Mitten im Nirgendwo: Was haben Chinesen mit dieser ehemaligen Nazi-Schule vor?
Einst wurde hier, in der ehemaligen „Napola“, die Elite der Nazis ausgebildet, später junge Menschen zu linientreuen Sozialisten gemacht. Heute steht das etwa 34 Hektar große Grundstück in einem Wald im Ostharz leer. Doch nicht mehr lange, wenn es nach den chinesischen Investoren geht, die das Gelände gekauft haben und daraus ein Gesundheitszentrum machen wollen. Das Kuriose: Die alte „Napola“ befindet sich fernab großer Infrastruktur mitten im Nirgendwo. Und es ist nicht das einzige Grundstück dieser Art und in dieser Region, dass Chinesen gekauft haben.
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Einst wurde hier, in der ehemaligen „Napola“, die Elite der Nazis ausgebildet, später wurden junge Menschen zu linientreuen Sozialisten gemacht. Heute steht das etwa 34 Hektar große Grundstück in einem Wald im Ostharz leer. Doch nicht mehr lange, wenn es nach den chinesischen Investoren geht, die das Gelände in Ballenstedt gekauft haben und daraus ein Gesundheitszentrum machen wollen. Das Kuriose: Die alte „Napola“ befindet sich fernab großer Infrastruktur mitten im Nirgendwo. Und es ist nicht das einzige Grundstück dieser Art und in dieser Region, das von Chinesen gekauft wurde.
Die MOPO-Reporter entdecken bei ihrem Streifzug durch den Harz das riesige Gelände im Wald auf dem Großen Ziegenberg und werden sofort neugierig. Ein kleiner Weg führt zu einem Parkplatz, dahinter ein Tor, das sich problemlos passieren lässt.
Ein Hausmeister empfängt die Reporter, fragt, was sie wollen, verweist an einen etwas weiter hinten stehenden Mann mit dunklem Haar und dunkler Kleidung. „Fotos machen?“, fragt er. „Das ist hier nicht erlaubt. Bitte verlassen Sie das Grundstück!“
Ostharz: Nazi-Internat wird zu sozialistischer Parteischule
Zu Hause beginnt die Recherche. Der Gebäudekomplex hat eine lange Geschichte. 1934 fingen die Nazis im Dritten Reich mit der Planung an, 1936 begann die Realisierung des Projektes. Das Ziel dieser Schule, die „Napobi“ (Nationalpolitische Bildungsanstalt), „NPEA“ (Nationalpolitische Erziehungsanstalt“) oder „Napola“ (Nationalpolitische Lehranstalt) genannt wurde: Jugendliche „für den Dienst an Volk und Staat zu besonders tüchtigen Nationalsozialisten heranzubilden“.
Insgesamt 39 dieser Schulen wurden seit der Machtübernahme in Deutschland geplant, dazu zwei speziell für Mädchen im besetzten Gebiet. Die Lehre in Ballenstedt begann, da es ein Neubau war, erst 1942. Drei Jahre später schloss die Schule mit dem Ende des dritten Reiches – bis dahin wurden dort mehr als 350 Schüler zu linientreuen Nationalsozialisten erzogen.
Die eine Diktatur ging im Osten in die andere über – und auch die sozialistische DDR-Regierung nutzte das Gelände ab 1949 als Schule. In der Bezirksparteischule Wilhelm Liebknecht wurden in der Zeit ihres Bestehens mehr als 20.000 Schüler unterrichtet.
Das Gelände war dabei weitgehend autonom: Es gab dort ein Café, ein Klubhaus, einen Lebensmittel- und einen Buchladen, ein Frisörgeschäft sowie eine Sauna.
Nach der Wende übernahm die Stadt Ballenstedt das Gelände, wohl auch um zu verhindern, dass es ein Pilgerort für Neonazis wird. Es verfällt seitdem – bis es 2018 von zwei chinesischen Investoren namens Genyou Fu und Dong Zhao gekauft wurde.
Sie wollen aus der einstigen Kaderschmiede der Nazis ein Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin mit 170 Schlafplätzen, Kampfsport und Keramik-Kunst machen. Das gleiche haben sie etliche Kilometer weiter in Clausthal-Zellerfeld ebenfalls vor.
Seit sechs Jahren: In der „Napola“ Ballenstedt passiert nichts
Der Stadtrat stimmte mit großer Mehrheit dafür – aus zwei Gründen: eine solche Einrichtung könnte Geld in die Kassen des 9000-Seelen-Örtchens spülen. Und man war froh, die „Napola“ nicht mehr als Klotz am Bein zu haben, der in der Instandhaltung Tausende Euro im Jahr frisst.
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Doch seit der Übernahme ist auf dem Gelände nichts passiert. Haben die Chinesen sich verschätzt mit dem Kauf einer solchen Immobilie irgendwo im Nirgendwo? Oder haben sie doch etwas ganz anderes mit den beiden Arealen vor? Das wird die Zukunft zeigen.