Lost Place im Norden: Seit 31 Jahren rottet dieses Luxushotel vor sich hin
In den Goldenen Zwanzigern tobte das Leben in diesem prächtigen Luxushotel im Norden. 923 kam sogar der bekannte Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890-1930) und verbrachte mit seiner Geliebten erholsame Tage am See. Doch von der einstigen Pracht ist kaum mehr was zu ahnen. Seit 31 Jahren schon rottet das Grandhotel vor sich hin. Doch nun tut sich endlich was. Kann der alte Luxusbau doch noch gerettet werden?
In den Goldenen Zwanzigern tobte das Leben im prächtigen „Kurhotel Zippendorf“. Die Gäste hörten Swing, tanzten Charleston oder Shimmy. 1923 kam sogar der bekannte Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890-1930) und verbrachte mit seiner Geliebten erholsame Tage hier am Schweriner See. Doch von der einstigen Pracht ist kaum mehr was zu ahnen. Seit 31 Jahren schon rottet das Grandhotel vor sich hin – und ist heute wohl die bekannteste „Grandruine“ Mecklenburgs.
Schon die Anschrift weckt Urlaubsgefühle: Am Strand 1. Das ist ein wenig geschummelt, denn direkt am Wasser liegt das alte Hotel nicht, sondern am bewaldeten Hang des Bornbergs. 1909 sollte Zippendorf vor den Toren Schwerins zum Luftkurort entwickelt werden. Die „Kurhaus GmbH“ ließ das 45-Zimmer-Hotel vom Architekten Paul Korff errichten. Die meisten Zimmer hatten Seeblick, viele einen Balkon und es entstanden elegante „Damen-Gesellschafts- und Lesezimmer“. Doch dann kam der Erste Weltkrieg und naturgemäß blieben die Gäste aus. Das Hotel diente zeitweise den Offizieren einer nahen Artillerie-Einheit als Quartier.

Lost Places
Der Autor: Thomas Hirschbiegel (l.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.
Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „ Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.
Lost Place: Das „Kurhotel Zippendorf“ am Schweriner See
Bald nach dem Krieg ging es wieder aufwärts. Ab 1921 war das Hotel sogar mit der Schweriner Straßenbahn erreichbar. Wie gesagt: In den Goldenen Zwanzigern lief der Laden bestens. Doch dann kam die Weltwirtschaftskrise. 1931 musste der damalige Eigentümer Friedrich Schwarz Konkurs anmelden.
1933 wurde die Zwangsversteigerung des fast 10 000 Quadratmeter großen Grundstücks anberaumt.
Max Kirst wurde neuer Eigentümer und zusammen mit der Stadt Schwerin warb er für sein Hotel in „Bad Zippendorf“ – dabei durfte der Stadtteil das Prädikat „Bad“ gar nicht führen. wenig später ergriffen die Nazis die Macht und warfen ein Auge auf die traumhaft am See gelegene Immobilie. Zeitweise war geplant, hier SA-Leute unterzubringen. Doch 1938 zogen erst mal sudetendeutsche Flüchtlinge ein.
Der Hotel-Besitzer soll die Menschen aber schlecht behandelt haben. Wegen angeblicher Hygienemängel entzogen ihm die Behörden 1939 die Konzession.
- Florian Quandt Kann das Kurhotel Zippendorf wirklich noch saniert werden? Ein Wismarer Bauunternehmer will es wagen.
Kann das Kurhotel Zippendorf wirklich noch saniert werden? Ein Wismarer Bauunternehmer will es wagen. - Florian Quandt Vom Ufer des Schweriner Sees führt ein Pfad auf den Bornberg, auf dem das Hotel thront
Vom Ufer des Schweriner Sees führt ein Pfad auf den Bornberg, auf dem das Hotel thront - Florian Quandt Blick ins Treppenhaus eines Seitenflügels des alten Grandhotels.
Blick ins Treppenhaus eines Seitenflügels des alten Grandhotels. - Florian Quandt Die schönen Fliesen zeugen noch von der Eleganz des alten Kurhotels.
Die schönen Fliesen zeugen noch von der Eleganz des alten Kurhotels. - Florian Quandt Das völlig marode Innere des ehemals eleganten Hotels.
Das völlig marode Innere des ehemals eleganten Hotels.
Wenige Monate später brach der Zweite Weltkrieg aus und das Hotel wurde Lazarett der Luftwaffe. Ab 1945 brachten die Engländer hier schließlich befreite KZ-Häftlinge unter, damit sie am Schweriner See wieder zu Kräften kommen konnten.
1949 aber hatten die Russen die Briten in Mecklenburg lange als Besatzer abgelöst und die DDR wurde gegründet. Die Kommunisten enteigneten Hotelbesitzer Kirst, überließen aber seiner Frau eine Wohnung im Souterrain. 1956 übernahm der Sportclub „Traktor Schwerin“ das Hotel. Es diente als Klubhaus und Wohnheim für Sportler der Sektionen Boxen, Leichtathletik und Segeln. 1984 verkaufte die Stadt das Hotel an das „Lederwarenkombinat Schwerin“. Der Volkseigene Betrieb richtete hier ein Lehrlings-Internat ein und nutzte das ehemalige Hotel für Fortbildungen der Mitarbeiter.

Dann kam die Wende – und mit ihr der Verfall des einstigen Prachtbaus. Die umstrittene Treuhand-Anstalt übernahm die DDR-Immobilie und verkaufte sie schließlich zu einem unbekannten Preis. Danach wechselten die Eigentümer alle paar Jahre. Planungen für eine Internet-Uni, eine Gesundheits-Akademie und die Schaffung von Luxus-Eigentumswohnungen verliefen im Sande. 2015 wurde das Gebäude wieder einmal angeboten. Die angebliche Preisforderung: 750 000 Euro. Ein Münchener Architektenbüro schlug zu – aber es fehlte offenbar doch das Geld für die aufwendige Sanierung. Nichts geschah und der Verfall des Gebäudes ging immer weiter.
2020 wurden von Schweriner Politkern der „Unabhängigen Bürger Schwerin“ erste Forderungen nach Enteignung laut.
Doch nun tut sich endlich etwas. Ein Wismarer Bauunternehmer will das denkmalgeschützte Hotel retten. Sein Plan: Bau von drei Stadtvillen im Wald rund um das Hotel. Insgesamt sollen im Altbau und in den Neubauten 80 Mietwohnungen entstehen. Die Stadt unterstützt den Plan. Im Herbst 2022 könnte mit dem Bau begonnen werden – wenn die Finanzierung steht …