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Wie hier in Berlin wurden in insgesamt sieben Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht.
  • Wie hier in Berlin wurden in insgesamt sieben Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht.
  • Foto: picture alliance/dpa/Christoph Soeder

Razzien gegen die „Letzte Generation“ – überzogen und hilflos

Sie bringen das Blut von Autofahrern, die im Stau stehen zum Kochen. Und während so mancher Autofahrer auf die Klimaaktivisten mit gewalttätiger Selbstjustiz reagiert, ermittelt der Staat nun wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§129 StGB). Auch das ist eine Überreaktion. Denn die „Letzte Generation“ hat sich eben nicht gegründet, um Straftaten zu begehen, sondern um auf den dramatisch fortschreitenden Klimawandel mit zivilem Ungehorsam hinzuweisen.

Natürlich kalkulieren die Aktivisten dabei ein, auch mit dem Strafgesetz im Konflikt zu geraten. Normalerweise wird das bestenfalls als Nötigung oder Verstoß gegen das Versammlungsgesetz geahndet – in der Regel mit einer Geldstrafe. Schon die Verhängung von Haftstrafen ohne Bewährung gegen Aktivisten, deren „Verbrechen“ es war, eine Straße blockiert zu haben, stand in keinem Verhältnis mehr zur Tat. Die Ermittler aus München, die die bundesweiten Razzien gegen die „Letzte Generation“ initiiert haben, setzen nun auf eine weitere (juristische) Eskalation.

Vorwurf soll Unterstützer und Geldgeber abschrecken

Wer den Vorwurf der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ so anwendet, dem geht es weniger um die Verteidigung des Gemeinwesens, als um das Kriminalisieren und Einschüchtern einer unliebsamen Protestbewegung. Es soll Unterstützer und Geldgeber abschrecken und macht politische Aktivisten zu Staatsfeinden. Das ist hier besonders grotesk, weil genau der Klimaschutz, den die Aktivisten so vehement einfordern ja schließlich Staatsziel ist.

Das radikale Vorgehen der Strafverfolger hat in diesem Land aber durchaus eine unrühmliche Tradition. Egal ob die Proteste rund um die Hamburger Hafenstraße, die Auseinandersetzungen um die geplante Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf oder der Auseinandersetzungen um ein Atom-Endlager im Wendland: Bei allen gesellschaftlichen Konflikten hat der Rechtsstaat eine seiner schwersten juristischen Waffen angewendet und wegen der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung Ermittlungsverfahren eingeleitet.

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Und wenn das juristisch noch nicht ausreichte, wurde der Anti-Terror-Paragraf bemüht – Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (§129a). Selbst wenn am Ende solcher Ermittlungen nichts von den martialischen Vorwürfen übrig bleibt, es öffnet die Tür für weitgehendes staatliches Agieren – von der Telefonüberwachung bis zur Bespitzelung der Betroffenen. Das hat schnell mit juristischer Willkür zu tun.

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