Willkürlich und undurchdacht: Der planlose 2G-Plus-Plan des Senats
Der Hamburger Senat führt flächendeckend 2G-Plus ein. Dabei gibt es weder genug Testzentren noch genug Impfstoff. Und auch die Begründung ist zweifelhaft. Das gesamte Konzept wirkt willkürlich, undurchdacht und in Teilen sogar kontraproduktiv – weil es den Wert der Impfung verringert.
Damit 2G-Plus Sinn macht, müssen die Schnelltests Infektionen auch mit großer Wahrscheinlichkeit erkennen. Doch gerade die Omikron-Variante verringert die Zuverlässigkeit der Tests. Und auch bei doppelt Geimpften werden Infektionen seltener erkannt. Dass also ausgerechnet die Testung von Geimpften die Verbreitung von Omikron signifikant verringern soll, wirkt zweifelhaft.
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Der Hamburger Senat führt flächendeckend 2G-Plus ein. Dabei gibt es weder genug Testzentren noch genug Impfstoff. Und auch die Begründung ist zweifelhaft. Das gesamte Konzept wirkt willkürlich, undurchdacht und in Teilen sogar kontraproduktiv – weil es den Wert der Impfung verringert.
Damit 2G-Plus Sinn macht, müssen die Schnelltests Infektionen auch mit großer Wahrscheinlichkeit erkennen. Doch gerade die Omikron-Variante verringert die Zuverlässigkeit der Tests. Und auch bei doppelt Geimpften werden Infektionen seltener erkannt. Dass also ausgerechnet die Testung von Geimpften die Verbreitung von Omikron signifikant verringern soll, wirkt zweifelhaft.
2G-Plus in Hamburg: Zu wenige Testzentren, zu wenig Impfstoff
Und selbst wenn es so wäre: Es gibt in Hamburg gar nicht genug Testzentren, als dass die Bevölkerung mal eben einen Test in den Alltag integrieren könnte. Wer aber der Mehrheit der Bevölkerung Tests vorschreibt, um einen normalen Alltag zu leben, sollte erstmal überhaupt die Kapazitäten schaffen und diese wohnortnah zur Verfügung stellen.
Anders als bei der Einführung von 2G ist es nämlich nicht in der Hand der Bürger, ob sie die neuen Zugangsvoraussetzungen erfüllen. Es gibt nicht mal genug Impfstoff, um alle Booster-Willigen zu Boostern. Zudem gelten Menschen, die doppelt geimpft sind und eine Infektion überstanden haben, nicht als geboostert. Einen Booster sollen sie laut RKI aber erst drei Monate nach Genesung erhalten.
Der Senat handelt aus einem Gefühl heras
Unklar bleibt weiter, was das Ziel des Senats ist. Eine Durchseuchung, um die wir offensichtlich kaum herumkommen, verhindern? Die Inzidenz unter einem bestimmten Wert halten? Und welcher wäre das? Hier bleibt der Senat Antworten schuldig.
Fakt ist: Die Kliniken sind nicht überlastet, seit Wochen ist die Belegung stabil, wie die Gesundheitsbehörde erst am Dienstag wieder betonte. Auch auf MOPO-Nachfrage sagen UKE und Asklepios: Lage entspannt. Es droht aktuell keine Überlastung des Gesundheitssystems.
Der Senat handelt, weil die Inzidenz steigt. Aber die Inzidenz sagt angesichts flächendeckender Impfungen und milderer Verläufe durch Omikron immer weniger aus. Warum gerade die aktuelle Inzidenz zum Handeln zwingt? Dafür gibt es keine schlüssige Begründung. Der Senat handelt offensichtlich aus einem Gefühl heraus. Das aber ist nichts anderes als willkürlich.
In Dänemark liegt die Inzidenz seit sechs Wochen über dem aktuellen Hamburger Wert, aktuell steht sie bei über 2100. Die Zahl der Todesfälle pro Tag aber ist gering, aktuell sinkt sie sogar. Und in ganz Dänemark liegen nur zehn Menschen mehr mit Corona auf Intensivstationen als in Hamburg.
Zudem wird die Inzidenz jetzt nochmal deutlich ansteigen, wenn massenhaft Geimpfte die Testzentren stürmen und dabei unweigerlich auch viele symptomlose Infektionen erkannt werden. Führt das dann zu weiteren Verschärfungen der Maßnahmen?
2G-Plus in Hamburg: Wie will man da noch für eine Impfpflicht werben?
Problematisch ist, dass 2G-Plus den Wert der Impfung untergräbt. Auch jetzt noch schützt eine Impfung gut vor einem schweren Verlauf. Das Signal aber ist: Wenn du dich jetzt impfen lässt, dauert es Monate, bis du bei 2G-Plus von der Testpflicht befreit wirst. Das dürfte die Motivation eher senken als steigern. Und wie will man für eine Impfpflicht werben, wenn die Impfung nicht mal mehr als Zugangsvoraussetzungen für einen Imbiss taugt?
Dass weder der Erste noch die Zweite Bürgermeisterin Zeit hatten, die neuen Maßnahmen zu erläutern, ist eine Missachtung der Bürger. Hier ging es immerhin um einen massiven Einschnitt in die Rechte von Bürgern, die sich haben impfen lassen und damit Verantwortung gezeigt haben.
Anstatt eine Pandemiepolitik nach Gefühl zu machen, sollte sich der Senat an den aktuell einzig sicheren und am Ende relevanten Faktor handeln: Der Situation in den Kliniken. Sollten die Zahlen dort relevant steigen, muss gehandelt werden, schnell und entschieden.