Lost Place: Wo ein amerikanischer Spion sein Leben ließ
Arthur Nicholson wusste, worauf er sich einließ, als er am 24. März 1985 eine Aufklärungs- und Spionagefahrt für die US-Army in die DDR startete. Mehr als hundert Mal waren diese Aktionen gut gegangen – doch an diesem Märztag sollte den Major das Glück verlassen.
Arthur Nicholson wusste, worauf er sich einließ, als er am 24. März 1985 eine Aufklärungs- und Spionagefahrt für die US-Army in die DDR startete. Mehr als hundert Mal waren diese Aktionen gut gegangen – doch an diesem Märztag sollte den Major das Glück verlassen.
Nicholson, von seinen Freunden Nick genannt, war Teil der US-Militärverbindungsmission. Ursprünglich von den Alliierten nach 1945 zur besseren Information der vier Besatzer-Armeen untereinander im eroberten Deutschland gedacht, entwickelten sich diese Truppen im Kalten Krieg zu Spionageeinheiten, denn sie genossen Bewegungsfreiheit auf dem Territorium des Gegners.
Im Norden: Sowjetischer Wachposten erschießt Spion
Der 37-jährige Major Nicholson hatte es bereits zu einigem Ansehen bei der Army gebracht, seit er um den Jahreswechsel 1984/1985 in ein sowjetisches Militärgebäude eingedrungen war und den damals hochmodernen sowjetischen T-80-Panzer fotografierte.

Als Auslandsoffizier mit dem Schwerpunkt Osteuropa/UdSSR kannte er sich zudem mit den Kampftechniken der Sowjetunion aus und sprach russisch.
Sein Wissen und sein Erfolg mögen bei Arthur Nicholson zu einer gewissen Risikobereitschaft geführt haben, als er an jenem 24. März 1985 gemeinsam mit Staff-Sergeant Jessie George Schatz auf sowjetisches Militärgelände nahe Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) fuhr.

Während Schatz im Auto wartete, lief Nicholson mit seiner Kamera in Richtung der Gebäude der Sowjet-Luftwaffe. Die kann man heute zum Teil noch sehen: Der Flugzeug-Hangar mitten in einem Waldstück an der B191 bei Karstädt ist verlassen, das Dach durchlöchert, auf dem Boden türmt sich bergeweise Schutt. An jenem Märztag mögen noch Flugzeuge in dem Hangar gestanden haben.
Gedenkstein erinnert an erschossenen US-Amerikaner
Wie nah Nicholson und seine Kamera ihnen gekommen sind, weiß niemand – nur, dass ihm der Versuch, sie zu fotografieren, zum Verhängnis wurde. Ein zuvor von ihm unbemerkter sowjetischer Wachposten gab drei Schüsse ab. Eine Kugel traf Nicholson tödlich in den Bauch. Schatz wollte mit einem Erste-Hilfe-Koffer zu dem Major eilen – wurde jedoch von dem Wachposten gehindert, der ihn mit vorgehaltener Waffe zurück zu seinem Wagen zwang.
Wer war schuld am Tod von Arthur Nicholson? Darüber gibt es von amerikanischer und sowjetischer Seite unterschiedliche Darstellungen. Letztere behaupten, der Wachposten hätte die Amerikaner mehrmals laut gewarnt, erst mit Worten, dann mit einem Schuss, bevor er auf den zum Wagen rennenden Major zielte. Nicholson sei sofort gestorben, jede medizinische Hilfe wäre ohnehin zu spät gekommen.

Die Version der USA hingegen geht so: Der Wachposten, ein Unteroffizier, habe sofort auf den Fahrer gezielt und, nachdem dieser in Deckung gegangen war, den unbewaffneten Nicholson erschossen. Es habe bis zu zwei Stunden gedauert, bis er verblutete und auch die vom Posten gerufene Verstärkung habe keine Erste Hilfe geleistet.

Gerüchte besagen, die sowjetische Spionageabwehr habe Nicholson in eine Falle gelockt. Dagegen spricht jedoch, dass der Wachposten den Fahrer Schatz in den Wagen zurückzwang, wo man ihn nicht mehr festnehmen konnte, da das Fahrzeug offiziell als amerikanisches Territorium galt.
Arthur „Nick“ Nicholsons Leiche wurde an die Amerikaner übergeben und in den USA beigesetzt. Der junge Offizier hinterließ Frau und Tochter.
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Der verlassene Militär-Hangar soll nach Informationen der „Schweriner Volkszeitung“ für die Erweiterung eines nahegelegenen Gewerbegebietes abgerissen werden. Dann erinnert nur noch ein Gedenkstein auf einem Parkplatz an der nahen Bundesstraße an den amerikanischen Soldaten und ist gleichzeitig Mahnmal für die Opfer, die der Kalte Krieg gefordert hat.