Einst feierte hier Kaiser Wilhelm II.: Dieses Lustschloss verfällt seit Jahrzehnten
Das Fürstengeschlecht Schwarzburg-Sondershausen ist lange ausgestorben. Doch das Jagd- und Lustschloss der hochadeligen Sippe im Kyffhäuser-Gebirge in Thüringen steht noch. Der einst prächtige Bau verfällt seit Jahrzehnten und ist wohl kaum noch zu retten.
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Das Fürstengeschlecht Schwarzburg-Sondershausen ist lange ausgestorben. Doch das Jagd- und Lustschloss der hochadeligen Sippe im Kyffhäuser-Gebirge in Thüringen steht noch. Der einst prächtige Bau verfällt seit Jahrzehnten und ist wohl kaum noch zu retten.
Von der Bundesstraße 85, die mitten durch das Mittelgebirge führt, sind die Gebäude kaum zu sehen. Die Natur hat sich das Areal zurückgeholt. Erst wenn man Gestrüpp und Gebüsch überwindet, steht man vor der Schlossruine. Diese ist frei zugänglich, doch drinnen treten die MOPO-Reporter schnell den Rückzug an – zu gefährlich! Decken sind eingestürzt und der Fußboden knarzt bedenklich.
- Florian Quandt Die Abendsonne bringt die knorrigen Bäume gut zur Geltung.
- Florian Quandt Die Natur hat sich das Areal an der B85 im Norden Thüringens zurückgeholt.
- Florian Quandt Immer noch imposant: eine Fassade der Ruine
- Florian Quandt Ganz vorsichtig erkundet MOPO-Reporterin Pauline Reibe die Schlossruine.
- Florian Quandt Laubengänge an der Rückseite des Schlosses
Es ist kaum noch vorstellbar, dass hier der regierende Graf Albert Anton (1641-1710) von Schwarzburg-Sondershausen nach dem Bau um 1700 rauschende Bälle gab und hochadelige Jagdgesellschaften bewirtete. Seine Nachfahren konnten 1896 sogar Kaiser Wilhelm II. auf Schloss Rathsfeld begrüßen. Im großen Waldgebiet soll der Monarch dann bei der Sauhatz so manchen großen Keiler erlegt haben.
Nazis hatten hier ihr „Reichssippenamt“
1918 war es vorbei mit dem einst souveränen Mini-Fürstentum, in dem kaum 90.000 Untertanen lebten. Der letzte Fürst dankte ab, lebte aber bis zu seinem Tode 1925 weiter im Schloss. Danach übernahm es der „Reichskriegerbund“ als Erholungsheim der auch „Kyffhäuserbund“ genannten Vereinigung. Während der Nazizeit bezog das Berliner „Reichssippenamt“ die Räume.
Lost Places
Der Autor: Thomas Hirschbiegel (re.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.
Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.
1945 übernahm das Land Thüringen das Schloss und ab 1951 wurde es ein Ferienheim der Werktätigen des Volkseigenen Betriebs (VEB) „Olympia Büromaschinenwerk Erfurt“. Auf dem Gelände entstand wenig später ein Zeltlager der „Jungen Pioniere“ und bis zu 1200 Kinder sind hier auf ihr Leben im Sozialismus vorbereitet worden.
Nach der Wende 1989/90 stand das Schloss leer und wurde 1998 für weniger als 100.000 Mark an einen Privatmann verlauft. 2005 brach ein großes Feuer aus und 2012 musste der Komplex wegen des schlechten Zustands von der Thüringer Denkmalliste gestrichen werden. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, ist das Schicksal des verfallenen Adelssitzes im Kyffhäuser besiegelt.