Cannabis-Gesetz: Grünes Schweigen zu Grotes Scheitern
Während Hamburgs SPD lautstark gegen die Cannabis-Legalisierung aufbegehrt, verhält sich der Koalitionspartner auffällig still. Nur eine Senatorin der Grünen äußert leise Kritik am SPD-Alleingang in Berlin – der mit einer krachenden Pleite für Andy Grote endete.
Während Hamburgs SPD lautstark gegen die Cannabis-Legalisierung aufbegehrt, verhält sich der Koalitionspartner auffällig still. Nur eine Senatorin der Grünen äußert leise Kritik am SPD-Alleingang in Berlin – der mit einer krachenden Pleite für Andy Grote endete.
„Wenn wir etwas nicht brauchen, dann dieses Gesetz zur Cannabis-Legalisierung“. Nicht aus dem CSU-regierten Bayern kam dieser Satz, sondern aus dem rot-grün regierten Hamburg. SPD-Innensenator Andy Grote hatte damit bereits im August klar zu verstehen gegeben, was er vom Cannabis-Gesetz (CanG) der Bundesregierung – erarbeitet im Haus des Parteifreundes Karl Lauterbach – hält: rein gar nichts.
Doch Grotes Versuch, zusammen mit den unionsregierten Ländern im Bundesrat das Legalisierungsgesetz zu blockieren, scheiterte vergangene Woche krachend: viel Rauch um nichts also. Der Hamburger Senator hatte einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, der die Legalisierung von der Zustimmung der Länderkammer abhängig machen sollte. Grote sei „der Meinung, dass die Zustimmung des Bundesrates notwendig ist und die Länder deutlich intensiver mitbestimmen müssten“.

Schützenhilfe bei seiner Bremsattacke bekam er von Bürgermeister Peter Tschentscher und Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (beide SPD). Schlotzhauer hält den Entwurf für „wesentlich ergänzungsbedürftig“. Sie ist wie Grote der Meinung, dass eine Legalisierung dazu führe, dass Jugendliche eher mehr als weniger kiffen. Zudem sei er ein realitätsfernes Bürokratiemonster, dass den Bundesländern beim Vollzug und seiner Überwachung zahlreiche Kosten und Probleme aufbürde.
Doch die Hamburger Initiative, die bei Erfolg vermutlich dazu geführt hätte, dass das Legalisierungsgesetz komplett umgekrempelt worden wäre, wurde in Berlin abgeschmettert. Selbst Hamburg stimmte dem eigenen Antrag nicht zu – sondern enthielt sich, weil die Grünen dagegen waren. Damit steht fest: Der Bundesrat darf zwar brav Kritik üben, kann aber letztlich das Gesetzeswerk nicht aufhalten und von der Ampel-Mehrheit im Bundestag mühelos überstimmt werden.
Anna Gallina kritisiert Andy Grote
Ansonsten verhielten sich die Hamburger Grünen, denen die Cannabis-Legalisierung – sieht man von den Senator:innen Katharina Fegebank und Anjes Tjarks einmal ab – seit jeher ein Herzensanliegen ist, in der ganzen Debatte auffällig unauffällig. Nur von Justizsenatorin Anna Gallina vernahm man vorsichtige Kritik an Grotes Bundesrats-Alleingang.
Ein Grund für die grüne Leisetreterei: Lauterbachs Gesetzentwurf wird auch von Befürworter:innen der Legalisierung munter kritisiert. Die festgelegten Regularien zum legalen Cannabis-Erwerb über extra dafür zu gründende Vereine und verbindliche Mitgliedschaften dürften dazu führen, dass Gelegenheitskonsument:innen auch in Zukunft lieber ihr Gras beim Dealer um die Ecke kaufen. „Der illegale Markt wird weiter sehr attraktiv sein“, legt Grote den Finger in die Wunde und ist sich da mit den Legalisierungs-Befürworter:innen sogar einig, für die das Gesetz gerade deshalb keine Herzensangelegenheit, sondern nur ein Besser-als-gar-nichts-Gesetz ist.
Die blutleeren Reaktionen der Grünen auf Grotes Anti-Legalisierungs-Feldzug haben aber auch taktische Gründe: „Wir hatten kein Interesse, an der Frage der Zustimmungspflicht einen öffentlichen Streit mit der SPD vom Zaun zu brechen“, begründet die Hamburger Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann die unterkühlte Reaktion ihrer Partei. „Wir agieren derzeit konsequent hinter den Kulissen, in der Hoffnung, noch Teile der SPD auf unsere Seite zu bekommen, wenn es darum geht, zumindest in grün-regierten Bezirken Modellversuche zur kontrollierten Cannabis-Abgabe aufzubauen“, verrät eine grüne Bürgerschaftsabgeordnete das Kalkül ihrer Partei und ergänzt: „Klar gibt es hier inhaltliche Differenzen mit dem Koalitionspartner.“
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Und die liegen seit Jahren offen. Immer wieder werden dieselben Argumente hin- und herbewegt. Eine Legalisierung würde den Konsum weiter anheizen und auch vor Jugendlichen nicht haltmachen, warnen Poltiker:innen wie Andy Grote. Nur eine vollständige Legalisierung würde den Schwarzmarkt austrocknen, schädliche Verunreinigungen, aber auch zu hohe, extrem schädliche Wirkstoffgehalte verhindern und die Verstopfung der Justiz mit Bagatellverfahren gegen Kleindealer und Konsumenten stoppen, argumentieren die Verfechter:innen einer Legalisierung.
Kommenden Donnerstag soll das CanG nun im Bundestag erstmals beraten werden. Damit rücken die Cannabis-Teillegalisierung und eine Entkriminalisierung des Konsums im kommenden Jahr deutlich näher – Andy Grote wird das kaum noch verhindern können.