Mega-Projekt festgefahren! Das Märchen von den schnellen Bussen
Hamburg solle das „modernste Bussystem Europas“ bekommen, kündigte der frisch gewählte und allein regierende SPD-Bürgermeister Olaf Scholz im Jahr 2011 vollmundig an und beerdigte damit gleichzeitig das Stadtbahnprojekt seiner Vorgänger. Der große Wurf blieb allerdings aus. Heute – zwölf Jahre später – ist das zweifelhaft berühmt gewordene Busbeschleunigungsprogramm noch immer weit vom Ziel entfernt. Was ist aus dem Projekt geworden, das vor einigen Jahren noch die Gemüter in der Stadt aufheizte, wie sonst kaum ein anderes Verkehrsvorhaben? Viel schneller sind die Busse bislang jedenfalls nicht unterwegs.
Hamburg solle das „modernste Bussystem Europas“ bekommen, kündigte der frisch gewählte und allein regierende SPD-Bürgermeister Olaf Scholz im Jahr 2011 vollmundig an und beerdigte damit gleichzeitig das Stadtbahnprojekt seiner Vorgänger. Der große Wurf blieb allerdings aus. Heute – zwölf Jahre später – ist das zweifelhaft berühmt gewordene Busbeschleunigungsprogramm noch immer weit vom Ziel entfernt. Was ist aus dem Projekt geworden, das vor einigen Jahren noch die Gemüter in der Stadt aufheizte, wie sonst kaum ein anderes Verkehrsvorhaben? Viel schneller sind die Busse bislang jedenfalls nicht unterwegs.
„Manchmal sind verblüffend einfache Mittel ausreichend“, beteuerte der ehemalige Hochbahn-Vorstand Ulrich Sieg bei der Präsentation für das Hamburger „Bussystem der Zukunft“ im Dezember 2011. Journalisten hatten ihn vorher gefragt, was aus Scholz‘ großer Ankündigung geworden sei. „Viele Kleinigkeiten bringen in der Summe auch etwas“, betonte er. Gemeint waren damit eigene Busspuren „wo dies möglich ist“, Vorrang für Busse an Ampeln sowie der Umbau von Haltestellen.
Busbeschleunigung: 14 Linien sollen aufgerüstet werden
Die vielen Kleinigkeiten verteilen sich auf insgesamt 14 Buslinien, die wiederum in zwei Ausbauziele eingeteilt wurden: Ausbauziel A mit den Linien 2, 3, 4, 21, 5, 6, 7, 20 und 25 sollte bereits im Jahr 2016 erreicht werden, Ausbauziel B und die Linien 12, 14, 15, 23 und 26 sollten bis 2020 folgen.
Sprung in die Gegenwart: Aus dem letzten Bericht des Verkehrsausschusses zu dem Thema geht hervor, dass noch nicht einmal Ausbauziel A fertig ist: Immerhin der Eidelstedter Platz (Linien 4 und 21) sowie die Linien 5 und 7 sind komplett umgebaut. Beim Rest fehlt es teils an den berühmten „Kleinigkeiten“. Auf der Linie 6 sind die Ampeln zum Beispiel auf der ganzen Strecke umgeschaltet – nur diejenigen an der Hohenfelder Bucht fehlen aufgrund einer Baustelle.
Was ist schon fertig? Was muss noch gebaut werden?
Ein anderes Bild auf den Linien 20 und 25: Hier wird unter anderem der Eppendorfer Marktplatz ab 2025 umgebaut. Bis dahin soll aber immerhin die Max-Brauer-Allee in Altona fertig sein. Dort müssen sich die Busse derzeit aufgrund der Baustelle eine Spur mit den Autos teilen – und stehen oft im Stau. Da hilft auch kein Vorrang an den Ampeln. Richtig lange wird es aber wohl noch bei den Haltestellen am Überseering West dauern. Die Straße wird für die neue U-Bahn-Linie U5 komplett aufgebuddelt – Busplanungen stehen da hinten an.
Ein kurzer Blick auf das Ausbauziel B zeigt: Vieles ist erst in Planung, einiges kann auch hier erst nach der U5 fertig gestellt werden oder hängt von einer möglichen Erweiterung des Stadtparks ab.
Busbeschleunigung ist ein emotionales Thema in Hamburg
Warum dauert das alles so lange? Einer der Gründe liegt laut dem ehemaligen grünen Verkehrspolitik-Sprecher und heutigen Staatsrat Martin Bill in der „intensivierten Bürgerbeteiligung“. Denn die Busbeschleunigung war in den ersten Jahren nach 2011 ein emotionales Thema in Hamburg: Initiativen formten sich, Anwohner und Geschäftsinhaber gingen wegen der Baustellen und Sperrungen auf die Barrikaden. Einmal brüllten wütende Anwohner einen Ingenieur, der das Programm in einer Kirche vorstellte, regelrecht nieder. Bei einer Volksinitiative unterschrieben rund 20.000 Menschen gegen das Vorhaben.
Nach der Wahl 2015 einigte sich der rot-grüne Senat schließlich mit den Initiativen auf einen 14-Punkte-Plan. Dabei wurden „neue Verfahren eingeführt und insbesondere die Bürgerbeteiligung intensiviert. Dass das Zeit kostet, war klar“, sagte Bill 2019 dem „Abendblatt“.

CDU-Verkehrssprecher Richard Seelmaecker bezeichnet die Umsetzung der Busbeschleunigung wiederum als „Katastrophe“. „Letzte Anfragen an den Senat zeigen, dass große Teile der Busse innerhalb Hamburgs verspätet sind“, sagt er der MOPO. „Mit dem modernsten Bussystem Europas hat dies leider nichts zu tun.“
So viel schneller sind Hamburgs Busse jetzt
Sind die fertigen Busse denn wenigstens schneller? Laut Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum sank die Fahrzeit auf der Linie 5 zwischen Burgwedel und Hauptbahnhof um knapp fünf bis sieben Minuten und auf der Linie 7 zwischen Barmbek und Borchertring „je nach Tageszeit“ um zwei bis vier Minuten. „In der Tat war Busbeschleunigung von vornherein ein irreführender Begriff“, schiebt er direkt hinterher. „Denn die Reisezeitverkürzung ist einer und vermutlich nicht mal das wichtigste Ziel der Maßnahmen.“ So seien die Busse pünktlicher, gleichmäßiger ausgelastet und könnten öfter fahren.

Dem widerspricht die Linken-Politikerin Heike Sudmann: „Die Busse sind immer noch überfüllt und kommen immer noch verspätet“, sagt sie der MOPO. „Solange die Busse genauso wie die Autos im Stau stehen, verlockt das doch nicht zum Umsteigen.“ Es brauche mehr Busspuren.
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Wann sämtliche „Kleinigkeiten“ jetzt endlich fertig sind? Verkehrsbehörden-Sprecher Dennis Heinert kann keinen genauen Zeitpunkt nennen, „da die Maßnahmen in komplexen Zusammenhängen stehen und mit anderen Maßnahmen weiterer Realisierungsträger zu koordinieren sind“. Übersetzt: Dauert noch. Immerhin die ursprünglichen Kosten von 259 Millionen Euro sollen nicht überschritten werden.