Der Trend weist klar nach rechts – warum ohne die SPD trotzdem nichts geht
Sie wurde im Rathaus mit Spannung erwartet: Die erste repräsentative Wahlumfrage für Hamburg seit über einem Jahr. Nun hat das Hamburger Institut Trend Research (ITR) im Auftrag des „Abendblatt“ Wahlberechtigten die Sonntagsfrage gestellt: Wen würden sie wählen, wenn am kommenden Wochenende Bürgerschaftswahl wäre? Das Ergebnis ist dabei eindeutig – der bundesweite Trend gilt auch für die Hansestadt.
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Sie wurde im Rathaus mit Spannung erwartet: Die erste repräsentative Wahlumfrage für Hamburg seit mehr als einem Jahr. Nun hat das Hamburger Institut Trend Research (ITR) im Auftrag des „Abendblatt“ Wahlberechtigten die Sonntagsfrage gestellt: Wen würden sie wählen, wenn am kommenden Wochenende Bürgerschaftswahl wäre? Das Ergebnis ist dabei eindeutig – der bundesweite Trend gilt auch für die Hansestadt.
Die rot-grüne Mehrheit in Hamburg bröckelt, CDU und AfD holen mächtig auf. Der Trend weist auch in Hamburg klar nach rechts. Den Parteien der Berliner Ampel hängt der Dauerkoalitionsstreit wie ein Mühlstein um den Hals – sie würden laut ITR im Vergleich zur vorigen Bürgerschaftswahl allesamt kräftig verlieren. Die SPD mehr als acht Prozent (von 39,2 auf 31), die Grünen satte 5,2 Prozent (von 24,9 auf 19) und die FDP, 2020 ohnehin schon an der 5-Prozent-Sperrklausel knapp gescheitert, würde noch einmal 0,9 Prozent einbüßen und gerade mal vier Prozent erreichen.
Dass „die Streitkultur der Ampel-Regierung uns keinen Rückenwind verpasst“, werde in dieser Umfrage sehr deutlich – mit diesen Worten schiebt der grüne Landesvorstand den Schwarzen Peter folgerichtig nach Berlin.
Trotzdem würde es für eine rot-grüne Koalition erneut reichen. Sie käme noch auf 66 (heute 86) Sitze in der 121-köpfigen Hamburger Bürgerschaft und bleibt damit die wahrscheinlichste Variante auch nach der Wahl 2025. Doch eine Neuauflage von Rot-Grün, sie wäre – extrem unsexy – ein Bündnis der Wahlverlierer.
Da hilft es auch nichts, dass SPD und Grüne die Umfrage einerseits zur „reinen Momentaufnahme“ abwerten, sich andererseits trotz Erdrutschverlusten sogar bestätigt sehen. Während sich SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf freut, dass seine SPD „nach wie vor stärkste Partei in Hamburg“ sei, rechnet der Landesvorstand der Grünen nach: „Rot-Grün hat laut Umfrage weiterhin eine stabile Mehrheit“.
Obwohl diese immer mehr wegbricht, ist klar: Wäre heute Hamburg-Wahl und träfen die Umfrageergebnisse ein, ginge nichts ohne die kriselnde SPD. Sie könnte sich – wie schon 2020 – zwischen den Grünen und der CDU als Regierungspartner entscheiden, bräuchte aber gute Gründe, die rot-grüne Koalition nicht fortzusetzen.
Im Aufwind – auch das entspricht exakt dem Bundestrand – sind CDU und AfD. Die CDU würde laut ITR auf 18 Prozent kommen, und damit im Vergleich zu 2020 – wo sie ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten holte – um 6,8 Prozent zulegen. Keine Mehrheit hätte – vor allem wegen der Schwäche der Grünen – ein grün-schwarzes Bündnis, mit dem CDU-Chef Dennis Thering liebäugelt. Sein Plan, die Grünen aus der rot-grünen Koalition herauszubrechen, indem die CDU anbietet, die voraussichtliche grüne Spitzenkandidatin Katherina Fegebank zur Bürgermeisterin zu küren, hat derzeit keine mathematische Grundlage.
Neuer Wahlumfrage für Hamburg: Linke darf aufatmen
So bliebe der CDU nur der Weg, sich erneut der SPD als Steigbügelhalter anzubieten – was schon 2020 scheiterte. Immerhin kann Thering sich freuen, dass seine CDU nur noch hauchzart hinter der grünen Konkurrenz liegt. „Der kommende Wahlkampf wird ein Dreikampf“, freut sich der CDU-Chef, dass die CDU überhaupt wieder eine Rolle in der politischen Landschaft spielt.
Aufatmen kann die Linkspartei: Mit einer Prognose von zehn Prozent liegt sie in der Umfrage trotz negativem Bundestrend noch ein knappes Prozent über ihrem Wahlergebnis und muss wohl auch nicht darum bangen, erneut in die Bürgerschaft einzuziehen. Allerdings bleibt in der Wahlumfrage die im Aufbau befindliche Sahra-Wagenknecht-Partei noch unberücksichtigt, die ihre Wahlstimmen vor allem aus dem Fleisch von AfD und der Linken holen dürfte.
Hauptgewinner der Umfrage aber ist die AfD, die von 5,3 auf 14 Prozent zulegt. Ihr bundesweiter Höhenflug geht auch an Hamburg also nicht ganz vorbei. „Den Trend hin zur AfD nehmen wir sehr ernst, denn er zeigt, wie sehr sich die Stadtgesellschaft völlig überfordert fühlt, vor allem durch die irreguläre Migration“, sorgt sich die FDP-Parteichefin Sonja Jacobsen angesichts der Umfrageergebnisse.
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Hamburgs Parteien sind sich zwar einig, dass der Hamburger AfD-Aufschwung neben dem Bundestrend vor allem endlosen Migrationsdebatten geschuldet ist, planlos aber, wenn es um gemeinsame Gegenstrategien geht. Ob dem AfD-Höhenflug eher mit Integrations- oder Abschiebe-Debatten, mit einer Annäherung an AfD-Positionen oder klarer Abgrenzung beizukommen ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Eines aber steht fest: Wagenknecht allein wird es nicht richten.