Ukraine-Krieg: In Hamburg gibt es jetzt Geflüchtete erster und zweiter Klasse
Plötzlich ist alles möglich. Die Hilfsbereitschaft, die den Geflüchteten aus der Ukraine seit Beginn des russischen Einmarsches entgegenschlägt, ist überwältigend. Eine Extra-Anlaufstelle am Hauptbahnhof, Familien räumen längst verwaiste Kinderzimmer leer, um hier gestrandete Ukrainer:innen aufzunehmen, Busse werden an die polnisch-ukrainische Grenze geschickt, um Menschen aus dem Staat mit der blau-gelben Nationalflagge einzusammeln.
Angekommen in Hamburg finden die vor dem Putin-Krieg Geflüchteten Bedingungen vor, von denen andere Flüchtlinge nur träumen können – auch die, die aus anderen Kriegsgebieten oder auch dem von der Taliban regierten Afghanistan geflohen sind.
Plötzlich ist alles möglich. Die Hilfsbereitschaft, die den Geflüchteten aus der Ukraine seit Beginn des russischen Einmarsches entgegenschlägt, ist überwältigend. Eine Extra-Anlaufstelle am Hauptbahnhof, Familien räumen längst verwaiste Kinderzimmer leer, um hier gestrandete Ukrainer:innen aufzunehmen, Busse werden an die polnisch-ukrainische Grenze geschickt, um Menschen aus dem Staat mit der blau-gelben Nationalflagge einzusammeln.
Angekommen in Hamburg finden die vor dem Putin-Krieg Geflüchteten Bedingungen vor, von denen andere Flüchtlinge nur träumen können – auch die, die aus anderen Kriegsgebieten oder auch dem von der Taliban regierten Afghanistan geflohen sind.
Ukrainer müssen keinen Asylantrag in Hamburg stellen
Die Ukrainer:innen müssen keinen Asylantrag stellen, sondern sich nur registrieren lassen und werden dafür in den Behördenfluren auch schon mal an den wartenden Flüchtlingen aus anderen Ländern vorbei gelotst. Sie unterliegen nicht wie andere Geflüchtete erst einmal einem Arbeitsverbot, sondern erhalten viel eher und schneller Jobs, Wohnungen, Sozialleistungen und Sprachkurse als alle anderen Schutzsuchenden.
„Wir sehen jetzt, was bei den ukrainischen Flüchtlingen möglich ist: Direkter Zugang zum Arbeitsmarkt, keine Verpflichtung in großen, abgelegenen Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen und der Wechsel aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in die reguläre Sozialhilfe“, heißt es in einer Stellungnahme von Pro Asyl. Und auch die migrationspolitische Sprecherin der Linken, Carola Ensslen staunt „darüber, was alles möglich ist, wenn man nur will. Andere Geflüchtete müssen im Durchschnitt länger als vier Jahre in oft prekären Unterkünften leben. Für sie werden die Chancen auf Wohnraum jetzt noch schlechter.“
Hotel für Ukrainerinnen und Kinder angemietet
Den eintreffenden Ukrainer:innen, sehr viele davon Frauen mit Kindern, wird hingegen unbürokratisch Wohnraum zur Verfügung gestellt: Für sie wurden etwa das komplette ehemalige Hotel Sofitel am Alten Wall angemietet und im Mundsburg-Tower leer stehende Wohnungen hergerichtet.
Das liegt daran, dass die Ukrainer:innen nicht unter das Asylbwerber:innenleistungsgesetz fallen, sondern für sie die Regelungen der sogenannten EU-Massenzustrom-Richtlinie aktiviert wurden, die bislang noch nie zum Einsatz kamen. Geflüchtete aus anderen Kriegsgebieten, die schon viel länger in Deutschland leben, fallen dagegen immer mehr hinten runter, weil alle Energie in die eintreffenden Schutzsuchenden aus der Ukraine gesteckt wird.
Andere Geflüchtete warten lange auf Bearbeitung von Anträgen
Auch wenn die Zahl der eintreffenden Ukrainer:innen inzwischen abnimmt, bearbeitet Hamburgs Amt für Migration nach vielen Berichten Betroffener noch immer vorrangig Angelegenheiten, die Geflüchtete aus der Ukraine betreffen. Derweil warten andere Geflüchtete vergebens darauf, dass ihre Aufenthaltstitel verlängert werden, was diese nicht selten dann ihre Sozialleistungen oder gar ihre Jobs und Wohnungen kostet.
„Eine politische Einteilung in gute und schlechte, willkommene und nicht willkommene Flüchtlinge machen wir nicht mit“, kündigte der SPD-Abgeordnete Ekkehard Wysocki in der Bürgerschaft an und irrte mit diesem Bekenntnis. Innerhalb weniger Wochen ist mit aktiver Mithilfe des rot-grünen Senats unter den Flüchtlingen in Hamburg eine Zweiklassengesellschaft entstanden, wobei nur die Flüchtlinge aus der Ukraine in der ersten Klasse Platz nehmen dürfen.
Vorwurf an Deutschland: Struktureller Rassismus
Das schafft Frust bei vielen Flüchtlingsbetreuer:innen und auch bei vielen Flüchtlingen aus anderen Ländern. Die werfen den Hamburger Behörden aufgrund der Ungleichbehandlung „strukturellen Rassismus“ vor und stellen provokativ die Frage: Ist Hamburgs Solidarität mit Flüchtlingen aus Europa größer als mit welchen aus anderen Regionen?
Sie ist es zweifellos, wenn man derzeit auf die Fakten schaut. Dass schürt Neid und Missgunst bei den schlechter behandelten Flüchtlingen, die vergebens auf Gleichbehandlung pochen. „Es darf aber nicht mit zweierlei Maß gemessen werden!“, appelliert Ensslen und ergänzt: „Ich erwarte vom Senat, dass er schnellstmöglich einen Masterplan für eine gute Zukunft aller Geflüchteten entwickelt, die länger in Hamburg sind oder bleiben.“
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An der Zweiklassengesellschaft – die hauptsächlich, aber eben nicht nur, auf Bundesregeln zurückgeht – wird die rot-grüne Koalition in Hamburg konkret vorerst nichts ändern. Am Mittwoch verabschiedete sie in der Bürgerschaft einen Antrag, indem sie zwar betont, aufgrund neuer „Angebote, die speziell auf die Schutzsuchenden aus der Ukraine zugeschnitten sind“ entstünden „bei Schutzsuchenden anderer Herkunft (…) Befürchtungen und Eindrücke, dass ihre Belange aktuell nicht ausreichend berücksichtigt würden.“ Und was dagegen tun? „Diese Sorgen und Empfindungen gilt es offen zu diskutieren“, heißt es im nächsten Satz des Antrags, indem kein einziger konkreter Schritt aus dem Dilemma benannt wird