Miet-Schock: Hamburgs Baupolitik gescheitert? Was jetzt passieren muss
Der neu erhobene Mietenspiegel zeigt genau das, worunter Hamburger Mieter schon lange leiden: Die Mieten steigen so schnell wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Die Stadt will allerdings weiterhin an ihrer Baupolitik festhalten, obwohl es einige bereits als gescheitert betrachten. Was braucht Hamburg wirklich, um das Wohnen in der Stadt für alle bezahlbar zu machen?
9,29 Euro pro Quadratmeter beträgt die durchschnittliche Nettokaltmiete in der Hansestadt, das ist ein Anstieg von 63 Cent oder 7,3 Prozent im Vergleich zu 2019 – so viel wie schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Eine Klatsche für das hochgelobte „Hamburger Modell“, das von Hamburgs ehemaligen Bürgermeister und jetzigem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ins Leben gerufen wurde und das der SPD-Politiker jetzt sogar auf ganz Deutschland ausweiten will.
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Der neu erhobene Mietenspiegel zeigt genau das, worunter Hamburger Mieter schon lange leiden: Die Mieten steigen so schnell wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Die Stadt will allerdings weiterhin an ihrer Baupolitik festhalten, obwohl es einige bereits als gescheitert betrachten. Was braucht Hamburg wirklich, um das Wohnen in der Stadt für alle bezahlbar zu machen?
9,29 Euro pro Quadratmeter beträgt die durchschnittliche Nettokaltmiete in der Hansestadt, das ist ein Anstieg von 63 Cent oder 7,3 Prozent im Vergleich zu 2019 – so viel wie schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Eine Klatsche für das hochgelobte „Hamburger Modell“, das von Hamburgs ehemaligen Bürgermeister und jetzigem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ins Leben gerufen wurde und das der SPD-Politiker jetzt sogar auf ganz Deutschland ausweiten will.
Wohnen Hamburg: Mietenspiegel auf Rekord-Niveau
Vereinfacht gesagt bedeutet dieses Modell: Bauen, bauen, bauen. Die Vereinbarung „Bündnis für das Wohnen“ zwischen Senat, Verbänden der Wohnwirtschaft und der SAGA hat sich als Ziel gesetzt, jährlich 10.000 neue Wohnungen zu genehmigen. 4000 davon sollen künftig öffentlich gefördert sein. Das Ziel: Den Wohnungsmarkt entlasten.
Trotz dieses Bündnisses sind die Mieten jetzt auf Rekord-Hoch – Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) will aber weiterhin am Hamburger Kurs festhalten. Für die Opposition ein fatales Signal. „Der hohe Mietenanstieg zeigt, dass die ,konsequente Wohnungsbaupolitik‘ des Senats konsequent in die falsche Richtung geht“, sagt Heike Sudmann, wohnungspolitische Sprecherin der Hamburger Linken. „Wer zehn Jahre lang weit über 70 Prozent teure freifinanzierte Wohnungen und noch teurere Eigentumswohnungen baut, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Mieten unaufhörlich steigen.“ Mindestens 50 Prozent der jährlichen Wohnungsbaugenehmigungen müssten öffentlich gefördert sein, so die Politikerin.
Behörde will Hamburger Wohnungskurs beibehalten
2019 sah die Behörde ihre Wohnungsbaupolitik angesichts des niedrigen Mietenanstiegs von 2,6 Prozent bestätigt – daran ändert der jetzige Negativ-Rekord nichts. „Wir haben eine derartige Entwicklung bereits erwartet“, kommentierte Stapelfeldt das Ergebnis. Dafür gebe es aber andere Gründe: Da seien die vielen Neuvertragsmieten, die 46 Prozent der Wohnungen im Mietenspiegel ausmachten. Zweitens habe die zahlenmäßig größte Baualtersklasse, errichtete Häuser zwischen 1948 und 1960, derzeit auch den höchsten Modernisierungsbedarf. Dazu kämen gestiegene Bau- und Materialkosten.
Entgegensteuern will Hamburg zusätzlich mittels einer verschärften Mietpreisbremse, die Schlupflöcher bei möbliertem oder kurzzeitvermietetem Wohnraum stopft. Auch die Kappungsgrenze, nach der der Vermieter alle drei Jahre die Miete um 15 Prozent erhöhen darf, soll auf elf Prozent begrenzt werden. „Ein Tröpfchen auf den heißen Stein“, kommentiert Sylvia Sonnemann von „Mieter helfen Mietern“. „Elf Prozent sind immer noch viel zu viel, fünf Prozent wären ein guter Anfang.“
„Mieterverein zu Hamburg“ fordert Senat zum Handeln auf
Der „Mieterverein zu Hamburg“ unterstützt zwar das Ziel von 10.000 neuen Wohnungen, hat aber noch eine ganze Liste mit Forderungen im Gepäck: Die Stadt solle pro Jahr unter anderem 6000 Sozialwohnungen fördern und gezielt ihr Vorkaufsrecht bei Grundstücken ausspielen, um Spekulanten zu vertreiben. Ein besonderer Dorn im Auge ist dem „Mieterverein zu Hamburg“ zudem die Mietpreisbremse, die immer noch zu viele Ausnahmen zulasse. Mieter können zum Beispiel nur schwer feststellen, ob eine vom Vermieter behauptete umfassende Modernisierung der Wohnung tatsächlich erfolgt ist. Verstöße der Vermieter dagegen müssten zudem endlich härter bestraft werden.
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Der Mietenspiegel der Hansestadt wird seit 1976 erhoben und erscheint alle zwei Jahre. Er gibt einen Überblick über die ortsübliche Vergleichsmiete, aufgeteilt in Wohnungsgröße, Ausstattung, Gebäudealter und Lage.