutter unter Tränen aussagt. „Eine körperliche und seelische Vergewaltigung mit Zustimmung“, nennt sie es.

Kein Kind von Traurigkeit: Peter „Milliarden-Mike“ Wappler bei einem Gespräch mit der MOPO (Archivbild).

Kein Kind von Traurigkeit: Peter „Milliarden-Mike“ Wappler bei einem Gespräch mit der MOPO (Archivbild).

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Quandt

Das weist Mike Wappler entschieden von sich. 2014 habe er in Dubai gelebt und Boxunterricht gegeben: „Ich habe die Söhne der Ölscheichs trainiert, die nie boxen lernen, weil sie es einfach nicht können.“

Fest steht: Aus dieser „Sache im Hotel“ leitet Stefanie H., damals noch Polizistin, fortan ihren Anspruch auf 100.000 Euro ab – und wird natürlich enttäuscht: „Er lachte mich aus: Du kriegst gar nichts, immerhin bin ich nicht zum Ende gekommen.“

Wappler sagt, ja, er habe ihr 100.000 Euro versprochen. Die Vorsitzende Richterin: „Hatten Sie vor, ihr das Geld zu geben?“ Wappler lacht: „Nein, um Gottes Willen, warum sollte ich? Ich wollte sie nur verarschen.“ Ob es zum Sex gekommen sei, will die Richterin wissen. Antwort: „Es gab Sex, aber ohne Geld.“

Unstrittig ist: 2017 bettelt die Beamtin Wappler, damals als Geldeintreiber aktiv, an, per Sprachnachricht. Mike Wappler kann kaum lesen und schreiben: „Mikey, ich wollte dich fragen, ob du mir einen kleinen Kredit gewähren kannst?“ Im Gericht sagt sie: „Ich habe es als mein Recht empfunden, dass er sich an unsere Vereinbarung hält.“

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Wappler kommt eine spielsüchtige Polizistin in Geldnöten zu Pass: Laut Anklage bittet er sie von Februar 2018 bis April 2019 zehn Mal, Daten aus dem Polizeirechner anzufragen. „Guck das mal nach, Mäuschen“, heißt es in den Sprachnachrichten, die für die Akten fein säuberlich erfasst wurden.

Die Idee, dass sie kostenpflichtig für ihn im Polizeicomputer recherchiert, sei von ihr gekommen, darauf legt Wappler Wert: „Die Vereinbarung war: 200 Euro für Anfragen zu mir, 100 Euro für Anfragen zu Dritten.“ Unwichtige Dinge habe er gefragt. Etwa vor einer Urlaubsreise, ob ein Haftbefehl gegen ihn vorliege, um peinliche Situationen am Flughafen zu vermeiden. Oder ob das Fahrverbot für seinen Kumpel, Schlagersänger Nino de Angelo, inzwischen aufgehoben ist. Oder wann seine Lebensgefährtin den entzogenen Führerschein zurück bekommt. Oder ob was gegen seine neue Freundin vorliege: „Ich musste feststellen, dass die selber eine Betrügerin war“, sagt er im Gericht und lacht: „Man kann keinem trauen.“

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Geld floss spärlich. Mal 100, mal 200 Euro vom Konto der damaligen Wappler-Lebensgefährtin. Insgesamt 500 Euro erhielt Stefanie H. für ihre Datendienste.

Im Februar 2019 wurde Stefanie H. zur Kommissarin befördert. Kurz darauf kam in einem anderen Betrugsverfahren gegen Mike Wappler vor dem Hamburger Landgericht eher zufällig auch ihr Fall ans Licht. Hausdurchsuchung, Suspendierung, Aushilfsjob. Im Januar 2021 schied sie freiwillig aus der Berliner Polizei aus. „Ich war mit ganzem Herzen Polizistin“, sagt sie mit stockender Stimme, „aber ich kann meine Fehler nicht rückgängig machen.“ Urteil: 18 Monate auf Bewährung.

Peter-Mike Wappler erzählt, vor anderthalb Monaten habe sich über einen Freund erneut eine Berliner Polizistin an ihn gewandt: „Die wollte, dass ich ihr eine Million schenke. Sie sagte, eine Million, die fehlt dir doch nicht. Und ein pensionierter spielsüchtiger Staatsanwalt fragte, ob ich ihm 50.000 Euro leihen kann. Ich bin doch nicht die Deutsche Bank!“

Derzeit holt Mike Wappler im Knast seinen Schulabschluss nach. Zeit hat er: Seine derzeitige Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verlängert sich wegen der zehnfachen Bestechung um weitere neun Monate. Lesen und Schreiben klappt schon ganz gut, sagt er. 

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