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Habeck, Baerbock und Lindner
  • Robert Habeck (l), Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, und Christian Lindner (l), Fraktionsvorsitzender und Parteivorsitzender der FDP, verlassen nach den Sondierungsgesprächen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP das Pressestatement.
  • Foto: Michael Kappeler/dpa

Tjarks über Grüne und FDP: „Brauchen Innovation und Verbote, Staat und Markt“

Hamburgs Verkehrswende-Senator Anjes Tjarks erklärt im Standpunkt für die MOPO, wie Grüne und FDP Deutschland in einer neuen Regierung modernisieren können.

Mit der Bundestagswahl wird ein neues Kapitel in unserem Land aufgeschlagen. Die Ära Merkel geht zu Ende, in der verschiedene Ereignisse (Banken- und Eurokrise, Flüchtlinge, Pandemie) weitestgehend vernünftig verwaltet, aber die großen Herausforderungen der Zukunft wenig diskutiert wurden: der Kampf gegen die Erderhitzung, die alle Lebensbereiche durchdringende Digitalisierung und der soziale Zusammenhalt in unserem Land.

Kleine Schritte reichen nicht mehr aus, um diese Themen anzugehen. Wir brauchen ein neues Verständnis für Freiheit und die Rolle von Markt und Staat.

FDP und Grüne hatten nicht geplant, miteinander zu regieren

Die Bürgerinnen und Bürger haben nun bei der Bundestagswahl unter anderem zwei Parteien mit der Regierungsbildung beauftragt, die nicht geplant hatten, miteinander zu regieren: die FDP und meine Partei, die Grünen. Und da kommt es auf den Anfang an. Wenn wir es gut machen, kann einiges in Deutschland gelingen. Deswegen ist es Zeit, die Debattenarmut der Ära Merkel zu überwinden und zu überlegen, welche inhaltliche Idee eine neue Bundesregierung tragen kann. Eine Idee, die es der nächsten Bundesregierung erlaubt, den Klimawandel zu bremsen, die Digitalisierung zu forcieren und den sozialen Zusammenhalt zu verbessern.

Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Patrick Sun
Anjes Tjarks
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne).

Die Zielsetzungen sind dabei weitgehend unstrittig. Strittig ist dabei seit Jahrzehnten die Frage, welche Rolle der Staat, welche Rolle die Wirtschaft und welche Rolle der Einzelne spielen sollte. Die klassische Trennlinie ist Markt oder Staat, Innovationen oder Verbote. Und jetzt seien wir doch mal ehrlich: Dies war schon immer eine sehr plumpe Betrachtung der Wirklichkeit.

Wir brauchen mehr Innovation und Ermöglichung – aber auch Verbote

Wenn man hinter diese plakativen Aussagen schaut, wird doch schnell klar: Wir brauchen doch mehr Innovation und Ermöglichung, aber wir brauchen auch klare Ziele und Richtungen und damit einhergehend auch Verbote. Wir brauchen eine Gesellschaft, einen Staat, der klare Ziele formuliert und diese reguliert, aber wir brauchen auch die Innovations- und Kapitalkraft der Märkte, um diese Ziele zu erreichen. In anderen Worten: Wir müssen es schaffen, unsere Schützengräben aufzugeben und diese Zusammenhänge eher als produktive Spannungsfelder zu betrachten, die zur Erreichung der feststehenden Ziele bestmöglich eingesetzt werden sollten.

Ich möchte das konkret fassen: Wenn wir den Klimaschutz im Verkehrssektor konkret machen wollen, brauchen wir neben vielen anderen Dingen eine Dekarbonisierung des Autos – und gemessen an den Zielen der schwarz-roten Bundesregierung brauchen wir das ziemlich schnell. Hier ist die Idee naheliegend, auch ein entsprechendes Ende der Neuzulassung von Pkw mit Verbrennungsmotoren festzuschreiben, um dieses Ziel überhaupt erreichen zu können und um allen Beteiligten Planungs- und Investitionssicherheit zu geben.

Wir müssen reden. Wir alle gemeinsam

Gleichzeitig brauchen wir für die Antriebswende den forcierten Ausbau von Ladeinfrastruktur inklusive viel schnellerer Planverfahren – also eine andere Ermöglichungskultur. Dabei werden viele Arbeitsplätze neu entstehen, es werden welche verloren gehen und wieder andere werden transformiert werden. Dies alles wird nicht ohne staatliche Unterstützung funktionieren.

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Dieser Dreiklang aus klar formulierten gesellschaftlichen Zielen, der entsprechenden Ermöglichungskultur und der staatlichen Unterstützung für den sozialen Zusammenhalt in der Transformation hat das Potenzial, die Grundlage einer neuen Bundesregierung zu werden, und könnte – wenn alle Beteiligten diese Chancen sehen – unser Land neu prägen.

Es ist im Kern das Anliegen, die Freiheit neu zu fassen und hieraus eine neue Politik zu entwickeln. Hierüber müssen wir reden. Und zwar jetzt. Und zwar dringend. Wir alle gemeinsam.

Der Autor:

Anjes Tjarks (40) ist seit Juni 2020 Senator für Verkehr und Mobilitätswende. Er studierte Englisch und Politik auf Lehramt, machte 2011/12 sein Referendariat an der Klosterschule in St. Georg. Er gehört seit 1998 der GAL bzw. den Grünen an, ist seit 2011 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft.

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