• Schmiedekoppel: Fünf infizierte Obdachlose haben die Isolierstation verlassen (Archivbild)
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Hamburg: Mehrere infizierte Obdachlose verschwinden von Isolierstation

Fünf Obdachlose mit positiven PCR-Tests haben gegen die behördlich verordneten Auflagen verstoßen und die Isolierstation des Winternotprogramms an der Schmiedekoppel verlassen, wie der städtische Träger Fördern & Wohnen bestätigt. Warum die infizierten Wohnungslosen, die auf der Straße vielen Menschen begegnen, daran nicht gehindert werden.

Fünf Menschen, die nachweislich mit Corona infiziert sind und eine behördliche Quarantäneanordnung erhalten haben, haben das Winternotprogramm verlassen – ist das nicht gefährlich? Schließlich können Obdachlose sich nicht in häusliche Isolation begeben, leben auf der Straße, begegnen vielen Menschen, verbreiten das Virus.

„In dem Fall besteht eine konkrete Gefährdung Dritter“, so die Einschätzung von Professor Jens Prütting, geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinrecht an der Law School zur MOPO. „Damit hätte die Stadt das Recht, zur Gefahrenabwehr besondere Maßnahmen zu ergreifen. Etwa Wachleute vor die Einrichtung zu stellen, die Menschen auch am Verlassen des Geländes hindern dürften, wenn mildere, gleich geeignete Mittel nicht ersichtlich sind und konkret erkannt wurde, dass Quarantäneanordnungen missachtet werden.“

Winternotprogramm: Menschen aus Isolierstation abgehauen

Tatsächlich gibt es Wachleute an der Schmiedekoppel, die aufpassen und versuchen, Betroffene dazu zu bewegen, ihre Quarantäneauflagen einzuhalten. Sie dürfen reden, aber sie dürfen mit Corona infizierte Obdachlose, die unbedingt zurück auf die Straße wollen, nicht festhalten.

„Das Infektionsschutzgesetz gibt uns keine rechtliche Handhabe, diese Menschen einzusperren“, erklärt Susanne Schwendtke, Sprecherin von Fördern & Wohnen. „Obdachlose sind nicht ansteckender als andere Menschen, und die hält auch niemand fest, wenn sie ihre Isolation unbedingt brechen wollen.“ Infizierte Bewohner werden, auch durch Dolmetscher, darüber aufgeklärt, dass ein Verstoß gegen die Quarantäneanordnung bestraft wird, mit mindestens 150 Euro.

Infizierte Obdachlose aus Quarantäne verschwunden

Aber was ist, wenn Obdachlose wegen Alkohol- oder Drogensucht eine „häusliche Isolation“ im Winternotprogramm nicht aushalten? „Wir versuchen alles, damit diese Menschen keinen Anlass haben, die Quarantäneanordnung zu brechen“, so Susanne Schwendtke: „Sie bekommen alle Dinge des täglichen Bedarfs, auch Tabak und wenn nötig auch Alkohol und Suchtersatzmittel. Natürlich unter medizinischer Kontrolle.“

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Die Obdachlosen waren in der Schmiedekoppel, einem Standort des städtischen Erfrierungsschutzes, positiv getestet und auf die Isolierstation geschickt worden. Jeder, der im Winternotprogramm übernachten will, wird dringend aufgeordert, sich testen zu lassen – und je höher die Inzidenz in der Stadt steigt, desto häufiger auch die positiven Testergebnisse im Winternotprogramm. Wie alle Hamburger bekommen auch Obdachlose in so einem Fall eine Quarantäneanordnung vom zuständigen Gesundheitsamt.

Aktuell haben die 110 Standorte von Fördern & Wohnen 700 Corona-Infektionen gemeldet. Insgesamt leben in den Einrichtungen 27.000 Menschen, die meisten in abgeschlossenen Wohnungen. Für die Bewohner von Sammelunterkünften und die Nutzer des Winternotprogramms stehen 300 Isolierplätze zur Verfügung.