Lehrer vor der Klasse

Bildung ist einer der Grundpfeiler einer funktionierenden Gesellschaft! Und daran soll gespart werden? Foto: picture alliance/dpa/Calleo Institut GmbH

Verbeamtung stoppen? Aber bitte nicht auf Kosten der Lehrer!

kommentar icon
arrow down

Lehrer werden dringend gebraucht – doch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann will sie künftig nicht mehr verbeamten. Beamte kosten den Staat Milliarden und verdienen netto oft deutlich mehr als angestellte Kollegen. Was jedoch als clevere Sparmaßnahme gedacht ist, könnte den Lehrermangel verschärfen: Berlin hat das schon erlebt und musste zurückrudern. Ohne starke Tarifverträge würde ein ähnliches Fiasko bundesweit drohen!

Ende Juli machte Linnemann bei einer Rede einen Vorschlag, der aufhorchen ließ: „Ich möchte nur eins: Dass wir nur noch dort verbeamten, wo es wirklich hoheitliche Aufgaben gibt – bei Polizisten, Richtern, Staatsanwälten, Finanzbeamten, Zollbeamten. Aber dann ist irgendwann gut.“ Im Klartext: Lehrer, die heute rund 42 Prozent aller Beamten in Deutschland ausmachen, sollen künftig nicht mehr verbeamtet werden.

Linnemann trifft damit den Nerv vieler Menschen. Eine INSA-Umfrage im Auftrag der „Bild“ zeigt: 57 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Beamtenstatus nur noch für echte Kernbereiche des Staates gelten sollte.


MOPO

Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:

Exklusiv: Hamburger „Hells Angels”-Gründer packt über Mord vor 52 Jahren aus
Block-Prozess: Die angeklagte Christina Block verstrickt sich in Widersprüche
Ekelalarm in der Gastro: Chronischer Personalmangel bei den Lebensmittelkontrolleuren hat Folgen!
Urlaub im Bezirk Eimsbüttel: Im sechsten Teil unserer Serie geht’s um Promi-Villen, Bunker und die Kollau
Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
20 Seiten Sport: St. Paulis Sportchef Bornemann über seine Zukunft & Didi Hamanns Prognose für den HSV und den FC St. Pauli
20 Seiten Plan7: Pop-Ikone Nelly Furtado mit großer Show beim Stadtpark Open Air

Der Gedanke wirkt zunächst plausibel. Schließlich zahlen Beamte lediglich Lohnsteuer und private Krankenversicherung – letztere ist dank staatlicher Beihilfe für Lehrer günstiger als die gesetzliche. Hinzu kommen lebenslange Pensionen, die rund 70 Prozent des letzten Grundgehalts betragen. Für einen Hamburger Studienrat sind das oft mehr als 4000 Euro pro Monat!

Gehaltsunterschiede zwischen Beamten und Angestellten

Und auch während der aktiven Dienstzeit zeigt sich der Unterschied: Ein verbeamteter Studienrat (A13) verdient zu Beginn seiner Laufbahn circa 3800 Euro netto und hat damit 1000 Euro mehr im Portemonnaie als sein angestellter Kollege. Über ein ganzes Berufsleben summiert sich dieser Vorsprung auf mehrere Hunderttausend Euro – bei gleicher Arbeit.

Kein Wunder also, dass viele Menschen das Zwei-Klassen-Kollegium als unfair empfinden und eine Reform fordern. Naheliegend erscheint der Vorschlag, künftig keine Lehrer mehr zu verbeamten.

2022 musste Berlin schließlich zurückrudern

Doch Berlin hat gezeigt, was passiert, wenn nur ein Bundesland die Verbeamtung streicht. 2004 schaffte die Hauptstadt sie ab – die Folge: Viele junge Lehrkräfte wanderten in Nachbarländer ab, wo sie weiterhin Beamte werden konnten. Der Lehrermangel verschärfte sich dramatisch.

2022 musste Berlin schließlich zurückrudern und führte als letztes Bundesland die Verbeamtung wieder ein. Die Lehre daraus: Wenn man in Deutschland auf die Verbeamtung verzichten will, dann nur mit einer bundesweit einheitlichen Regelung.

Das könnte Sie auch interessieren: Von der Schule in den Ring: Vor diesem Lehrer haben alle Respekt (M+)

Ohne Verbeamtung droht jedoch ein massiver Attraktivitätsverlust des Berufs. Für viele Lehramtsstudierende ist die Aussicht auf Arbeitsplatzgarantie und finanzielle Sicherheit entscheidend. Soll dieser Anreiz entfallen, braucht es starke Tarifverträge, die den Lehrerberuf konkurrenzfähig halten: gute Bezahlung, klare Arbeitszeitregeln und sichere Beschäftigung auch in den Ferien. Skandinavische Länder zeigen, dass ein solches Modell funktionieren kann.

Solange es keine bundesweit einheitlichen Tarifverträge mit fairer Bezahlung und verlässlichen Arbeitszeiten gibt, bleibt die Verbeamtung demnach unverzichtbar. Alles andere würde den Lehrermangel nur verschärfen – und das kann sich Deutschland schlicht nicht leisten.

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test