Hamburgs Schul-„Feuerwehr“: Warum Hunderte Lehrkräfte gerade ihren Job verlieren
Sie sind da, wenn es „brennt“: Rund 2500 Lehrkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen standen im Juni vor Hamburger Schulklassen – mehr als im Jahr zuvor. Nur gut 200 von ihnen werden auch über die Sommerferien hinweg bezahlt. Alle anderen sind bald arbeitslos, wie aus einer Senatsanfrage der Linken hervorgeht. Die MOPO erklärt, wie das System funktioniert und warum es so problematisch ist.
Sie sind da, wenn es „brennt“: Rund 2500 Lehrkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen standen im Juni vor Hamburger Schulklassen – mehr als im Jahr zuvor. Nur gut 200 von ihnen werden auch über die Sommerferien hinweg bezahlt. Alle anderen sind bald arbeitslos, wie aus einer Senatsanfrage der Linken hervorgeht. Die MOPO erklärt, wie das System funktioniert und warum es so problematisch ist.
Knapp zwölf Prozent aller Hamburger Lehrkräfte haben befristete Arbeitsverträge, viele davon arbeiten Teilzeit. In absoluten Zahlen heißt das: Für 2300 Lehrerinnen und Lehrer läuft der Arbeitsvertrag mit den Sommerferien aus. Die wenigsten der schulischen „Saisonarbeiter“ beantragen Arbeitslosengeld: Laut der Agentur für Arbeit waren im Juli in Hamburg 402 Lehrerinnen und Lehrer arbeitslos gemeldet, 200 mehr als im Mai.
Wie Feuerwehrkräfte sind die befristeten Vertreterinnen (in allen Schulformen sind die meisten befristeten Stellen von Frauen besetzt) zur Stelle, wenn es brennt, meistens, wenn verbeamtete Lehrerinnen in Elternzeit gehen oder Lehrer langfristig erkranken.
Lehrkräfte in Hamburg: Arbeitslos im Sommer
Wie setzt sich diese „Feuerwehr“ zusammen? „In der Regel handelt es sich um Studierende oder pensionierte Lehrkräfte“, heißt es aus der Schulbehörde: „Beide Gruppen können in der Regel nicht mehrere Jahre oder sogar dauerhaft beschäftigt werden, weil es ihre Lebenssituation nicht zulässt.“ Dazu passt, dass – je nach Schulform – zwischen 40 und 50 Prozent der Springer höchstens 30 Jahre alt sind.
Der Trend zur Befristung steigt: Im vergangenen Jahr waren „nur“ 2246 Verträge befristet. Den Anstieg erklärt die Behörde mit dem Mehrbedarf durch Corona und den Krieg: Allein 105 Lehrerinnen und Lehrer wurden vorübergehend eingestellt, um ukrainische Kinder zu unterrichten.
Viele derer, die mit den Sommerferien ihr Anstellung verlieren, haben durch ihre kurzen Verträge gar keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld: „Gerade Lehrkräfte, die gestückelte Krankheitsvertretungen machen oder in Mängelfächern aushelfen und dadurch keine Arbeitsverträge über zwölf Monate erhalten, baden die Probleme unverschuldet aus“, sagt Dirk Mescher, Geschäftsführer der Lehrergewerkschaft GEW.
Viele befristete Verträge an Hamburgs Schulen
Den höchsten Anteil befristeter Verträge gibt es an Stadtteilschulen (3,7 Prozent aller Lehrkräfte), gefolgt von Grundschulen (3,5 Prozent) und Gymnasien (3,1 Prozent). Die Verträge macht jede Schule selbst – und hat dabei vom Senat die Vorgabe, dass die Sommerferien zwingend mit einbezogen werden müssen, sobald eine Vertretung mindestens ein Jahr lang gebraucht wird. Auf diese Weise haben nun immerhin 212 befristet angestellte Lehrerinnen und Lehrer bezahlte Sommerferien, was 2019 nur auf 167 zutraf.
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Sabine Boeddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Linken, nennt die Folgen für die Betroffenen: „Es werden Brüche in der Erwerbsbiografie erzwungen, die Zeit der Anstellung reicht nicht aus, um Anspruch auf ALG I zu bekommen, qualifiziertes Personal, das an allen Ecken und Enden fehlt, fällt aus. Die Schulbehörde hat hier noch Luft nach oben, um sich gegen den unschönen Bundestrend der Sommerarbeitslosigkeit von Lehrkräften zu stellen.“
Immerhin, so betont der Senat, habe Hamburg für das kommende Schuljahr 459 neue Lehrkräfte unbefristet eingestellt.