Sogar die Pin-up-Poster hängen noch: Dieser Geister-Knast im Norden ist zu verkaufen
Hier saßen Mörder, Sexualverbrecher und Serien-Räuber ein: Bis 2014 wurden im Gefängnis Salinenmoor bei Celle rund 200 Häftlinge, darunter viele Sicherungsverwahrte, eingesperrt. Es kam zu Gewalttaten unter den Insassen und zu einer Geiselnahme. Heute ist die verlassene Justizvollzugsanstalt ein „Lost Place“ mitten im Wald und wird schon bald vom Land Niedersachsen zum Höchstgebot veräußert.
Hier saßen Mörder, Sexualverbrecher und Serien-Räuber ein: Bis 2014 wurden im Gefängnis Salinenmoor bei Celle rund 200 Häftlinge, darunter viele Sicherungsverwahrte, eingesperrt. Es kam zu Gewalttaten unter den Insassen und zu einer Geiselnahme. Heute ist die verlassene Justizvollzugsanstalt ein „Lost Place“ mitten im Wald und wird schon bald vom Land Niedersachsen zum Höchstgebot veräußert.
Das MOPO-Team hat schon eine gewisse Lost-Place-Erfahrung. Wir waren bereits in Sowjet-Kasernen, Schlachthöfen, Bunkern und sogar in einem stillgelegten Atomkraftwerk in der Altmark haben wir uns schon umgesehen. Aber einen Geisterknast – den hatten wir noch nie, und so waren wir schon ein wenig aufgeregt, was uns dort hinter Gittern so erwartete.

Erst mal ging es vor den Toren Celles über eine rund 800 Meter lange einsame Strecke durch den Wald und dann standen wir plötzlich vor der Knastmauer. Der einschüchternde Bau mit den vier Wachtürmen wirkte, hier mitten in der Natur, wie ein Fremdkörper. Kollege Florian Quandt begann seine Bilder zu machen, während ich die Umgehung erkundete. Wenig später stand ich vor dem Knasttor – das zu meiner großen Überraschung einen Spalt offen stand!

Vorsichtig gingen wir dann beide hinein, passierten die Sicherheitsschleuse und inspizierten den Eingangsbereich. Ängstlich schauten wir immer wieder zum Torbereich, befürchteten insgeheim, dass sich jeden Moment die Stahlpforte schließen würde und wir mitten in der „Pampa“ tagelang im Geisterknast gefangen sein würden. Im Zimmer des Wachhabenden am Tor mussten wir dann aber schmunzeln: Dort hingen noch die Pin-up-Poster einer Schraubenfirma an der Wand. Ein paar Räume weiter entdeckten wir dann sogar noch Akten und Baupläne des Knastes.

Dann standen wir im Innenhof vor der Verwaltung, bogen rechts ab und befanden uns in den großen Werkhallen. Was die Knackis hier wohl früher hergestellt haben? Wir überquerten den Sportplatz und erblickten von dort die Zellenblöcke, gingen rein und inspizierten im zweiten Stock die Zellen 1-30. Ich betrat eine leergeräumte L-förmige Zelle, schloss die Tür und spähte durch die Klappe, durch die die Inhaftierten früher von den Justizbeamten beobachtet wurden.
Florian Quandt schoss weitere Fotos und ich merkte plötzlich, dass so eine dicke Zellentür innen natürlich keinen Türknauf hat. Leichte Panik befiel mich. Doch dann öffnete der Kollege lachend die Tür. Alle Schlösser in dem Zellenbau waren unbrauchbar gemacht worden. Wir beendeten unseren Rundgang und waren schon etwas froh, wieder draußen vor dem Gefängnistor zu stehen.

Wie kam es nun zu dem ungewöhnlichen Gefängnis-Leerstand? In Celle selbst wurde schon 1710-1724 ein „Werck-, Zucht- und Tollhaus“ errichtet. Die Justizvollzugsanstalt (JVA) besteht heute noch und gilt damit als älteste Haftanstalt Deutschlands, die noch in Betrieb ist. 1949 pachtete die Anstalt von der Klosterkammer Hannover den „Kultivierungsbetrieb Salinenmoor“, um dort Gefangene in der Landwirtschaft arbeiten zu lassen. Dort wurden Rinder und Schweine gehalten sowie Gemüse angebaut. So versorgte die Außenstelle Salinenmoor das Zuchthaus Celle.

Lost Places
Der Autor: Thomas Hirschbiegel (l.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.
Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.
1975-78 ließ die Landesregierung das heute leerstehende Gefängnis Salinenmoor errichten. Ab 1985 wurden hier dann auch Sicherungsverwahrte, also oft gefährliche Rückfalltäter, inhaftiert.
In den 2000er Jahren standen 212 Haftplätze, größtenteils in Einzelzellen, zur Verfügung.2014 wurde beschlossen die Haftanstalt zu schließen und die Immobilie ging an den Niedersächsischen Liegenschaftsfonds. Auf MOPO-Anfrage hieß es dort jetzt, dass der stillgelegte Knast zum Höchstgebot veräußert werden soll.