Hamburger will eine Frau beschützen – das ändert sein Leben dramatisch
Es könnte eine typische Heldengeschichte sein: Ein Mann sieht eine Frau in Gefahr, eilt ihr zu Hilfe, der Täter wird gefasst, Happy End. Doch die Geschichte von Manuel K. (34) aus Eppendorf endet nicht im Glück – er landet im Krankenhaus. Heute kann er nicht mehr arbeiten, leidet unter den Folgen der Gewalttat. Ein weiterer Schlag ins Gesicht, sagt er, kam vom deutschen Rechtsstaat.
Es könnte eine typische Heldengeschichte sein: Ein Mann sieht eine Frau in Gefahr, eilt ihr zu Hilfe, der Täter wird gefasst, Happy End. Doch die Geschichte von Manuel K. (34) aus Eppendorf endet nicht im Glück – er landet im Krankenhaus. Heute kann er nicht mehr arbeiten, leidet unter den Folgen der Gewalttat. Ein weiterer Schlag ins Gesicht, sagt er, kam vom deutschen Rechtsstaat.
„Ich möchte meine Geschichte teilen, da ich mich vom deutschen Rechtssystem im Stich gelassen fühle“, sagt Manuel K., ein gemütlicher Typ mit Brille, Bart und sanftem Lächeln. „Ich habe Zivilcourage bewiesen. Die Frau war in einer sehr gefährlichen Situation, in der ich mir an ihrer Stelle gewünscht hätte, dass Passanten mir helfen. Leider wurde ich dann angegriffen, rief um Hilfe und bekam keine – obwohl der Bahnsteig voll mit Menschen war. Alle schauten weg.“
Hamburg: Mann will Frau helfen – und wird selbst attackiert
Am 15. Mai 2022 verändert sich das Leben des Gymnasiallehrers schlagartig. Manuel K. erzählt: Er ist mit einem Bekannten unterwegs. Am S-Bahnhof Veddel bemerkt er, wie ein Mann in den Zwanzigern eine Frau – anscheinend seine Freundin – verbal und körperlich attackiert. Sein Bekannter geht auf das Paar zu, will dazwischen gehen. Manuel K. bleibt im Hintergrund. Er zückt sein Handy, um die Polizei zu rufen. Doch der Angreifer bemerkt es, kommt auf ihn zu und schlägt ihm ins Gesicht.
Sein Bekannter will helfen, packt den Angreifer von hinten. Wilde Rangelei. „Ich hatte Todesangst. Ich dachte, er wirft uns gleich auf die Gleise“, sagt Manuel K. – doch letztendlich hätten sie es geschafft, den Angreifer zu Boden zu bringen und ihn festzuhalten. Da ihnen keiner der umstehenden Menschen zu Hilfe eilte, hätten sie gewartet, bis der Mann am Boden sich etwas beruhigte. Dann hätten sie ihn losgelassen. Daraufhin habe der Mann den Bekannten geschubst, ihm gegen die Lippe geboxt und sei abgehauen. Das geben die beiden Geschädigten der Polizei zu Protokoll, als sie am Tatort eintrifft.
Manuel K. kämpft nach Angriff mit den Folgen
Die äußerlichen Verletzungen von Manuel K. scheinen unspektakulär: eine blutige Wunde am Mund, eine geplatzte Ader im Auge. Doch Manuel K. hat eine posttraumatische Belastungsstörung. Es folgt: ein vierwöchiger Krankenhausaufenthalt mit schweren Dissoziationen, krankhafter Schlafstörung und Erbrechen. Er ist bis heute in Therapie, arbeitsunfähig und in vorläufigem Vorruhestand.
Das Strafverfahren gegen den mutmaßlichen Täter wurde im September 2022 eingestellt. Das bestätigt auch eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gegenüber der MOPO. Hintergrund sei unter anderem, dass die verursachten Verletzungen nach Aktenlage nicht gravierend genug waren.
Außerdem sieht die Strafprozessordnung vor, dass die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Tat absehen kann, wenn die Strafe für diese Tat neben einer Strafe, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Straftat rechtskräftig verhängt worden ist, nicht ins Gewicht fällt.
Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein
„Von dieser Vorschrift hat die Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht“, so die Sprecherin. Dem Angreifer vom Bahnhof wurde unerlaubtes bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen. Im Oktober 2022 ist er dafür verurteilt worden – zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung.
„Dieser zweite Schlag ins Gesicht, dieses Mal durch das deutsche Rechtssystem, belastet mich fast noch mehr als der Schlag des Täters“, sagt Manuel K., und ergänzt: „Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft widerspricht meinem Verständnis von Recht und Gerechtigkeit zutiefst. Ich denke, ich bin damit nicht alleine.“
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Manuel K. klagt nun auf Schmerzensgeld. Doch ob der Mann zahlen kann, ist unklar. Die Polizei werde er beim nächsten Mal natürlich wieder rufen. Jedoch nur außerhalb des Sichtfelds des Angreifers. „Es hätte weiß Gott was auf dem Bahnsteig passieren können. Ich bin dankbar, dass ich noch lebe.“