Behörden machtlos: In diesen Hamburger Stadtteilen floriert jetzt die Prostitution
Die Reeperbahn und umliegende Straßen auf St. Pauli waren jahrzehntelang Anlaufpunkt für käuflichen Sex. In Hochzeiten boten dort bis zu 300 Frauen täglich ihre Dienste an. Doch nachdem der Kiez sich immer mehr zur Party-Meile entwickelte, Clans, Gewalt und Abzocke Einzug hielten, verlagert sich das Geschäft mit dem Sex immer mehr in bürgerliche Wohngebiete. Die MOPO erklärt, wo die neuen Hotspots sind – und warum die Behörden kaum etwas dagegen tun (können).
Die Zeiten, in denen auf St. Pauli das große Geld mit käuflichem Sex verdient wurde, sind lange vorbei. Wo früher milieubedingte Streitigkeiten mit Fäusten geregelt wurden, hielten Ende der 80er Jahre Nachwuchszuhälter aus südlichen Ländern Einzug. Später kamen ganze Clans dazu. Und immer öfter blitzten Messerklingen und fielen Schüsse. Es gab unzählige Schwerverletzte und dutzende Tote.
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Die Reeperbahn und umliegende Straßen auf St. Pauli waren jahrzehntelang Anlaufpunkt für käuflichen Sex. In Hochzeiten boten dort bis zu 300 Frauen täglich ihre Dienste an. Doch nachdem der Kiez sich immer mehr zur Party-Meile entwickelte, Clans, Gewalt und Abzocke Einzug hielten, verlagert sich das Geschäft mit dem Sex immer mehr in bürgerliche Wohngebiete. Die MOPO erklärt, wo die neuen Hotspots sind – und warum die Behörden kaum etwas dagegen tun (können).
Die Zeiten, in denen auf St. Pauli das große Geld mit käuflichem Sex verdient wurde, sind lange vorbei. Wo früher milieubedingte Streitigkeiten mit Fäusten geregelt wurden, hielten Ende der 80er Jahre Nachwuchszuhälter aus südlichen Ländern Einzug. Später kamen ganze Clans dazu. Und immer öfter blitzten Messerklingen und fielen Schüsse. Es gab unzählige Schwerverletzte und dutzende Tote.
Als auch noch die Angst vor Aids aufkam, stagnierte das Sex-Geschäft auf dem Kiez. Kriminelle Banden und Rockergruppierungen stritten sich um den immer kleiner werdenden Kuchen. Schießereien waren an der Tagesordnung. Immer mehr Zuhälter und Bordellbetreiber warfen das Handtuch. Der Wandel zur Partymeile schritt voran.
Gewalt und Abzocke: Sex-Geschäft auf dem Kiez geht bergab
Immer weniger Huren boten ihre Dienste dort an. Mit zunehmenden Medienberichten über Abzocke, bei dem so manchem Freier das Konto leergeräumt wurde, mieden auch immer mehr Touristen die Herbertstraße und die angrenzende Davidstraße sowie die Großbordelle an der Reeperbahn. Durch Corona kam des Geschäft mit dem Sex dann zum Erliegen.
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Immer mehr Sexarbeiterinnen wanderten ab und siedelten sich in sogenannten Modellwohnungen an. Dabei handelt es sich um Zimmer in normalen Miethäusern in gutbürgerlichen Stadtteilen. Die Prostituierten und ihre „Beschützer“ erkannten schnell, dass sich hier wieder gutes Geld mit dem käuflichen Sex verdienen lässt. „Die Gefahr, dass einer meine Gäste von Freunden oder Familienmitgliedern in einer ruhigen Straße erkannt wird, ist deutlich geringer als auf dem Kiez“, sagt etwa Sexarbeiterin Danielle (26) zur MOPO.
Sie hat sich in einer Wohnung in der Kieler Straße (Stellingen) niedergelassen. Die Einzige ist sie hier nicht. Auf rund 250 Meter bieten bis zu 20 Mitstreiterinnen ihre Dienste unweit der A7 an – die Nähe zur Autobahn und die vielen Pendler bescheren den Frauen gute Geschäfte.
Im Bereich Wandsbek: 38 Prostituierte bieten käuflichen Sex an
Auf der Suche nach guten Infrastrukturen gerieten auch andere Stadtteile in den Fokus der Sexarbeiterinnen. Schnell wurde erkannt, dass Hauptstraßen, die aus Hamburg herausführen, profitabel fürs Geschäft sein können.
Eine davon ist die Wandsbeker Chaussee mit der Wandsbeker Marktstraße als Verlängerung. Hier bieten derzeit 18 Frauen in drei Häusern ihre Dienste an. Darunter ist auch ein ehemaliges Ladengeschäft, in dem zeitweise bis zu zwölf Frauen arbeiten.
An weiteren Straßen (Güntherstraße, Wandsbeker Stieg, Hohenfelder Straße, Wartenau, Brauhausstieg), die in unmittelbarer Nähe zur Wandsbeker Chaussee verlaufen, gibt es fünf weitere Häuser, in denen 20 Prostituierte käuflichen Sex anbieten. Auf zusammengenommen 3,5 Kilometer sind derzeit also 38 Frauen tätig.
Auch in den angrenzenden Stadtteile Barmbek und Winterhude gibt es immer mehr Prostituierte: Innerhalb von nur fünf Fahrminuten bieten aktuell 63 Sexarbeiterinnen ihre Dienste an.
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Mehr als 60 Sexarbeiterinnen im Hamburger Süden
Eine weitere Straße, die gut laufende Geschäfte verspricht, ist die Langenhorner Chaussee zwischen Fuhlsbüttel und Langenhorn. Von der Anbindung zur A7 und nach Schleswig-Holstein versprechen sich hier rund 40 Sexarbeiterinnen gute Geschäfte.
Zudem gibt es hier mehrere Hotels, in denen Flugreisende übernachten und bei Sex-Bedarf direkt vor Ort fündig werden, anstatt den weiten Weg in die Innenstadt fahren zu müssen.
Getoppt werden diese Stadtteile nur noch durch den Bereich Harburg, Eißendorf, Heimfeld und Neugraben. Bis zu 58 Prostituierte und ein Saunaclub, in dem bis zu acht Frauen tätig sind, werben auf einschlägigen Webseiten für ihre Dienste.
Dort spielen ebenfalls die Anbindung zur A7 und die vielen aus Niedersachsen kommenden Pendler eine zentrale Rolle.
Wohnungsprostitution verboten – Bezirksämter häufig machtlos
Dabei ist Prostitution in Wohnungen eigentlich verboten. Immer wieder gehen die Hamburger Bezirksämter dagegen vor – doch es ist meist ein Kampf gegen Windmühlen.
Den Behördenmitarbeitern wird bei durchgeführten Überprüfungen häufig nicht die Tür geöffnet. Handhabe, diese gewaltsam aufzubrechen, gibt es nur selten. Oft sind auch die Besitzverhältnisse ungeklärt: Haus und Wohnungseigentümer reagieren in aller Regeln nicht auf behördliche Anschreiben.