Stapelfeldt in der Kritik: Wenig Wohnungen, Studie verschleppt, keine Lösungen
Es war ein routiniertes, aber uninspiriertes Statement, mit dem Dorothee Stapelfeldt (SPD) vor wenigen Tagen die drastisch abfallenden Wohnungsbauzahlen zu einem „schönen Ergebnis“ umdeutete, meint MOPO-Kolumnist Marco Carini. Zuvor hatten Bauwirtschaft und Mietervereine wochenlang davor gewarnt, der Neubau werde einbrechen, wenn die Stadt nicht umgehend handele. Doch wer von der Stadtentwicklungssenatorin nun Lösungsvorschläge erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht.
Galoppierende Mieten und lahmende Baukonjunktur bevölkern seit Anfang des Jahres die Schlagzeilen in immer neuen Variationen. Eine Entwicklung, die die gesamte Wohnungsbau- und Mietenstrategie des Senats gefährdet und für die zuständige Senatorin Anlass sein müsste, in Überschallgeschwindigkeit zu handeln. Stapelfeldt jedoch nimmt diese Entwicklungen einfach nur hin. Mal mit Bedauern, mal mit Schönfärberei.
Wohnungen in Hamburg: Sanierung stockt
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Es war ein routiniertes, aber uninspiriertes Statement, mit dem Dorothee Stapelfeldt (SPD) vor wenigen Tagen die drastisch abfallenden Wohnungsbauzahlen zu einem „schönen Ergebnis“ umdeutete, meint MOPO-Kolumnist Marco Carini. Zuvor hatten Bauwirtschaft und Mietervereine wochenlang davor gewarnt, der Neubau werde einbrechen, wenn die Stadt nicht umgehend handele. Doch wer von der Stadtentwicklungssenatorin nun Lösungsvorschläge erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht.
Galoppierende Mieten und lahmende Baukonjunktur bevölkern seit Anfang des Jahres die Schlagzeilen in immer neuen Variationen. Eine Entwicklung, die die gesamte Wohnungsbau- und Mietenstrategie des Senats gefährdet und für die zuständige Senatorin Anlass sein müsste, in Überschallgeschwindigkeit zu handeln. Stapelfeldt jedoch nimmt diese Entwicklungen einfach nur hin. Mal mit Bedauern, mal mit Schönfärberei.
Wohnungen in Hamburg: Sanierung stockt
Noch eklatanter als beim Thema Wohnungsbau fällt die fehlende Präsenz der Senatorin bei einem rot-grünen Zankthema aus: der energetischen Sanierung der 960.000 Wohnungen, die nicht in die Kategorie Neubau fallen. Will Hamburg seine Klimaziele erreichen, muss der CO₂-Ausstoß durch das Heizen von Wohnraum schnell sinken, sodass bis zum Jahr 2030 über 500.000 Tonnen des Klimakillers eingespart werden. Dafür müssen jedes Jahr 2 Prozent der Wohnungen energetisch auf Vordermann gebracht werden.
Zuletzt aber waren es nach übereinstimmenden Schätzungen von Stapelfeldt und der Umweltschutzorganisation BUND gerade mal 0,6 Prozent, die pro Jahr saniert wurden. Doch nicht einmal das weiß man genau: Denn der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), die die Sanierung vorantreiben und überwachen soll, liegen keinerlei verlässliche Zahlen vor, wie einer ihrer Sprecher bestätigt. So verkommt die Klimarettung an diesem Punkt zum Blindflug.
Energetische Sanierung: Studie lässt auf sich warten
Und noch etwas liegt noch immer nicht vor: die Machbarkeitsstudie zur Umsetzung dieser energetischen Sanierung, auf die Wohnungswirtschaft, Mietervereine und Umweltverbände seit Monaten vergeblich warten. Ende 2019 hatte Stapelfeldt sie in Auftrag gegeben und erste Ergebnisse der Studie bis Sommer 2020 versprochen. Doch noch immer existiert die Studie weder in Teilen noch als Ganzes. Eine so umfassende Untersuchung habe es bisher noch nicht gegeben und man betrete damit methodisches Neuland, begründet die BSW die Verzögerung.
Die Studie, so heißt es in einer Senatsdrucksache von Anfang 2021, sei die Grundlage dafür, Sanierungsstandards, Förderprogramme und Modernisierungsziele „im Laufe des Jahres 2021 … so schnell wie möglich“ zu konkretisieren. Ein Zeitziel, das inzwischen klar verfehlt wurde – was nicht nur an der Komplexität der Aufgabe liegt. In der Antwort auf eine Anfrage der MOPO bekennt die Behörde, dass die „Beauftragung des Gutachters“ erst „Anfang 2022“ erfolgte – ein halbes Jahr nachdem das Gesamt-Gutachten fertiggestellt sein sollte.
Die verlorene Zeit lässt sich nur schwer aufholen. „Um die angestrebten Klimaziele im Bereich der energetischen Sanierung zu erreichen, brauchen wir inzwischen eine Sanierungsrate, die deutlich höher als bei zwei Prozent pro Jahr liegt, und vor allem kann die Stadt nicht länger auf die Studie warten – wir müssen endlich in die Umsetzung kommen!“, fordert der Hamburger BUND-Geschäftsführer Lucas Schäfer. Immerhin: Laut Behördenauskunft sollen erste „Ergebnisse der Studie im Juni vorliegen“.
Das könnte Sie auch interessieren: Mitten in Hamburg: Warum kostet dieses Haus mit Wasserblick nur 250.000 Euro?
Die werden vermutlich zu harten Kontroversen führen, und genau deshalb werden sie gebraucht. Denn die Studie soll auch klären, welche finanziellen Belastungen für Eigentümer:innen und Mieter:innen durch eine energetische Sanierung entstehen. Die Vermieter können Teile der Kosten auf die Mieter:innen umlegen, auf die demnächst zudem immense Heizkostennachzahlungen zukommen. Wo der Staat an dieser Stelle helfen kann und muss, sollte noch vor der Aufstellung des nächsten Haushalts geklärt werden.
Hamburgs Linke: „Ewige Verschleppung“
„Die ewige Verschleppung der Studie lässt befürchten, dass der Senat immer noch keinen Plan hat, wie er die Mieter:innen vor horrenden Mieterhöhungen schützen und gleichzeitig die Klimaziele erreichen kann“, befürchtet die wohnungspolitische Sprecherin der Links-Fraktion in der Bürgerschaft, Heike Sudmann. Auch Stapelfeldt räumte in Bezug auf die geplante Sanierung längst ein: „Ich habe keine Hinweise darauf, dass das mietenneutral geht.“
Das könnte Sie auch interessieren: Augen auf und staunen: Wissen Sie, wo diese Mega-Wandgemälde zu finden sind?
In der von Jens Kerstan (Grüne) geleiteten Umweltbehörde ist man wenig erbaut über die Verschleppung der Studie, traut sich aber kaum aus der Deckung, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. So spricht man dort offiziell von einer „guten Arbeitsebene“ mit Stapelfeldt, während hinter verschlossenen Türen Fassungslosigkeit herrscht, dass nichts passiert. Kerstan weiß: Als Umweltsenator wird er daran gemessen, ob die Hamburger Klimaziele am Ende umgesetzt werden. Wenn andere Behörden bei der Umsetzung auf der Bremse stehen, bleibt das vor allem an ihm hängen.