S-Bahn-Revolution: Hamburg baut um – Buxtehude und Stade trifft es hart
Neue Wege, neue Bezeichnungen und erst mal viel Verwirrung: Ab nächstes Jahr soll die S-Bahn in Hamburg in einem komplett neuen Liniennetz unterwegs sein. Zwei Jahre lang hat das Unternehmen dafür zusammen mit dem HVV und der Verkehrsbehörde an dem neuen Plan getüftelt. Drei Liniennummern fallen komplett weg, eine neue kommt hinzu. Vor allem Fahrgäste aus dem Süden müssen sich auf Änderungen einstellen.
Lesen Sie alle Hintergründe mit MOPO Plus – jetzt vier Wochen testen für nur 99 Cent!
Neue Wege, neue Bezeichnungen und erst mal viel Verwirrung: Ab nächstes Jahr soll die S-Bahn in Hamburg in einem komplett neuen Liniennetz unterwegs sein. Zwei Jahre lang hat das Unternehmen dafür zusammen mit dem HVV und der Verkehrsbehörde an dem neuen Plan getüftelt. Drei Liniennummern fallen komplett weg, eine neue kommt hinzu. Vor allem Fahrgäste aus dem Süden müssen sich auf Änderungen einstellen.
„Das aktuelle Liniennetz kann die zukünftigen Anforderungen an die S-Bahn nicht erfüllen“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) auf der Landespressekonferenz am Dienstag. „30 Prozent aller Verkehrsteilnehmer sollen perspektivisch den ÖPNV nutzen, das sind 50 Prozent mehr Fahrgäste als heute.“
Um diesen Kraftakt zu stemmen, muss das Netz stabiler werden. Das heißt im Klartext: Weniger Ausfälle, weniger Verspätungen und weniger genervte Fahrgäste. Die größte Veränderung: Die Liniennummern S11, S21 und S31 werden ab Dezember 2023 endgültig der Vergangenheit angehören. Stattdessen werden unter anderem auf diese Strecken die Linien S1 bis S5 – und perspektivisch auch die S6 – auf die Schienen geschickt.
S-Bahn Hamburg: Hier fährt die neue Linie S1 entlang
Die bisherige Verstärkerlinie S11, die bisher zwischen Blankenese und Ohlsdorf pendelte, soll vollkommen in die S1 integriert werden. Diese soll weiterhin zwischen Wedel und Poppenbüttel beziehungsweise dem Airport fahren. Die für manchen verwirrende Trennung in Ohlsdorf zu den Zielen Poppenbüttel und Airport wird weiterhin bestehen bleiben. Die neue S1 fährt dann in den Hauptverkehrszeiten im Fünf-Minuten-Takt. Alle Fahrgäste, die aus Blankenese zum Dammtor wollen, müssen allerdings in Zukunft in Altona umsteigen. „Dieser Umstieg wird bahnsteigsgleich sein“, kündigte S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke an.
S-Bahn Hamburg: Hier fährt die neue Linie S2 entlang
Auch hier wird die bisherige Verstärkerlinie S2 in die ehemalige S21 integriert und wird zur „vollwertigen“ S2. Zu Hauptverkehrszeiten ist dann alle fünf Minuten eine Bahn zwischen Altona und Aumühle unterwegs. Diese Linie wird in Zukunft über Dammtor und Sternschanze fahren und nicht durch den Citytunnel. Auch hier wird es deshalb zu neuen Umstiegen kommen: Alle Fahrgäste, die aus Bergedorf zum Jungfernstieg wollen, müssen in Altona umsteigen. Das Gleiche gilt für die Ziele Diebsteich, Eidelstedt und Elbgaustraße.
S-Bahn Hamburg: Hier fährt die neue Linie S3 entlang
Vor 15 Jahren wurde die S3 von Neugraben in Richtung Stade verlängert – das soll jetzt wieder rückgängig gemacht werden! Das bedeutet, die S3 fährt nur noch zwischen Pinneberg und Neugraben. „Die S3 muss in Neugraben immer angekoppelt werden, bevor sie in die Hamburger City weiterfährt, das sorgt für Störungen“, so Arnecke. Deshalb starten die Züge künftig leer in Neugraben und bieten so mehr Platz für Fahrgäste aus Harburg. Dazu eine weitere gute Nachricht: Ab Dezember 2023 sollen hier von 5 bis 19 Uhr durchgängig Langzüge unterwegs sein.

S-Bahn Hamburg: Die neue Linie S4 wird gerade gebaut
An den Plänen für die neue S4 ändert sich nichts. Diese wird gerade gebaut und soll in Zukunft zwischen Altona und Bad Oldesloe unterwegs sein und ab 2029 bis zu 25.000 Menschen in Wandsbek, Marienthal, Tonndorf, Rahlstedt und im Kreis Storman an das Hamburger Schnellnetz anschließen.
S-Bahn Hamburg: Hier fährt die neue Linie S5 entlang
Die gänzlich neue S-Bahnlinie mit der Nummer S5 soll sich künftig um die Fahrgäste in Stade und Buxtehude kümmern. Diese Bahn wird von Stade über Neugraben und Dammtor bis zur Elbgaustraße fahren. Arnecke prognostiziert auch hier eine größere Pünktlichkeit, da der Zug in Neugraben nicht mehr angekoppelt werden muss.
Die neue Linie ersetzt damit zum einen die S3 zwischen Neugraben und Stade, die S31 zwischen Neugraben und City und auch noch die wegfallende S21 zwischen City und Elbgaustraße. Auch hier gibt es neue Umstiege, denn die Direktverbindung zwischen Stade und Jungfernstieg fällt weg. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll diese Linie über Eidelstedt nach Kaltenkirchen verlängert werden.
S-Bahn Hamburg: Hier wird es eine neue Linie S6 geben
Die künftige S6 ersetzt die laufenden Planungen für die S32. Diese soll als dritte Linie in den Hamburger Süden fahren und von Neugraben aus über Harburg bis zur Elbgaustraße rollen. Allerdings zieht sich dieses Projekt schon seit Jahren, ursprünglich sollten hier bereits 2021 die ersten Züge unterwegs sein, inzwischen ist von 2027 die Rede. Das liegt unter anderem an Infrastrukturmaßnahmen, so muss ein komplett neues Stellwerk errichtet werden.
In der Opposition teilt man die Begeisterung für das neue Liniennetz nur teilweise. „Weniger Ausfälle und mehr Pünktlichkeit sind natürlich gut“, sagt Heike Sudmann, verkehrspolitische Sprecherin der Hamburger Linksfraktion. „Doch die vollgestopften Züge werden auf vielen Strecken erhalten bleiben, denn zusätzliche Angebote und Kapazitäten gibt es erst einmal nicht.
Besonders ärgert sie der Umgang auf der südlichen Strecke: „Der Einsatz längerer Züge nach Harburg und Neugraben kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die seit Jahren vom Bezirk und von den Fahrgästen geforderte S32 frühestens 2027 kommt.“
Neues S-Bahn Netz für Hamburg: Opposition ist skeptisch
Auch Anna von Treuenfels-Frowein, FDP-Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft, bemängelt die Vernachlässigung der S-Bahn-Fahrgäste aus dem Süden und dem Umland. „Neue Umsteigenotwendigkeiten kosten für diese Pendler Zeit und Anstrengung, was für Berufstätige, wie ältere Menschen keine gute Nachricht ist. Und einige Langzüge werden nicht das Grundproblem mangelnder neuer Strecken nach Harburg und Umgebung lösen.“ Aus ihrer Sicht liegt die Realisierung der Mobilitätswende noch in großer Ferne.
Dem stimmt Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer CDU-Sprecher, deutlich zu, auch wenn er den „Ausbau und die Optimierung des bestehenden Systems“ begrüßt. Für ihn ist es nicht hinnehmbar, dass die Züge der S1 weiterhin in Ohlsdorf getrennt werden. „Zahlreiche Touristen und Gäste Hamburgs werden durch diese Praktik verwirrt. Das ist für eine Großstadt und einen funktionierenden ÖPNV nicht hinzunehmen.“