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Mann in Handschellen
  • Einer der zehn Angeklagten wird in Handschellen in den Saal geführt.
  • Foto: Christian Charisius/dpa

Kokain: So funktionierte das Dealer-Netzwerk im Hafen

Tonnenweise Kokain sollen die zehn Männer über den Hamburger Hafen eingeschmuggelt haben, einer der beiden Hauptangeklagten hatte laut Anklage gar ein Passwort für das Containerabfertigungssystem der HHLA. Angeblich abhörsichere Chat-Nachrichten brachten die Ermittler auf die Spur der Bande. Jetzt begann vor den Landgericht Hamburg der Prozess – unter Polizeischutz.

Zahlreiche Polizeibeamte haben neben dem Eingang zum Saal Aufstellung genommen, als die zehn Angeklagten einzeln und in Handschellen hereingebracht werden. Einige Angehörige, darunter eine junge Mutter mit Baby, müssen hinter Absperrgittern warten: Es sind nur acht Zuschauerplätze in dem riesigen Landgerichtssaal vorgesehen, weil die zehn Angeklagten plus jeweils zwei Verteidiger bereits einen Großteil der unter Corona-Bedingungen zugelassenen Personenzahl ergeben.

Prozess um Kokain-Schmuggel im Hamburger Hafen

Der Versuch der Verteidigung, das Verfahren aussetzen zu lassen, weil die Öffentlichkeit nicht ausreichend Platz hat, scheitert jedoch. Auch den Antrag der Anwälte auf „Nicht-Verlesung der Anklage“, weil Akteneinsicht fehle, schmettert das Gericht ab. Danach ist Zeit für die vorgeschriebene Lüftungspause, so dass die Anklage erst mit 90-minütiger Verspätung verlesen wird.

Es geht um Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und um Beihilfe dazu. Im Juni 2019 sollen die Angeklagten Ashraf M. und Mehmet S. (beide 40) zusammen mit einem lange unauffindbaren Komplizen damit begonnen haben, im Auftrag von Hintermännern Container aus Südamerika im Hamburger Hafen in Empfang zu nehmen – mit Kokain an Bord, das etwa zwischen Bananen aus Ecuador versteckt war.


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Die Drogen kamen in Hapag-Lloyd-Containern an, die in Altenwerder und am Burchardkai entladen wurden. 3,3 Tonnen waren es laut Anklage insgesamt bis Juli 2020.

Zahlreiche Polizisten sicherten den Prozess im Strafjustizgebäude dpa-Bildfunk
Gruppe von Polizisten
Zahlreiche Polizisten sicherten den Prozess im Strafjustizgebäude.

IT-Spezialist Ashraf M. soll dafür gesorgt haben, dass die Container mit der illegalen Ladung von den übrigen getrennt wurden. Möglich soll ihm das gewesen sein, weil er durch seine Arbeit bei einer Logistikfirma einen Kunden-Account bei dem Abfertigungssystem der HHLA hatte und etwa einen Container als „reparaturbedürftig“ ausbuchen konnte. Es klappte aber nicht immer: Im Sommer 2020 soll Mehmet S. vergeblich ersucht haben, einen mit Reis geladenen Container, in dem 1277 Kokainpakete (insgesamt 1282,365 kg) versteckt waren, am Terminal Altenwerder abzuholen.

Drogen-Bande in Hamburg vor Gericht

Die beiden mutmaßlichen Banden-Gründer und ein weiterer Mann sind wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln angeklagt, die übrigen sieben Männer wegen Beihilfe. Sie haben etwa die Container weitertransportiert oder das Kokain entladen. Zunächst war einer der Helfer, ein Lkw-Fahrer, ins Visier der Fahnder geraten. Erst als es französischen Ermittlern gelang, ein verschlüsseltes Messenger-System zu knacken, und die Daten an das LKA gelangten, flog die mutmaßliche Schmuggelbande auf.

Im Dezember 2020, nach fast einem Jahr Ermittlungen, griffen Zoll und Polizei zu: 40 Wohnungen im ganzen Norden wurden durchsucht, 125.000 Euro in bar, zehn Schusswaffen, geringe Mengen verschiedener Drogen und einen BMW X6-SUV stellten die Beamten bei der Großrazzia sicher.

Der Prozess wird fortgesetzt, 19 Termine sind bis 22. Dezember angesetzt.

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