Huch, was macht die Straßenbahn im Wald?
„Steht eine Straßenbahn mitten im Wald ...“ Was wie der Anfang eines dummen Witzes klingt, ist Realität. Am Bahnhof des Örtchens Heinschenwalde, unweit von Bremervörde, verrottet seit Jahren eine Straßenbahn in einem Waldstück. Immer wieder stehen Wanderer dort auf einem aufgegebenen Militär-Areal verdutzt vor den Überresten der Waggons und fragen sich, was es wohl mit dem Straßenbahn-Wrack auf sich hat.
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„Steht eine Straßenbahn mitten im Wald …“ Was wie der Anfang eines dummen Witzes klingt, ist Realität. Am Bahnhof des Örtchens Heinschenwalde, unweit von Bremervörde, verrottet seit Jahren eine Straßenbahn in einem Waldstück. Immer wieder stehen Wanderer dort auf einem aufgegebenen Militär-Areal verdutzt vor den Überresten der Waggons und fragen sich, was es wohl mit dem Straßenbahn-Wrack auf sich hat.
Fast alle Scheiben zerschlagen, die Inneneinrichtung verrottet und das ehemals wohl beige lackierte Blechkleid vom Rost nahezu vernichtet – dieses Bild bietet sich auf dem Waldgelände am Bahnhof Heinschenwalde.
„Die alten Waggons sollen aus Bremerhaven stammen“, erklärt uns eine Wanderin. Doch mehr weiß sie auch nicht. Tatsächlich gab es in Bremerhaven einmal eine Straßenbahn. Die Linien wurden ab 1881 als Pferdebahn betrieben und bereits 1908 konnte der Betrieb elektrifiziert werden. 1952 gab es dann schon sechs Straßenbahnlinien in der Stadt an der Weser. Doch schließlich wurde immer mehr auf einen Busbetrieb um- und die Straßenbahnlinien eingestellt.
Seit zwölf Jahren verrotten die Waggons
Am 30. Juli 1982 fuhr die letzte Straßenbahn in Bremerhaven. Die 1968 gebauten „Hansa-Kurzgelenkwagen“ sind nach Rumänien verkauft worden und fuhren in der 250.000-Einwohner-Stadt Timisoara noch mindestens bis 2009.
Weitere Fahrzeuge gingen an das Hannoversche Straßenbahn-Museum. Doch der Verein „Bewahrung der historischen Werte Bremerhavens“ holte zwei 1950 und 1957 gebaute Wagen zurück, wollte sie restaurieren und der Öffentlichkeit in Bremerhaven zugänglich machen. Noch 2012 kaufte der Verein einen Straßenbahn-Anhänger dazu.
Nur übergangsweise sollten die Straßenbahnen dann auf dem Areal in Heinschenwalde abgestellt werden. Doch aus unbekannten Gründen, vermutlich aber aus Geldmangel, kam es nie zu der vom Verein geplanten Aufarbeitung der drei Wagen.
Einrichtung der Waggons geplündert
Stattdessen holte sich die Natur das verwahrloste Gelände zurück, Vandalen zerschlugen die Scheiben und plünderten die Einrichtung der Waggons und Triebwagen. Nach mehr als zwölf Jahren Verfall sind die Fahrzeuge nun nicht mehr zu retten. Heute sind sie ein beliebtes Fotomotiv von Lost-Place-Fans. Es gibt auch Paare, die hier auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Hintergrund für ihr Hochzeitsfoto anrücken und sich an dem morbiden Charme der verrosteten Straßenbahn erfreuen.
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Ironie der Geschichte: Schon seit 25 Jahren wird in Bremerhaven wieder intensiv über die Wiedereinführung der beliebten Straßenbahn diskutiert. Zuletzt beschloss der dortige Bau- und Umweltausschuss die Vergabe eines Gutachtens, welches den volkswirtschaftlichen Nutzen eines neuen Straßenbahnsystems in Bremerhaven bewerten soll.