Mehr Unfälle, mehr tote Radler – aber Hamburgs Senator lobt die Sicherheit
Es kracht wieder häufiger auf Hamburgs Straßen: Nach den pandemiegeprägten Jahren ist die Anzahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr gestiegen. 28 Menschen starben, darunter neun Radfahrer – ein trauriger Höchststand. Auch bei verletzten Kindern gibt die Entwicklung Anlass zur Sorge. Laut Innensenator Andy Grote (SPD) ist der Straßenverkehr trotzdem sicherer geworden – wie passt das zusammen?
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Es kracht wieder häufiger auf Hamburgs Straßen: Nach den pandemiegeprägten Jahren ist die Anzahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr gestiegen. 28 Menschen starben, darunter neun Radfahrer – ein trauriger Höchststand. Auch bei verletzten Kindern gibt die Entwicklung Anlass zur Sorge. Laut Innensenator Andy Grote (SPD) ist der Straßenverkehr trotzdem sicherer geworden – wie passt das zusammen?
„Das Risiko, in Hamburg bei einem Verkehrsunfall zu verunglücken, ist auf einem historisch niedrigen Niveau“, sagte Grote am Dienstag. Insgesamt krachte es 63.542 mal auf den Straßen der Hansestadt, das sind vier Prozent mehr als noch im Vorjahr. Trotzdem – und darauf verwiesen sowohl Grote als auch Polizeipräsident Falk Schnabel – seien das aber 7,8 Prozent weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. „Obwohl das Verkehrsaufkommen seitdem gestiegen ist“, so der Senator.
Hamburgs Verkehrsbilanz: Senator Grote lobt Sicherheit
Besonders positiv hebt er die Entwicklung bei den „Verunglückten Personen“ hervor, also all diejenigen, die bei einem Unfall entweder verletzt oder getötet wurden. 9300 waren es im Jahr 2023, das sind 40 weniger als im Jahr zuvor. Auf 100.000 Einwohner heruntergerechnet liegt der Wert bei 492 – der niedrigste seit Beginn der Statistik.
Von der „Vision Zero“, also null Verkehrstote, ist Hamburg allerdings immer noch entfernt: 28 Menschen starben im Jahr 2023 bei Verkehrsunfällen, vier mehr als im Jahr zuvor und genauso viele wie 2019. In den 90er Jahren waren es teils bis zu 70 Tote im Jahr. Besonders hoch ist dieses Jahr die Zahl der getöteten Radler: Neun Personen kamen ums Leben, so viele wie schon seit neun Jahren nicht mehr. Fünf Radfahrer starben allein bei den berüchtigten Abbiegeunfällen. Auch in diesem Jahr wurde bereits eine 57-Jährige an der Holsteiner Chaussee in Eidelstedt von einem Autofahrer beim Abbiegen überfahren und tödlich verletzt.
Fünf Radfahrer starben 2023 bei Abbiegeunfällen
„Diese Abbiegeunfälle beschäftigen uns sehr“, sagte Grote und betonte in diesem Zusammenhang mehrfach die Bedeutung von Abbiegeassistenten bei Lkw. „In Hamburg haben wir unsere städtische Flotte bereits damit ausgerüstet. Ab dem 7. Juli gilt die Pflicht für alle in der EU neu zugelassenen Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen, das hätte deutlich früher kommen müssen.“ Trotzdem, das gibt Verkehrsdirektionsleiter Enno Treumann zu, gebe es eben noch sehr viele Lkw ohne einen solchen Assistenten – vor allem Fahrzeuge aus Osteuropa.
Unter den Verkehrstoten waren im vergangenen Jahr auch zwei Kinder: Im April wurde ein Siebenjähriger in der HafenCity von einem Bus überrollt und im August starb ein Elfjähriger, als er mit seinem Vater die Straße überquerte und von einem Trike (Motorrad mit drei Rädern) erfasst wurde. Die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Kindern stieg zudem von 613 im Jahr 2022 auf 637. CDU-Verkehrsexperte Richard Seelmaecker nannte diese Entwicklung bereits „alarmierend“.
„Wenn Kinder am Straßenverkehr teilnehmen, dann als Fußgänger oder Radfahrer“, sagte Grote jetzt, „dabei brauchen sie die Unterstützung ihrer Eltern als Vorbilder, gleichzeitig bleibt ihre Sicherheit eine Gemeinschaftsaufgabe.“
Am häufigsten an Unfällen beteiligt sind nach wie vor mit etwa 88 Prozent die Autofahrer. In den meisten Fällen – bei 92 Prozent – bleibe es aber bei Sachschäden, sagte Polizeipräsident Schnabel. Er sprach von „Parkremplern“. Wurden Personen bei einem Unfall verletzt, seien am häufigsten überhöhte Geschwindigkeit und/oder zu wenig Abstand die Gründe. Eine positive Entwicklung sahen die Verantwortlichen bei den E-Scootern: Die Unfälle gingen dort im Jahr 2023 um 15,5 Prozent zurück.
Mehr Unfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss als 2019
Als weniger erfreulich bezeichneten Grote und Schnabel wiederum das Thema Alkohol- und Drogeneinfluss: Bei 874 Unfällen hatten die Beteiligten zu viel getrunken, in 199 Fällen Substanzen konsumiert. Das sind zwar weniger als im Jahr zuvor – aber immer noch 37 beziehungsweise 5 Prozent mehr als 2019. Verkehrsdirektionsleiter Treumann führt den erhöhten Konsum darauf zurück, dass Corona, Inflation und internationale Krisen das Suchtverhalten begünstigten.
Die Polizei will das mit weiteren Kontrollen und mehr Prävention in den Griff bekommen. Sorgen bereitet dem Senator allerdings die bevorstehende Cannabis-Legalisierung – er befürchtet dadurch auch Auswirkungen auf den Straßenverkehr.