„Dramatische Bilder“: Überall tote Fische in der Elbe – das sagt die Stadt
Massenhaft ersticken aktuell Fische, Muscheln, Schnecken und Krebse in der Elbe. Das war auch schon in der Vergangenheit so. Experten sind sich aber einig: In diesem Jahr hat es den Fluss besonders schwer getroffen, denn so niedrig wie heute waren die Sauerstoff-Werte lange nicht. Wissenschaftler haben das große Sterben kommen sehen, vor Wochen davor gewarnt. Doch passiert ist nicht viel. Jetzt meldete sich Hamburgs Umweltbehörde zu Wort.
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Massenhaft ersticken aktuell Fische, Muscheln, Schnecken und Krebse in der Elbe. Das war auch schon in der Vergangenheit so. Experten sind sich aber einig: In diesem Jahr hat es den Fluss besonders schwer getroffen, denn so niedrig wie heute waren die Sauerstoff-Werte lange nicht. Wissenschaftler haben das große Sterben kommen sehen, vor Wochen davor gewarnt. Doch passiert ist nicht viel.
„Sowas habe ich noch nie gesehen.“ Benjamin Schümann war schockiert, als er vergangenen Sonntagmorgen über die Süderelbe fuhr. Langsam manövrierte er sein Boot durch Millionen toter Kleinfische. Diese dienen vor allem größeren Fischen und Vögeln als Nahrung und sind eine wichtige Säule der Nahrungskette.
„Was ich gesehen habe, macht mich unglaublich traurig“, sagt Schümann, der seit sieben Jahren mit dem Boot auf der Elbe unterwegs ist und auf Guiding-Touren Anglern seine Elbe zeigt. „Im Verlauf der nächsten Tage habe ich massenhaft tote Zander, Brassen, Störe und Aale gesehen. Die Fische, die in den sauerstoffarmen Bereichen noch lebten, schwammen langsam unter der Wasseroberfläche umher und schnappten nach Luft.“
Gründe für Elb-Misere: Algenwachstum, steigende Wassertemperaturen und weniger Flachwasser-Zonen
Fische brauchen zum Atmen mindestens drei Milligramm Sauerstoff pro Liter Wasser. Sinkt der Wert darunter, müssen Tiere, die in diesen Zonen leben oder durchschwimmen, sterben. Seit drei Wochen sinken die Werte in der Elbe fast kontinuierlich und lagen am vergangenen Montag bei teilweise nur einem Milligramm pro Liter.
Die Gründe für diese Misere: Algenwachstum, steigende Wassertemperaturen und die immer weniger werdenden Flachwasser-Zonen. Letztere sind enorm wichtig für das Öko-System, denn sie sorgen dafür, dass der Fluss mit Sauerstoff angereichert wird. Doch vor allem durch die Elbvertiefung gehen diese Zonen immer mehr zurück. Die Folgen kommen einer Umweltkatastrophe gleich und werfen eine altbekannte Frage in den Raum: Was kostet uns die Elbvertiefung wirklich?
Dass die Sauerstoff-Werte sinken, passiere immer, wenn sich Wasser erwärme, und ist generell auch in Hamburg nichts Außergewöhnliches. In der Elbe sei aber ein Trend zu beobachten, der mit der Elbvertiefung zusammenhänge, sagt Malte Siegert.
Er ist der umweltpolitischen Leiter des Naturschutzbundes-Hamburg (NABU) und erklärt, wovor schon seit Jahren gewarnt wird: „Zum einen führt die Elbvertiefung dazu, dass die Flachwasser-Zonen austrocknen, weil der Pegel generell sinkt“, sagt Siegert. „Ein anderer Punkt ist der, dass die Algen in der ausgebaggerten Elbe absterben, weil sie nicht mehr genug Licht bekommen – das Wasser ist zu tief.“ Das führe dazu, dass durch die biologischen Zersetzungsprozesse noch mehr Sauerstoff verbraucht wird. Bei den Fischkadavern, die nun tonnenweise in der Elbe treiben, ist das nicht anders.
„Die Elbvertiefung droht dem Fluss das Genick zu brechen“, meint Siegert und sieht die Politik in der Verantwortung: „Dieser Fluss und dieses Projekt sind nicht kontrollierbar und es müssen Grundsatzentscheidungen getroffen werden.“ Diese dürften nicht wieder zugunsten der Wirtschaft ausgehen.
Die Hamburg Port Authority, die die Elbvertiefung umsetzt, sagte auf Nachfrage: „Sinkt der Sauerstoffgehalt der Elbe unter vier Milligramm pro Liter, stellen wir grundsätzlich unsere Arbeiten mit dem Wasserinjektionsgerät und Schlickpflug ein.“
In der Süderelbe werde aber immer noch gebaggert. Genau der Elbabschnitt, in dem Schümann die meisten tote Fische fand.
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Nach der MOPO-Veröffentlichung meldete sich auch die Hamburger Umweltbehörde zu Wort. Ein Sprecher der Behörde von Senator Jens Kerstan (Grüne) teilte mit, es hätten sie „dramatische Bilder von toten Fischen in der Elbe“ erreicht. Konkrete Gründe nannte die Stadt aber nicht.
Niedrige Sauerstoffwerte im Bereich der Hamburger Tideelbe träten zwar jedes Jahr im Sommer auf. Und normalerweise schaffe nachlaufendes, sauerstoffhaltiges Wasser aus dem Mittelauf der Elbe Linderung. „Doch das ist dieses Jahr anders, denn auch im nachlaufenden Wasser sind die Sauerstoffwerte sehr niedrig.“ Man arbeite mit Hochdruck daran, die Gründe dafür herauszufinden – „noch sind sie unbekannt“.
Hinweis der Redaktion: Der Text wurde nachträglich um das Statement der Umweltbehörde ergänzt.