Riesen-Streit um den „Boomer-Soli“: Das sagen die MOPO-Leser
Deutschland debattiert über einen Vorschlag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, mit dem Altersarmut durch Umverteilung der Rente in der „Boomer“-Generation eingedämmt werden soll. Zusammengefasst: Wer eine hohe Rente hat, soll etwas an Menschen mit kleiner Rente abgeben. So würden jüngere Generationen weniger belastet werden. Viele ältere Leser halten das für eine schlechte Idee. Eine junge MOPO-Kollegin schaut aus anderer Perspektive auf das Thema …
Das sagt der MOPO-Veteran (66): Ich bekomme wieder, was ich eingezahlt habe!
Thomas Hirschbiegel: Gerade 66 Jahre alt geworden, davon mehr als 48 Jahre gearbeitet, und zwar über Jahrzehnte oft zehn Stunden täglich und auch am Wochenende. Das ist meine Bilanz, ach ja, und natürlich ein Vermögen an Beiträgen an die „Deutsche Rentenversicherung Bund“ überwiesen. Also fürs Protokoll: Ich wehre mich entschieden gegen die Behauptung, dass irgendjemand für mich zahlen muss. Ich bekomme lediglich das wieder, was ich über die Jahre eingezahlt habe. Punkt!
Aber zur Wahrheit gehört auch, die Fakten zu akzeptieren, und da kann man nur schwarzsehen: Denn die Belastung aus Renten und Pensionen kann Deutschland wohl irgendwann nicht mehr stemmen. Von wegen: „Die Rente ist sicher“, wie der einstige Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) im Jahr 1986 behauptete. Da hilft mir auch die „Gnade der frühen Geburt“ (1959) nicht.
Aber frei nach John. F. Kennedy: „Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“, bin ich Boomer bereit, als Rentner weiterzuarbeiten und Beiträge zu bezahlen. Nicht Vollzeit, aber so zehn Tage im Monat wären kein Problem. Ich würde mich als Wehrdienst-Obergefreiter auch wieder bei der Bundeswehr melden oder in meinem Bezirksamt aushelfen. Wir alle, Jung und Alt, werden in der Zukunft gefordert sein.
Das sagt die junge MOPO-Reporterin (22): Schuldenlast gerechter verteilen!
Tessa Mallon: Die einen profitieren, die anderen zahlen – das ist kein Generationenvertrag, das ist ungerecht. Lasten müssen fair verteilt sein. Deswegen: Her mit dem „Boomer-Soli“! Die Gesellschaft altert und die Ausgaben für Gesundheit, Pflege und Rente explodieren. Wir leben in einem gesellschaftlichen Ungleichgewicht: Warum und vor allem wie sollen immer weniger junge Menschen immer mehr alte Menschen finanzieren?
Junge Menschen müssen schon jetzt die Versäumnisse der Vergangenheit ausbaden: Schulen und Sporthallen verfallen, Wohnraum ist unbezahlbar. Und was war noch mal Klimaschutz? Seit Jahrzehnten lügt sich Deutschland beim Rentensystem in die Tasche. 120 Milliarden Euro Steuergeld müssen inzwischen zugeschossen werden. Auch das Milliarden-Schuldenpaket muss die junge Generation in Zukunft stemmen – sie trägt eine Last, die sie nicht verursacht hat.
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Der „Boomer-Soli“ könnte das Rentensystem stabilisieren und die Schuldenlast gerechter verteilen. Es geht nicht um Altersdiskriminierung: Nur wer kann, zahlt. Erhöhungen der Mehrwert- oder CO₂-Steuer belasten überproportional junge und einkommensschwache Menschen. Der „Boomer-Soli“ muss als Sonderabgabe für reiche Ruheständler erhoben werden: auf hohe Altersrenten, Kapitalerträge oder Immobilienvermögen. Er ist ein notwendiger Akt der Generationenverantwortung und hat das Potenzial, gesellschaftliche Spannungen zu entschärfen, bevor sie eskalieren.
„Wie wäre es mit einer anderen Finanzierung der Rente durch eine andere Besteuerung?“ – das halten MOPO-Leser vom „Boomer-Soli“
Ich finde diesen Bericht unverschämt und frech. Schon mal darüber nachgedacht, warum sich die „Babyboomer“ all das leisten können? Sie haben eine Ausbildung gemacht und gearbeitet, keiner hätte sich nach der Schule ein Jahr Auszeit nehmen können. Unsere Eltern hatten überhaupt nicht die Möglichkeit, das zu unterstützen. Schon alleine das Wort „Boomer“ finde ich, ist diskriminierend. Wir haben es uns nicht aussuchen können, wann wir geboren werden. Manuela Czakaj
Nein, danke! Nichts mit „Boomer-Soli“. Stattdessen eine Politik, die nicht Gruppen gegeneinander ausspielt. Sondern gerecht alle an Lasten beteiligt. Auch ein Mensch mit wenig Geld wird gerne eine geringere Summe für mehr Bildung ausgeben, wenn Großverdiener eben auch prozentual zur Kasse gebeten werden. Sogenannte Eliten vorangehen. Zudem, im Hamburger Hafen arbeiteten vor 100 Jahren Tausende Menschen, heute nur ein Bruchteil, mit viel mehr Produktivität! Wie wäre es mit einer anderen Finanzierung der Rente durch eine andere Besteuerung? Genug Fachleute und Experten scheint es ja zu geben? Frank Tofern
Ich bekomme 2000 Euro Rente, habe meine drei Kinder alleine großgezogen, die haben alle studiert und verdienen für ihre Familien gutes Geld. Ich habe ganztags im Schichtdienst als Krankenschwester gearbeitet, auf vieles verzichtet. Und nun soll ich Leute wie eine Verwandte von mir, die studiert hat, aber einfach nur zig Minijobs hatte, unterstützen. Die mich mit den Worten verhöhnt hat, ich sei selbst schuld, wenn ich mich abrackere! Solche Schmarotzer will ich nicht unterstützen. Ich kenne niemanden, der arbeiten wollte, sich bemüht hat, dabei nicht faul war, der eine zu niedrige Rente bekommt. Barbara Hansen
Wer fleißig war und etwas Geld gespart hat, wird auch noch bestraft. Das ist eine Frechheit! Ich gehöre bestimmt nicht zu den reichen Leuten. Ich arbeite als Schweißer. Wer in seiner Jugend all sein Geld ausgibt, wird im Alter auch noch belohnt, das geht zu weit! Peter Dietrich
Viele MOPO-Leser halten den Vorschlag für eine schlechte Idee: „Die Boomer haben das Rentensystem am Laufen gehalten“
Was dieses Land wirklich dringend braucht, ist eine andere Familienpolitik. Den Frauen wird Karriere und Selbstverwirklichung eingeredet. Sie bekommen aber in den meisten Fällen prekäre Jobs. Auch wenn jahrzehntelang von gleichem Lohn für gleiche Arbeit schwadroniert wird. Was sie tatsächlich bekommen, ist nur eine eingeredete Illusion von Selbstverwirklichung. Die bekommt Frau auch, wenn Kinder geboren und großgezogen werden, möglichst lange ohne Kindergarten. Oliver M.
Hat sich irgendeiner mal darüber Gedanken gemacht, dass die „Boomer“ während ihres Lebens dieses Rentensystem am Laufen gehalten haben. Das Problem sind ja wohl eher die, die Rente beziehen, aber nie etwas eingezahlt haben. Michael Eger
Wir brauchen nicht den „Boomer-Soli“, sondern den Soli finanziert von Personen, die viel Vermögen durch Erbe, Aktiengewinne oder auch gerne durch Pensionen erworben haben. Nicht wieder von den Jahrgängen der frühen 60er Jahre, die seit ihrer Schulkarriere nur benachteiligt wurden. Wenn man sich in der Nachbarschaft umschaut, sieht man Pensionäre sieht, die schon selbstverständlich mit Anfang 60 in den Ruhestand gegangen sind und sich beschweren, wenn andere, die jetzt ohne mit der Wimper zu zucken bis fast 67 arbeiten sollen, nicht die Zeit finden, den Bürgersteig perfekt zu pflegen. Schön wäre, wenn die Autoren sich wirklich mit dem Thema Ungerechtigkeit zwischen Generationen beschäftigen würden und nicht so, ohne wirklich die Zeit zu kennen, seichtes Zeug schreiben. Ulrike Scherf-Apel
Den „Boomer-Soli“ brauchen wir nicht. Im Übrigen ist es unverschämt, denen, die dieses Land mit aufgebaut haben, weiterhin in die Taschen zu greifen. Zur Wahrheit gehört auch, dass immer weniger Kinder geboren werden. Und dies ist nicht die Schuld der sogenannten „Boomer“. Ohne Kinder funktioniert eben der Generationenvertrag nicht. Ich habe im Zusammenhang mit der Rente selten so einen dämlichen Vorschlag gehört. Das einzig Gute daran ist, dass er nie Realität werden wird, weil sich das keine Partei/Regierung trauen wird. Zumindest nicht, wenn sie noch mal gewählt werden will. Werner Schmitz
Uneinigkeit unter MOPO-Lesern: Sollen auch Beamte etwas von ihrer Pension abgeben – oder lieber keiner?
Ich gehöre zur „Boomer“-Generation, habe 47 Jahre Vollzeit gearbeitet. Und trotzdem meine Tochter großgezogen. Wenn irgendjemand anfängt, von meiner sauer verdienten Rente etwas abzuziehen, dann ist es genug. Vielleicht sollten wir kürzen bei denen, die nie in das System eingezahlt haben. Marina Klemens
Ich kenne einige Pensionäre und Rentner, die im Monat mehr als 3000 Euro erhalten. Ab 3000 Euro finde ich es aber nur gerecht, wenn auch die Beamten von ihren Pensionen etwas abgeben. Es geht schließlich um Solidarität. Die Beamten zahlen ja schließlich auch nichts für ihre Altersversorgung ein und erhalten dann ein „schönes“ Ruhepolster. Michael Redel
Rentner sollen nach einer DIW-Forscherforderung zehn Prozent an ärmere Rentner abgeben. Das ist natürlich viel leichter, als endlich mal die Beamten zur Kasse zu bitten und die Pensionen einzufrieren. Und wer jubelt wieder einmal? Nur die AfD! Mir graut vor der nächsten Wahl. Nora Baltodano
Ich bin Rentner und „Boomer-Opfer“. Jedoch hatte ich auf meine Geburt keinen nennenswerten Einfluss und fühle mich bei dieser Diskussion als Leidtragender dieser Täter-Opfer-Umkehr. Aber kann man es im Nachhinein den „Delinquenten“ vorwerfen, einen Beitrag zum Weiterbestehen unserer Gesellschaft geleistet zu haben? Thomas Knobloch
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Vermögende Rentner sollen arme Rentner unterstützen? Lebensfremd! Nicht einmal mit der Maximalrente ist man vermögend, die beträgt 3500 Euro brutto und die bekommt man nur, wenn man 45 Jahre an der Beitragsbemessungsgrenze, derzeit 8050 Euro, verdient. Solche Beträge erlangen nur wenige im letzten Zehntel ihres Arbeitslebens. Dann hat man als Rentner nicht einmal den deutschen Durchschnittsverdienst und damit soll man andere Rentner unterstützen? Kirsten Barra
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