Dieser scheußliche DDR-Schandfleck verfällt – mitten im Weltkulturerbe
Mehr als 2000 Fachwerkhäuser, 1200 Einzeldenkmale, darunter ein traumhaftes Renaissance-Rathaus: Das 1000 Jahre alte Quedlinburg ist Weltkulturerbe und Touristenmagnet im Harz. Doch unweit des historischen Stadtkerns befindet sich ein ziemlich scheußlicher Schandfleck aus DDR-Zeiten, der immer mehr verfällt.
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Mehr als 2000 Fachwerkhäuser, 1200 Einzeldenkmale, darunter ein traumhaftes Renaissance-Rathaus: Das 1000 Jahre alte Quedlinburg ist Weltkulturerbe und Touristenmagnet im Harz. Doch unweit des historischen Stadtkerns befindet sich ein ziemlich scheußlicher Schandfleck aus DDR-Zeiten, der immer mehr verfällt.
Reiner Zufall, dass MOPO-Reporter dieses siebenstöckige Hochhaus entdeckten. Im Ortskern gab es eine Straßensperrung, die Umleitung führte uns an den Klopstockweg und zu dem massiven Gebäude mit der schmutzig-gelben Fassade. Neugierig schauten wir durch zerschlagene Scheiben hinein und erspähten Unterlagen eines DDR-Betriebs mit dem Namen VEB Mertik. Der war einmal der größte Arbeitgeber der Fachwerkstadt in Sachsen-Anhalt.
Messgeräte für Dampfmaschinen auf der ganzen Welt
Die Ursprünge des Unternehmens gehen zurück ins Jahr 1877, da gründeten der Ingenieur Otto Steinle und der Kaufmann Hermann Hartung die Maschinen- und Armaturenfabrik Steinle & Hartung. Die anfangs nur 14 Mitarbeiter waren fleißig und bald erfreuten sich in Quedlinburg produzierte Messgeräte für Dampfmaschinen deutschlandweit großer Beliebtheit.
Am Klopstockweg entstanden größere Fabrikgebäude und man stellte Drehzahlregler, Ventile, Thermometer und Manometer her. Im Jahr 1900 erhielten die findigen Schrauber ein Patent auf, im Falle eines Rohrbruchs, selbstständig absperrende Ventile. Der Betrieb florierte und beschäftigte bald 200 Menschen.
Im Zweiten Weltkrieg war das Unternehmen Zulieferer für die Rüstungsproduktion und bis zu 500 Arbeiter schufteten hier, darunter auch Kriegsgefangene aus Frankreich, Italien und Belgien.
Lost Place: Was wird aus der Hochhaus-Ruine?
1946 wurde Steinle & Hartung in eine sowjetische Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Russen ließen im Werk das bronzene Quedlinburger Siegesdenkmal einschmelzen und das Metall in die Heimat schaffen. Erst 1950 ging die Fabrik an die DDR und wuchs schnell. Kurz vor der Wende 1989 arbeiteten dort 3500 Mitarbeiter, stellten Tachometer für den Trabant, Einspritzventile, Thermostate oder Regler für Gasheizungen her.
Kurz vor der geplanten Liquidation kaufte der US-Unternehmer Larry Koskela 1993 die Traditionsfirma und errichtete im nahen Thale eine neue Fabrik unter dem Namen „Maxitrol“. 180 Menschen stellen dort unter anderem Gasdruckregler oder Gassicherheitsprodukte her.
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Aber was hat es nun mit dem Lost Place am alten Quedlinburger Standort auf sich? Das 1978 fertiggestellte DDR-Hochhaus ist eine Ruine. Vor Kurzem berichtete die „Mitteldeutsche Zeitung“, dass daraus ein „Energietower“ werden soll. Alteingesessenen Quedlinburgern wäre wohl ein Abriss lieber.